Schleichwerbung: Vorwürfe gegen Gottschalks

Schleichwerbung: Vorwürfe gegen Gottschalks
Laut dem "Spiegel" sollen die Gottschalk-Brüder Millionen für Produktplatzierungen erhalten haben.

Wetten, dass ...?, eine der beliebtesten Familienshows des deutschsprachigen Fernsehens, sieht sich dieser Tage mit einem Schleichwerbeskandal konfrontiert. Das deutsche Magazin "Der Spiegel" erhebt in seiner aktuellen Ausgabe schwere Vorwürfe gegen die Brüder Thomas und Christoph Gottschalk, die mit der Firma Dolce Media in den Goldenen Jahren der Samstagabendshow verbotenes Product Placement im öffentlich-rechtlichen Programm feilgeboten haben soll.

Dolce Media, deren Geschäftsführer Christoph Gottschalk war, organisierte unter anderem die Preise für die "Wetten, dass...?"-Gewinnspiele und soll im Lauf der Jahre Millionenbeträge für die öffentlichkeitswirksame Platzierung von Marken kassiert haben. Die Kernfrage, die der "Spiegel" aufwirft, ist, ob den Konzernen dabei Zusagen gemacht wurden, die in die redaktionelle Unabhängigkeit eingriffen. Das Magazin zitiert aus einem Vertrag mit der Autofirma Daimler-Chrysler, in dem nicht nur die Länge der "On-Air-Präsenz" der Fahrzeuge festgelegt wurde, sondern auch konkrete Regieanweisungen zur Anmoderation vereinbart wurden. Dabei handelt es sich um Schleichwerbung, die im deutschen ebenso wie im österreichischen öffentlich-rechtlichen Fernsehen verboten ist.

ORF 2007 wegen Schleichwerbung verurteilt

Als der Vertrag mit Daimler 2006 auslief, sprang Audi ein und Thomas Gottschalk erfüllte seine Verpflichtungen als Promoter der Automarke so übereifrig, dass der ORF nach Ausstrahlung einer Sendung vom November 2007 Ärger mit der Medienbehörde bekam und wegen Schleichwerbung verurteilt wurde. In einer gemeinsamen Sitzung, bei der auch die Gebrüder Gottschalk anwesend waren, habe der ORF dem ZDF und Dolce Media klargemacht, "dass ein solches Vorgehen in Österreich unmöglich ist", so ORF-Unterhaltungschef Edgar Böhm am Montag zur APA. Man sei hier auf "absolutes Verständnis gestoßen" und das ZDF habe zugesichert, "dass sich die beanstandeten Sendungsteile zukünftig ausnahmslos auch innerhalb des österreichischen Medienrechts bewegen werden". Und das ist laut Böhm auch eingehalten worden.

Dass Dolce Media seine Zusicherung gegenüber dem ORF aber nicht all zu eng sah, zeigt laut "Spiegel" ein unterschriftsreifer aber nie unterschriebener Vertrag zwischen Gottschalks Firma und BMW aus dem Jahr 2009, in dem es hieß: "Das ZDF plant, Fahrzeuge der BMW-Group auch über die Gewinnspiel-Kooperation hinaus redaktionell in einzelne 'Wetten, dass...?'-Sendungen zu integrieren (z.B. im Rahmen von Wetten oder zur dramaturgischen Inszenierung einer Vorfahrtssituation)." Dolce Media und BMW würden außerdem gemeinsam "Wetten, dass...?"-taugliche "Wettideen rund um das Thema Automobil entwickeln", hieß es weiter.

Dolce Media verlängerte schließlich doch seinen Vertrag mit Audi. Ein Audi A8 war es, gegen den Wettkandidat Samuel Koch vor laufender Kamera prallte und sich dadurch eine Querschnittslähmung zuzog, woraufhin Thomas Gottschalk die Moderation der Unterhaltungsshow abgab.

Gottschalk fühlt sich keiner Schuld bewusst

Thomas Gottschalk fühlt sich in Zusammenhang mit den gegen "Wetten, dass...?" und die Firma Dolce Media erhobenen Schleichwerbungs-Vorwürfen keiner Schuld bewusst. Es gehe "um die Firma seines Bruders, der die Markenrechte des ZDF an 'Wetten, dass...?' verwertete. Thomas Gottschalk war weder Vertragspartner der im aktuellen Spiegel erwähnten Verträge, noch war er an den Verhandlungen oder Abschlüssen beteiligt", ließ er seinen Anwalt, Christian Schertz, mitteilen.

Schwer getroffen habe den deutschen Moderator allerdings der im Spiegel vermittelte Eindruck, "er habe aufgrund von Verträgen oder Gewinnstreben den verunglückten Wettkandidaten Samuel Koch in seiner Fahrzeugwahl bei der verhängnisvollen Wette beeinflusst". Das wies Gottschalk in einer Aussendung weit von sich: "Das Gegenteil ist der Fall: Ich habe bei der Probe am Tag vor der Sendung Samuel eindringlich abgeraten, über eine Limousine zu springen, und ihn mehrfach beschworen, sich mit den kleinen Smarts zufriedenzugeben. Michelle Hunziker hat versucht mich dabei zu unterstützen. Ich wünschte nichts sehnlicher, als dass Samuel damals auf uns gehört hätte."

Auch das ZDF wies den Vorwurf der Schleichwerbung am Montag vehement zurück. Es gebe "keine Erkenntnisse", dass es bei den Gewinnspielen Schleichwerbung gegeben habe, so der Sender gegenüber der Presseagentur dpa.

ORF sieht ZDF am Zug

Der ORF sieht nun das ZDF als produzierenden Sender von "Wetten, dass...?" am Zug. Der deutsche öffentlich-rechtliche Sender, dem die Verträge von Dolce Media nach eigenen Aussagen nicht bekannt sind, will die Vorwürfe prüfen. "Wir haben keine Bedenken an der Gültigkeit der Aussage des ZDF, wonach die Vorwürfe lückenlos geprüft und aufgeklärt werden“, so Böhm.

Dass die Markenrechte an der beliebten Samstagabend-Show überhaupt in diesem Umfang extern vermarktet wurden erklärt Intendant Thomas Bellut damit, "dass Gottschalk für den Sender damals so wichtig war". Dem will Bellut nun aber ein Ende setzen: "Die Vermarktung der Markenrechte und die Akquise von Gewinnspielpreisen aus einer Hand gibt es nach Gottschalk nicht mehr. Es schadet dem Sender, wenn auch nur der Anschein entsteht, dass da nicht sauber agiert würde."

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