PR-Ethik-Rat rügt Manipulation der Öffentlichkeit im Aliyev-Verfahren

Anwalt Lansky bei einer Pressekonferenz
Scharfe Verurteilung von Agentur mhoch3, Anwaltskanzlei Lansky, Ganzger + Partner sowie Medienberater Langsner

Der PR-Ethik-Rat rügt die Agentur mhoch3, die Anwaltskanzlei Lansky, Ganzger + Partner sowie den Berater Herbert Langsner wegen Manipulation der Öffentlichkeit im Aliyev-Verfahren. Durch die Beauftragung von Postingaktivitäten hätten die Unternehmen die öffentliche Meinung zum Verfahren Rakhat Aliyev und in weiterer Folge sogar die Gerichtsbarkeit zu beeinflussen versucht, so der PR-Ethik-Rat.

Die Agentur mhoch3 wurde bereits in einem früheren Verfahren wegen der planmäßigen Täuschung von Online-Usern durch Fake-Postings im Auftrag mehrerer Unternehmen scharf vom PR-Ethik-Rat verurteilt. "Der aktuelle Fall wiegt aus Sicht des Rates jedoch noch schwerer", hieß es am Mittwoch in einer Aussendung. Demnach hätte mhoch3 als Auftragnehmer der Rechtsanwaltskanzlei Lansky, Ganzger + Partner sowie deren Berater Herbert Langsner die Stimmung in der österreichischen Öffentlichkeit so zu beeinflussen versucht, dass die Staatsanwaltschaft sich genötigt sähe, Rakhat Aliyev anzuklagen bzw. nach Kasachstan auszuliefern. Zu diesem Zweck seien zahlreiche mhoch3-Dienstnehmer in Online-Foren aktiv gewesen, hätten dabei aber gefälschte Identitäten benützt und mit ihren Postings auch die Unschuldsvermutung verletzt.

Verwerflich

Aufgedeckt wurden die Aktivitäten vom Monatsmagazin "Datum". Aus Sicht des PR-Ethik-Rates ist schon die Beeinflussung und positive Bewerbung von Produkten, Angeboten oder einem Unternehmensimage durch gefälschte Postings verwerflich. Wenn jedoch damit auf die Beeinflussung eines Strafverfahrens abgezielt wird und ein Mensch systematisch zum Mörder gestempelt werden soll, bekommen die fragwürdigen Methoden noch eine ganz andere Tragweite, erklärte der Rat. "Diese Vorgangsweise ist durch einen behaupteten Branchen-Usus oder das Fehlen entsprechender Ethik-Kodizes nicht zu rechtfertigen."

Der PR-Ethik-Rat kritisierte erneut die Vorgangsweise der Verwendung von falschen Identitäten in Onlineforen, hinter denen keine realen Personen stehen. Dies sei als "planmäßige Täuschung der User" zu werten. Bei den Bloggern handle es sich auch nicht - wie von mhoch3 argumentiert - um "Online-Journalisten", sondern um bezahlte Auftragnehmer der Agentur, die damit in einem Abhängigkeitsverhältnis zu mhoch3 und damit zu den Kunden der Agentur stehen. Darüber hinaus deklarierten diese ihr Auftragsverhältnis nicht. Der PR-Ethik-Rat sprach deshalb gegen die Agentur mhoch3 eine Rüge wegen "planmäßig verdeckter Manipulation der Öffentlichkeit zum Zweck der Beeinflussung eines Strafverfahrens zulasten eines Beschuldigten" aus.

Die Gegendarstellung von mhoch3 habe den Rat nicht überzeugt. Sie sei in sich widersprüchlich, denn das Argument der angeblich freien Meinungsäußerung durch die Blogger greife nicht, da schon aus der Stellungnahme von mhoch3 selbst deutlich werde, dass die Agentur die Identitäten und Postings der Auftragnehmer kannte und auch kontrollierte. Damit sei die Erfüllung des Kommunikationsauftrags wohl Voraussetzung für die Beschäftigung als Blogger gewesen. Besonders hervorzuheben sei im vorliegenden Fall das Ziel der Kampagne, nämlich die "planmäßige Unterminierung der Unschuldsvermutung durch bezahlte, getarnte Blogger".

