"Mehrere Verletzungen des ORF-Gesetzes"

"Mehrere Verletzungen des ORF-Gesetzes"
Das Programm von ORFeins und ORF 2 war zwischen Jänner 2010 und August 2012 nicht ausgewogen, stellt die Medienbehörde fest. ORF-General Wrabetz ist über diesen Entscheid "bestürzt".

Das Ergebnis ist für den ORF unangenehm – und unmissverständlich. ORFeins und ORF 2 haben laut Medienbehörde KommAustria zwischen Jänner 2010 und August 2011 kein ausgewogenes Gesamtprogramm geliefert. Die Behörde reagiert mit diesem Bescheid auf eine Beschwerde der Privatsender – und räumt ein, dass der ORF gegen seinen Kernauftrag und damit auch gegen das ORF-Gesetz verstoßen hat.

Und das mehrfach: So war, heißt es in einer Aussendung der KommAustria, "in dem genannten Zeitraum die Kategorie Kultur mit einem Anteil von 3 % gegenüber beispielsweise der Kategorie Unterhaltung, die einen Anteil von über 50 % aufwies (auf beiden Sendern gemeinsam, Anm.) , stark unterrepräsentiert."

Das gelte insbesondere für ORFeins. Der Sender weise mit "einem Unterhaltungsanteil von rund 80 Prozent nicht die vom Gesetzgeber geforderte inhaltliche Vielfalt auf". Bei den beiden reichweitenstärksten ORF-Fernsehsendern handle es sich "nicht um sogenannten "Vollprogramme".

Einen weiteren Vorwurf der Privatsender weist die Medienbehörde zurück: Das Programm von ORFeins und ORF 2 sei nicht "verwechselbar". Und sie weist darauf hin, dass "das für 2010 und 2011 festgestellte Ungleichgewicht" durch den Start von ORF III und ORF Sport Plus "bei Betrachtung des ORF-Gesamtprogramms mittlerweile größtenteils ausgeglichen sein dürfte."

ORF-Generaldirektor Alexander Wrabetz reagierte auf den Bescheid der Medienbehörde "bestürzt": Man werde sich "mit allen rechtlichen Mittel gegen diesen erstmaligen inhaltlichen Eingriff in die Programmgestaltung zur Wehr zu setzen". Zwei Wochen hat der ORF Zeit, um beim Bundeskommunikationssenat Berufung einzulegen. Die Berufung hätte aufschiebende Wirkung; der ORF müsste sein Programm also nicht gleich neu aufstellen. Es könnte bis zu vier Jahre dauern, bis der Bescheid durch alle Instanzen gegangen ist. Der zweite Kritikpunkt des ORF: Das Gutachten, auf das sich die Behörde stütze, sei "inhaltlich falsch". Laut Komm­Austria wurden neben dem selbst beauftragten Gutachten (siehe unten) auch die Privatsender-Beschwerde und vom ORF vorgelegte Darstellungen berücksichtigt.

"Jahrelange Kritik"

Die Privatsender wiederum attestieren der Medienbehörde "ein aufwendiges und sehr sorgfältig geführtes Verfahren" und sehen sich in ihrer jahrelangen Kritik an der "kommerziellen Programmausrichtung" des ORFbestätigt. Diese Entscheidung der KommAustria sei "richtungsweisend für die österreichische Medienpolitik.", kommentiert Klaus Schweighofer, Vorstandsvorsitzender des Privatsenderverbands.

Gutachten: Nur 3,1 Prozent Kultur in ORFeins und ORF 2

Die beiden großen ORF-Fernsehsender kamen zwischen Jänner 2010 und August 2011 gemeinsam auf einen Informationsanteil von 23,5 Prozent. Der Anteil von Kultursendungen lag bei 3,1 Prozent, der von Sportprogrammen bei 5,8. Zu diesem Ergebnis kommt ein von der KommAustria in Auftrag gegebenes Gutachten zur Programmausgewogenheit des ORF. Als "tendenziös" bezeichnete ORF-General Wrabetz diese Studie; deren Autor habe eine bekannte Nähe zu deutschen Privatsendern.

Die vom Privatsenderverband erarbeiteten Zahlen, die der im September 2011 eingebrachten Beschwerden zugrunde liegen, attestieren ORFeins und ORF 2 gar nur 11,4 Prozent Informationsanteil.

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