Jung, frech und "On Demand": Wie YouTube dem TV Konkurrenz macht
Ist das die neue Medienwelt? Florian Mundt, ein 26-jähriger Berliner mit schief aufgesetzter Kappe und schnellem Mundwerk, nimmt auf YouTube Stellung zu aktuellen Themen. Ob zur Ukraine-Krise oder den neuesten Internet-Trends, professionell gemacht, mit animierten Einblendungen, flottem Schnitt und viel persönlicher Meinung.
„Action News“ nennt Mundt dieses bewusst jung gehaltene Format. Sein Videoblog, den der Berliner seit vier Jahren unter dem Pseudonym „LeFloid“ betreibt, hat mittlerweile knapp 1,8 Millionen Follower, sprich Abonnenten.
Eine beachtliche Zahl, die es ihm – wie mittlerweile Hunderten anderen YouTubern im deutschsprachigen Raum – ermöglicht, von seinem Blog auch zu leben: Er bekommt einen Teil der Werbeeinnahmen von der Videoplattform. Für Mundt macht das YouTube zu einer echten Alternative für junge, kreative Medienmacher – jedenfalls für jene, die die neue Medienwelt nicht mehr im klassischen TV-Betrieb suchen. Wie er sich den Erfolg erklärt, und weshalb er seine "Action News" als das bessere Fernsehen sieht, erzählte er im KURIER-Interview:
Wie hat das begonnen und wie sind Sie auf die Idee gekommen?
LeFloid: Ich habe früher, als das Internet noch verhältnismäßig neu war unglaublich gerne Blogs gelesen und habe dann ein Zeit lang mit mir gehadert, ob ich nicht auch anfangen sollte einen Blog zu schreiben. Ich bin aber, abseits von Schule und Uni, unglaublich schreibfaul, und war außerdem schon lange Zeit Fan von verschiedenen Leuten auf Youtube und habe mir dann gedacht: Naja, bevor du dich hier abkrampfst, kannst du das Ganze auch einfach in eine Kamera sprechen. Das geht wesentlich schneller.
Wie ist Ihr Blog so groß geworden? Gibt es einen Knackpunkt von einem besonders viralen Video?
Es ist tatsächlich so, dass mein Blog langsam und kontinuierlich gewachsen ist. Ich war nie ein Typ für wahnsinnig virale Videos, weil ich letztlich immer nur geredet habe, oder Kurzfilme gemacht habe, oder irgendwas, worauf ich gerade Bock hatte. Als ich aber angefangen habe in meine Beiträge etwas mehr Struktur reinzubringen, sind dann mehr Leute gekommen, weil sie gesehen haben: 'Ach guck mal, jetzt kommt da jeden Montag etwas.' Und dann. 'Ach guck, jetzt kommt sogar jeden Montag und Donnerstag was.' Und als ich dann so eine gewisse Struktur drinnen hatte, hat das ganz schön was gebracht.
Wer schaut eigentlich LeFloid? Wissen Sie das überhaupt?
Ja, klar. Google Analytics stellt einem dafür ja so ein schönes Tool zur Verfügung. 'Target Audience' nennt sich das. Also mein größtes Spektrum ist zwischen 18 und 25 Jahren. Dann gibt es aber auch viele, die zwischen 13 und 16 sind. Und dann gibt es aber auch tatsächlich welche, bei denen der Peak irgendwo bei 40 ansteht.
Das ist doch breiter gefächert als erwartet. Die Aufmachung spricht ja doch eher ein jüngeres Publikum an, oder? An wen richtet sich "Le Floid"?
An Leute, die so ticken wie ich. Das hat eben auch sehr viel mit dem Schnitt zu tun, bei dem es vor allem um Geschwindigkeit geht. Von diesem Prinzip der "Jump Cuts" bin ich nie weggegangen. Ich schätze das auch bei anderen Youtubern nach wie vor sehr. Das ist einfach so ein Internetding: Dass die Aufmachung wahnsinnig abwechslungsreich gestaltet ist und einfach mehrere Sinne anspricht.
Das betrifft ja den Moderationsstil, der mit sehr viel Bewegung, mit sehr viel Gestik daherkommt. Das ist auch bei anderen YouTubern zu beobachten. Ist das eine auch Eigenheit von diesem neuen Medium?
Ich würde nicht sagen, dass das eine Eigenheit von Youtube ist. Bei mir gehört es deswegen dazu, weil ich mir wahnsinnig schwer tue still zu stehen. Und Gestik ist in Verbindung mit Sprache einfach ein unheimlich wichtiges Mittel. Sprache funktioniert einfach wesentlich besser mit Gestik. Es ist tatsächlich einfach beim Zuschauen interessanter.