Kanzlei gerügt

Eine ebenso scharfe Rüge sprach der PR-Ethik-Rat gegen die Kanzlei Lansky, Ganzger + Partner aus. Die Postingaktivitäten wurden laut Rat von Anwalt Gabriel Lansky in einer Stellungnahme zu den Vorwürfen nicht grundsätzlich bestritten. Er will allerdings diesen Auftrag zum Schutz und zur Wahrung des Rufes seiner Mandantschaft - der Witwen der ermordeten Bankmanager - erteilt haben. Schließlich sei man davon ausgegangen, dass mhoch3 eine profilierte Agentur sei und rechtlich korrekt handle. Im Übrigen sei die Abwicklung des Auftrags durch seinen Medienberater Herbert Langsner erfolgt, einen Auftrag für hunderte Postings mit Nicknames habe die Kanzlei nicht erteilt. Die zur Verfügung stehenden Unterlagen sprechen laut PR-Ethik-Rat allerdings eine andere Sprache und zeigten deutlich, dass bereits der Vertrag mit mhoch3 ein strategisches Vorgehen enthielt und die Anwaltskanzlei in die Kampagne stark involviert war.

"Keinerlei Zweifel am Ziel der Kampagne"

"Die gewählte Vorgangsweise, gezielt die Unschuldsvermutung durch anonyme bezahlte Blogger zu unterminieren, ist verwerflich und einer Rechtsanwaltskanzlei besonders anzukreiden", so der PR-Ethik-Rat. "Wenn Dr. Lansky die Postings nicht in Auftrag gegeben haben will, so musste er zumindest Kenntnis von der Gangart haben. Einerseits gab es Leistungsberichte der Agentur. Andererseits lässt das zitierte Besprechungsprotokoll (in welchem klargemacht wurde, dass "Aliyev" mit "Mord" assoziiert werden sollte) keinerlei Zweifel am Ziel der Kampagne zu. Wie bei einem derartigen Kommunikationsziel 'selbstverständlich vorausgesetzt wird, dass die Unschuldsvermutung in allen Beiträgen eingehalten wird' (Zitat aus der Stellungnahme der Kanzlei Lansky, Ganzger + Partner) sei dahingestellt." Der PR-Ethik-Rat rügte daher die Kanzlei Lansky, Ganzger + Partner wegen "Beteiligung an der planmäßigen verdeckten Manipulation von Online-Usern zum Zweck der unsachlichen Beeinflussung eines Strafverfahrens zulasten eines Beschuldigten".

Ethisch nicht vertretbar

Eine Rüge gleichen Inhalts setzte es auch gegen den Medienberater Langsner. Die gewählten Mittel der an der Posting-Kampagne gegen Aliyev beteiligten Unternehmen seien ethisch nicht vertretbar: "Die Beschäftigung von Bloggern, die unter dem Schutz einer falschen Identität nicht nur die User über ihren Auftrag täuschen, sondern - mehr noch - die Unschuldsvermutung massiv verletzen, ist auch nicht mit einer allenfalls notwendigen Verteidigungsstrategie zu rechtfertigen. Besonders vorzuwerfen ist, dass den verhetzenden, teilweise rassistischen Postings nicht sofort Einhalt geboten wurde. Sie finden sich teilweise heute noch im Netz. Die Duldung einer derartigen Vorgangsweise ist nach ethischen Kriterien zu verurteilen", so der PR-Ethik-Rat.

Dem früheren kasachischen Botschafter in Wien, Rakhat Aliyev, wurde die Beteiligung an der Ermordung von zwei kasachischen Bankern vorgeworfen. Der in Kasachstan in Ungnade gefallene Aliyev wurde deshalb in Österreich angeklagt und erhängte sich im Februar in seiner Zelle in der Justizanstalt Wien-Josefstadt.

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