Mit Josef Hader ins spanische Mittelalter

Kein Kabarett-Film, wie man meinen könnte – Josef Hader stellt als humorvoller Präsentator einer ORF-Doku der Religionsleiste „kreuz & quer“ die Frage: Womit rechnet es sich leichter, mit römischen Zahl-zeichen oder arabischen Ziffern?
Als es Religion und Toleranz gab: "kreuz und quer" mit Josef Hader (7. April, ORF 2).

Die Menschen lernen nichts aus der Geschichte, ist eine oft gehörte Klage. Dabei wär’s so leicht, würde man ein bisschen genauer hinschauen.

Wie Josef Hader in der "kreuz und quer"-Doku "Morgenland im Abendland" (7. April, 22.35 Uhr in ORF 2): "Aktuelle Geschehnisse und generell die Zeitstimmung legen uns nahe, dass Integration überhaupt nicht funktioniert. Aber ich glaube, das ist ein vollkommen falscher Eindruck. Man muss das objektiv beurteilen und darf nicht nur dorthin schauen, wo es gar nicht funktioniert."

Inspiration Mittelalter

In einer Zeit, da in West- und Mitteleuropa seit Jahren die Zahl der Muslime durch Migration ebenso steigt wie die diffuse Angst hierzulande vor Überfremdung oder gar Islamisierung, blickt der Kabarettist und Schauspieler dorthin, wo in der Vergangenheit Christen, Muslime und Juden lange Zeit immer wieder im friedlichen Mit- und Nebeneinander lebten. Warum? "Weil mich Geschichte generell interessiert", so Hader im KURIER-Gespräch, "und weil das spanische Mittelalter im Geschichtsunterricht nicht den Platz bekommt, den es verdient. Dort war man kulturell weit voraus. Von dort haben wir einen kräftigen Stesser gekriegt."

Mit Josef Hader ins spanische Mittelalter
Morgenland im Abendland
Die Reise führt nach Andalusien, wo es zwischen 711 und 1492 muslimisch dominierte Reiche gab – wie das Kalifat von Cordoba und das Emirat von Granada. Und regen Kulturaustausch zum Vorteil aller. Bei der Spurensuche geht es um die Fragen: Wie weit ist der Islam in Europa zuhause? Kann man Abendland und Morgenland getrennt voneinander sehen?

Ein heikles Projekt

Heikel auch für den ORF, meint der durch Kino-Dokus ("Plastic Planet", "Population Boom") bekannte Regisseur Werner Boote: "Ursprünglich war der Arbeitstitel vor drei Jahren ,Islamisches Abendland‘. Diese Diktion war damals durch Ereignisse wie dem Terroranschlag auf Charlie Hebdo und Entwicklungen wie Pegida noch nicht so stark belastet. Aber jetzt steht das täglich in der Zeitung." Boote über die Zusammenarbeit: "Man muss den Hader Hader sein lassen. Das Starke am Film: Dass er so ist wie er ist. Und dass durch ihn die Ereignisse so nachvollziehbar werden."

Mit Josef Hader ins spanische Mittelalter
Morgenland im Abendland

Für Boote ist "Morgenland im Abendland" eine "humorvoll-ernsthafte Auseinandersetzung mit einem für die heute Zeit sehr brisanten und wichtigen Thema. Das heikel ist. Weil es um Religion geht. Da sind sehr viele Leute sehr schnell ang’rührt."

"Man hatte damals in Andalusien einen sehr sachlichen Zugang zum Zusammenleben, und man wusste: Das ist gut für die Lebensqualität und die Wirtschaft", sagt Hader und gibt zu: "Eine große Frage konnten wir nicht beantworten: Woher kommt die Bereitschaft für den religiösen Fanatismus?"

Seine vorsichtige Antwort: Einst gab es zwar eine rigide Herrschaft, aber die Grundversorgung war garantiert. Heute haben wir ein freies System mit freier Wirtschaft, aber vielen Menschen fehlt die Existenzmöglichkeit. Hader: "Vielleicht liegt die Lösung im sozialen Bereich."

Der Vorläufer: Für die Doku "Wie die Bibel heilig wurde" (2005) ist Josef Hader zum ersten Mal in seinem Leben nach Israel gereist, um an historisch bedeutsamen Orten wie Qumran, Jerusalem, Tiberias, Safed und in der judäischen Wüste der Entstehungsgeschichte der Bibel nachzuforschen.

Aktuelle Doku aus der ORF-Religionserie "kreuz & quer": "Morgenland im Abendland" (Regie: Werner Boote) ist eine unterhaltsame Reise ins spanische Mittelalter mit Josef Hader (7. 4., 22.35 Uhr, ORF 2). Danach: Diskussion: "Islam – seine hellen und dunklen Seiten" (23.30 Uhr).

Konzept und Idee: Der Dramatiker und Autor Fritz Schindlecker ließ sich bei einem Spanien-Trip zu dieser dokumentarischen Spurensuche inspirieren.

Bei den Dreharbeiten an historischen Schauplätzen wie u.a. Tarifa, Jaén, Sevilla, Las Navas de Tolosa, Córdoba und Granada kamen durch Kamera-Drohnen spektakuläre Luftaufnahmen zustande, die illustrieren, wie etwa in das Herz der "Mezquita" von Cordoba die Kathedrale gebaut wurde.

Interviewpartner: Auf dem Weg von Wien über Perchtoldsdorf nach Andalusien traf Hader Islamwissenschaftler, Historiker, Reiter, Philosophen, Ärzte, eine Konditorin, einen Erzdiakon und einen Bürgermeister.Lied für Toleranz: Am Schluss des Films singen Kinder der Schule am Schöpfwerk das Lied "Wunderland", das Georg Danzer kurz vor seinem Tod 2007 geschrieben hat auf seinem letzten Studioalbum "Träumer" erschienen ist. Zeichnungen: Der KURIER-Karikaturist Michael Pammesberger illustriert im Film für die Kamera Haders Reise.

www.wernerboote.com
www.eafilm.at

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