Die Aufmachung hat ja auch etwas mit den Themen zu tun, die betont kurios sind.
Ja, für mich ist eben immer wichtig: Interessiert es mich selbst und kann ich mir selbst dazu eine schlüssige Meinung bilden? Und was da ganz wichtige ist, ist natürlich das Zuschauerfeedback. Viele Leute tragen über Social-Media-Plattformen Themen an mich heran und wollen meine Meinung dazu hören. Und wenn ich merke, dass sich ein Thema auf Facebook oder Twitter häuft, dann schaue ich mir das meistens auch genauer an.
Es geht also mehr um die Einordnung, als das Thema an sich?
Ja, sonst könnte ich mir ja auch Nachrichten anschauen. Die hätte ich zwar oft gerne in einer etwas komprimierteren Form. Im Herzen bin ich eben immer noch Filmemacher und Videoblogger und da geht für mich nichts über eine eigene Meinung. Über diese eigene Meinung streite ich mich auch gerne und bekomme immer wieder auch gerne Feedback. Das finde ich eben auch so schade in den Mainstream-Nachrichten, dass das dort eben absolut nicht der Fall ist.
Apropos Feedback: Wissen Sie, wie Ihre Seher Nachrichten abseits von deinem Videoblog konsumieren?
Ja, natürlich. Aber da gibt es eben eine ziemlich große Streuung. Es gibt natürlich Leute, die sagen, dass sie das schon woanders gelesen hätten. Dann gibt es aber natürlich auch jene, die meinen ohne "Le News" würden sie überhaupt nicht mitbekommen, was in der Welt abgeht.
Da wird es ja dann eigentlich spannend...
Das ist natürlich auch der Punkt, wo ich mir ein Stück weit meiner Verantwortung bewusst bin. Ich habe natürlich immer meine Quellenangabe bei meinen Blogs. Die Leute sollen da selber nachlesen, vielleicht weiterrecherchieren und können dann bei der Kommentarfunktion, die ich bei YouTube so schätze, diskutieren. Und da eben gerne auch mit einer anderen, vor allem aber eben mit einer eigenen Meinung.
Hat sich Ihre Einstellung hierzu mit mittlerweile 1,8 Millionen Followern geändert? Gehen Sie anders an die Sache ran als noch vor ein paar Jahren?
Ehrlich gesagt nein, weil diese Zahl für mich einfach nicht fassbar ist. Es ist eben eine digitale Zahl und nicht vergleichbar tatsächlich vor 1,8 Millionen Menschen zu stehen.
Sehen Sie Youtube als Ergänzung zum Fernsehen? Auch im Blick auf ihr junges Publikum.
Fernsehen ist sicherlich eine Sache, die nicht aussterben wird. Fernsehen wird sich aber verändern, auch verändern müssen. Ich bin zum Beispiel auch ein großer Serienfan, aber meine Serien sehe ich eben zum Beispiel über meinen Netflix-Account. Fernsehen tue ich tatsächlich unglaublich selten. Ich glaube diese "Symbiose" wird irgendwann mal eine andere Rolle spielen. Vielleicht wird es irgendwann auch eine Taste auf meiner Fernbedienung geben, auf der ich direkt meine YouTube-Playlist laden kann, bevor dann im Fernsehen das Programm startet, das ich sehen will. Dieser Mix wird sich wohl verstärkt mal zusammentun.
Was halten Sie von ersten Gehversuchen wie zum Beispiel Second Screening zum "Tatort"?
Naja. Das hat eben so ein bisschen diesen Touch von gut gemeint, aber nicht gut gekonnt. Das ist eben immer noch eine Einbahnstraße. Fernsehen bietet eben einfach keine Interaktion mit den Machern. Ich habe eben nie die Möglichkeit direktes Feedback zu geben und vor allen Dingen auch eine direkte Reaktion auf mein Feedback zu erhalten.
Reden wir über den berühmten Shitstorm. Schon mal so etwas erlebt?
Tatsächlich nicht. Ich bin relativ unerfahren in Sachen Shitstorm. Es gibt immer Leute, die einen blöd anmachen wollen oder beleidigen wollen. Aber ich habe tatsächlich noch nichts Schlimmes zu Schulden kommen als dass ich da Gefahr laufe in einen sogenannten Shitstorm zu geraten.
Dass im Internet ein anderer Ton herrscht als im normalen Leben, können Sie also nicht bestätigen?
Doch schon, natürlich. Das ist aber auch die Anonymität, die das ausmacht. Ich habe aber einfach wirklich großes Glück mit meiner Community, die zum großen großen Teil wirklich fundierte Kommentare hinterlassen. Schwarze Schafe gibt es aber natürlich immer.
