ORF-Standort: St. Marx auf der Schlachtbank

ORF-Standort: St. Marx auf der Schlachtbank
Die Übersiedlung des ORF dürfte sich erledigt haben. Trotzdem zahlt der ORF pro Monat 20.000 Euro für eine Option.

Am Montag wird sich ORF-Generaldirektor Alexander Wrabetz offiziell deklarieren, ob er für einen Neubau auf dem Gelände der ehemaligen Schlachthöfe in St. Marx ist oder ob die staatliche Rundfunkanstalt am Küniglberg bleibt. Mündlich hat Wrabetz bereits St. Marx präferiert. So wie die Pläne mit der Stadt Wien konzipiert sind, würde er eine Übersiedlung im Stiftungsrat allerdings schwerlich durchbringen.

Der Neubau an der Südost-Tangente kostet rund 400 Millionen Euro, soferne die Baukosten nicht davonfliegen. Stichwort Skylink-Flughafen. 25 Millionen der Investitionen entfallen auf das 35.000 Quadratmeter große Grundstück der Wiener Stadtentwicklungsgesellschaft WSE. Die würde mit einem Quadratmeter-Preis von 714 Euro einen guten Schnitt machen. Der Fachverband der Immobilientreuhänder schätzt Lagen wie diese selbst bei bestem Nutzungswert auf 350 Euro.

Geplant

ORF-Standort: St. Marx auf der Schlachtbank
Wirtschaft von innen: OeBS Provisionsskandal: Die Frage der Revision

Geplant ist eine gemeinsame Immobilien-Gesellschaft mit der Stadt Wien, in die der ORF seine Grundstücke einbringen würde. Also auch die derzeitige Zentrale am Küniglberg. Dort ist zwar eine Widmung als Rundfunkanstalt drauf, aber anzunehmen, dass die Stadt eine Umwidmung für Wohnbauzwecke genehmigen würde. Und SP-Kulturministerin Ministerin Claudia Schmied , in zweiter Instanz für den Denkmalschutz zuständig, würde sich vermutlich nicht verbissen gegen eine Lockerung der Auflagen wehren. Wäre ein lukrativer Deal für die Stadt, Wohnbauten in dieser Lage sind heiß begehrt und entsprechend teuer.

Die Stadt könnte obendrein ihre schwer verwertbaren Rinderhallen St. Marx loswerden und in dieses Firmen-Konstrukt einbringen. Die historischen Gebäude, für Fernseh-Studios in Überlegung, sollen in den Büchern relativ hoch bewertet sein.

Widerstand

Bürgermeister Michael Häupl , SP, hat dem ORF auf das WSE-Grundstück eine Option eingeräumt, die er bis Jahresende verlängern will. Immobilien-Optionen sind nicht umsonst, branchenüblich sind 0,75 bis 1,5 Prozent des Kaufpreises. Wird’s nix mit den schönen Plänen in St. Marx, muss der ORF der Stadt rückwirkend bis Jahresbeginn 2012 rund 20.000 Euro monatlich zahlen.

Im 35-köpfigen Stiftungsrat wird der Widerstand immer heftiger, nicht nur bei den ÖVP-Vertretern. "Die Stadt würde überproportional davon profitieren, abgesehen davon, dass eine derartige Großinvestition in Zeiten wie diesen hoch riskant ist", tönt es aus dem Stiftungsrat. Am Küniglberg, der freilich dringend saniert werden muss, bleibt der ORF Alleineigentümer einer ungleich wertvolleren Immobilie. Eine Sanierung – allerdings keine Generalrenovierung – würde nur rund die Hälfte kosten.

Als zweites Gegenargument wird ins Treffen geführt, dass der ORF, der permanent um seine Unabhängigkeit kämpfen muss, sich nicht derart eng mit einer Gebietskörperschaft verschränken dürfe, die politisch so stark von einer Partei dominiert wird.

Gewinner

Gewinner wäre außerdem durch eine enorme Standortaufwertung das benachbarte Media Quarter Marx (MQM), das die Stadt über ihre Technologie-Agentur ZIT gemeinsam mit zwei privaten Partnern aufzog. Diese halten laut Firmenbuch über ihre VBM Beteiligungsmanagement 60 Prozent an dem Medienzentrum.

Wie berichtet, gibt es allerdings Unklarheiten, wem die VBM tatsächlich gehört. Laut Prüfbericht des Abschlussprüfers weist die A.V. Maximus-Holding die VBM als hundertprozentige Beteiligung aus. Die Maximus gehörte zumindest bis 2007 dem umstrittenen kasachischen Ex-Botschafter Rakhat Aliyev , als Eigentümer scheint eine Gesellschaft in Malta auf, die Spur führt von dort weiter in eine karibische Steueroase. Aliyevs aktuelle Schwiegermutter sitzt jedenfalls im Aufsichtsrat der Maximus. ZIT-Geschäftsführer Claus Hofer zerbricht sich übrigens nicht den Kopf darüber, wer nun tatsächlich Eigentümer des Stadt-Wien-Partners ist. "Was soll ich tun? Maßgeblich für uns sind die Verträge, nicht die Eigentümer." Interessanter Ansatz für eine Kooperation, in der öffentliche Gelder stecken. Die politisch zuständige Vizebürgermeisterin Renate Brauner , SP, schweigt dazu.

Das alles gefällt den Stiftungsräten auch nicht sehr.

Mehr zum Thema

  • Hauptartikel

  • Hintergrund

  • Hintergrund

Kommentare