Wie finanziert sich "LeFloid"?
Mittlerweile kann ich Gott sei Dank davon leben. Ich bin ja Student, hatte zu Beginn noch so einen 450-Euro-Job nebenbei, und dann eben noch Youtube und dann konnte ich diesen Studentenjob dann irgendwann mal an den Nagel hängen, weil sich das finanziell dann einfach ausgegangen ist.
Das heißt das Geld generieren Sie ausschließlich über die Klicks?
Also es gibt ja auf Youtube Werbung für Youtube-Partner. Ich bekomme rein Geld über Youtube.
Machen Sie Ihren Blog noch ganz alleine?
Alle Le Floid-Videos mache ich noch alleine. Bei den Gaming-Videos, die ich noch gemeinsam mit meinem Kumpel mache, wechseln wir uns im Schnitt eben ab. Wenn ich auf Urlaub bin, dann habe ich mittlerweile genügend Leute über Youtube kennengelernt, die etwa den Schnitt für mich übernehmen können. Aber das sind dann wirklich nur Freundschaftsdienste.
Wie sieht die Zusammenarbeit mit Mediakraft (Anm.: Mit 1.600 Kanälen das mit Abstand größte Youtube-Netzwerk Deutschlands) aus?
Mediakraft ist ja im Prinzip nichts anderes als ein Vermarkter. Für mich ist die Zusammenarbeit interessant, weil mir hier rechtlicher Beistand geboten wird. Youtube ist zum Beispiel bekannt dafür, recht rigide Standards was Copyright und explizites Material betrifft, zu haben. Das heißt sie knallen einem das Video gerne mal raus, wenn zum Beispiel ein Content Filter irgendein Lied erkannt hat, zu dem man nicht die Rechte hat. Dann wird das Video einfach offline genommen. Das darf einem drei Mal passieren, dann ist der gesamte Channel rigoros gelöscht. Weil man bei Google bzw. YouTube so gut wie nie jemanden ans Telefon bekommt, der dann auch ein Mensch ist, ist so eine Unterstützung wie Mediakraft im Hintergrund natürlich günstig, weil man da einfach Ansprechpartner hat.
Kommt so etwas häufig vor?
Ja, schon. Weil Youtube einfach aufgrund der Masse mit Algorithmen arbeitet, die einfach auch nicht vor Verfehlungen gefeit sind.
Wie sieht ansonsten die Zusammenarbeit mit YouTube aus?
Also Unterstützung von Youtube gibt es keine. Natürlich wäre das super, wenn es heißen würde: "So, du hast jetzt eine Million Abonnenten, hier ist jetzt dein Ansprechpartner bei YouTube, der wird in Zukunft alles für dich regeln. Das wäre natürlich super. Aber ich glaube halt auch, dass YouTube Deutschland da wirklich hinterher hinkt. In Großbritannien oder den USA läuft das glaube ich noch einmal ein ganzes Stück anders.
Wie wird sich das Ihrer Meinung nach weiterentwickeln? Es gibt ja auch in Deutschland mittlerweile eine Vielzahl von Kanälen, die in ähnlicher Form aktiv sind.
Also es wird auch in Zukunft Menschen geben, die nur ab und an mal was hochladen. Es wird auch in Zukunft Katzenvideos geben und dann wird es aber auch natürlich Leute geben, die sich professionalisieren, die hier tatsächlich auch eine Zukunft sehen, die Youtube kreativen Leuten bietet, die von null auf hundert starten wollen. Eben mit ihrer eigenen Ausrüstung, ohne großes Team und ohne Produzenten. Da wird es in Zukunft einfach noch mehr Programme geben. Es gibt ja jetzt schon dieses Playbook, das zeigt, wie man seinen Kanal richtig hochzieht und wie man auf seine Zuschauer richtig eingeht. Dazu wird Youtube wahrscheinlich noch ein bisschen interessanter werden für Crowdfunding. Besonders in den USA werden so schon einige Serien finanziert, die nur auf Youtube laufen. Das wäre etwas, worüber ich mich jedenfalls freuen würde.
Und was sind Ihre persönlichen Ziele?
Ich möchte auch wirklich noch eine Ausbildung in Medienpsychologie bzw. Medienpädagogik machen, möchte aber eben auch noch auf Youtube bleiben. Mein Traum ist aber tatsächlich auf Youtube zu bleiben. Und nach dem Studium möchte ich auch mehr in die Kurzfilm-Richtung machen. Mich wird man von Youtube jedenfalls nicht mehr so schnell wegbekommen. Und irgendwann, wenn mich dann kein Jugendlicher mehr sehen möchte, wirklich auch hinter der Kamera mehr machen.
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