Was sagt die internationale Presse zu den Panama Papers?

epa05243447 The word Panama and a miniature flag of Panama pictured on a mailbox of a residential building in Kaufbeueren, Germany, 04 April 2016. Millions of leaked documents published on 03 April 2016 suggest that 140 politicians and officials from around the globe, including 72 former and current world leaders, have connections with secret 'offshore' companies to escape tax scrutiny in their countries. The leak involves 11.5 million documents from one of the world's largest offshore law firms, Mossack Fonseca, based in Panama. The investigation dubbed 'The Panama Papers' was undertaken and headed by German newspaper Sueddeutsche Zeitung and Washington-based International Consortium of Investigative Journalists (ICIJ), with the collaboration of reporters from more than 100 media outlets in 78 countries around the world. EPA/KARL-JOSEF HILDENBRAND
De Standaard: "Die Politik duldet immer noch dunkle Finanznetzwerke."

Internationale Tageszeitungen kommentieren am Dienstag die Enthüllungen der Panama Papers.

"Ukrajina Moloda" (Kiew):

"2014 haben die Ukrainer einen Menschen zum Präsidenten gewählt, der versprach, sich von seinem Geschäft zu trennen. Sie warten bis heute auf die Einlösung des Versprechens. Dank gemeinsamer Recherchen einer internationalen Gruppe von Journalisten wurde bekannt, welche Spitzenpolitiker Offshore-Unternehmen haben. Auf die Liste ist auch der Präsident der Ukraine, Petro Poroschenko, geraten. Seine Handlungen sind nicht gesetzwidrig, aber unmoralisch, denn es wurde klar, dass das Staatsoberhaupt der Ukraine sein Geschäft so oder so weiter betreibt - gegen das Versprechen, dass er dem ukrainischen Volk gegeben hat."

"De Standaard" (Brüssel):

"Man zieht Autobauer doch auch nicht zur Verantwortung, wenn Kriminelle eines ihrer Fahrzeuge für einen Überfall benutzen. Mit diesem simplen Argument waschen finanzielle Dienstleister, die Geld ihrer Kunden in Steuerparadiesen verstecken, ihre Hände in Unschuld. Aber diese Analogie ist ebenso betrügerisch und unmoralisch wie ihre Geschäftstätigkeit. (...)

Das enorme Ausmaß, in dem diese Konstruktionen von Kriminellen, Superreichen, Prominenten und politischen Führern benutzt werden, ist kein neues Phänomen. Das kolossale Datenleck, das internationale Recherche-Journalisten ausgewertet haben, illustriert lediglich, was jeder irgendwie wusste oder ahnte: Es gibt noch immer eine Politik der Duldung für Netzwerke von Geld, das kriminell, schwarz oder zumindest irgendwie grau ist.

Regelmäßig bekommen wir zu hören, dass sich etwas ändern wird. Dass die Maschen im Netz kleiner werden und dass der Datenaustausch gefördert wird. Doch wenn eine bekannte, weitverbreitete und schädliche Praxis trotzdem bestehen bleibt, dann herrscht nicht das Recht, sondern die Heuchelei."

"Le Monde" (Paris):

"Die Verzeichnisse von Mossack Fonseca (...) zeigen einen Querschnitt der Globalisierung, eine sehr präzise Aufstellung der unterirdischen Verwerfungen, die sie früher oder später zum Zusammensturz verdammen, wenn nichts getan wird. Die gefährlichste dieser Verwerfungen ist der Verdacht. Man kann sich immer über die allgemeinen Verschwörungstheorien empören, die Ablehnung der Eliten und den Aufstieg der Populismen bedauern: Nichts wird glaubwürdig sein, solange dieses Bauchgefühl besteht, dass ein winziger Teil der Menschheit sich heimlich von den gemeinsamen Pflichten und dem Gemeinwohl ausnimmt. Man kann immer darüber diskutieren, was in den Offshore-Strukturen legal ist, unmoralisch oder unlauter: Kein feiner Unterschied wird hörbar sein, solange ihn dieses Gefühl der Ungerechtigkeit verdeckt, das von der Gier einiger genährt wird."

"Dernieres Nouvelles d'Alsace" (Straßburg):

"Es geht hier nicht einfach nur um eine moralische Frage (Steuerflucht ist böse), sondern um eine schwere systemische Krise. Diese Dokumente zeigen das Niveau der Korruption auf höchster Ebene der Staaten, auch demokratischer. Und es ist schwindelerregend. Wenn Präsidenten, Könige, Premierminister ihre Völker betrügen, dann ist der Sozialvertrag gebrochen. Wenn Politiker, aber auch Parteien, Sportler, Geschäftsmänner oder megareiche Unbekannte die gleichen Kanäle nutzen wie die Mafiosi, um ihre Vermögenswerte zu waschen oder internationale Sanktionen zu umgehen, dann sind es die Grundlagen unseres Systems, die faul sind."

"The Independent" (London):

Die britische Zeitung beschäftigt sich vor allem mit möglichen Maßnahmen gegen Steuerparadiese: "Grundsätzlich gibt es keine Alternative zur wenig glamourösen und praktischen Arbeit, internationale Vereinbarungen zu schaffen, um das Ausmaß der finanziellen Offshore-Praktiken zu verringern. Die meisten dieser Territorien gehören entweder zu reichen Ländern wie etwa Großbritannien, den USA oder den Niederlanden, oder es handelt sich um arme Länder wie Panama (...). Einen Ort weniger attraktiv für das internationale Kapital zu machen, drängt das Geld lediglich an andere Orte. Lösungen müssen koordiniert werden und müssen mit der Geschwindigkeit des langsamsten Schiffes im Konvoi vorangehen.

Wenn die Enthüllungen der Panama-Papiere das langsamste Schiff etwas schneller machen, indem es den Druck der öffentlichen Meinung auf die Regierungen verstärkt, dann hat der Enthüller der Welt einen großen Dienst erwiesen."

"El Mundo" (Madrid):

In der liberalen spanischen Zeitung heißt es: "Die Aufdeckung kann einen Wendepunkt im weltweiten Kampf gegen die Steuerparadiese markieren. In den Herkunftsländern der in Panama geparkten Vermögen müssen die Behörden nun untersuchen, ob die Anleger die Finanzämter betrogen haben. Die Enthüllungen sind von Bedeutung, weil von nun an niemand, der seine Gelder in Steuerparadiesen anlegt, sich mehr sicher fühlen kann.

Die 'Panama Papers' können auch dazu beitragen, dass die EU wirksamer gegen die Steuertricks der multinationalen Konzerne vorgeht. Die EU-Staaten müssten sich auch besser darüber abstimmen, welche Länder überhaupt als Steuerparadiese eingestuft werden. In Spanien zum Beispiel fällt Panama nicht in diese Kategorie."

"Politiken" (Kopenhagen):

Die liberale dänische Tageszeitung schreibt zu Nordea und anderen Banken, deren Namen in der Berichterstattung über die "Panama Papers" aufgetaucht sind: "Ob Nordea sich in Panama strafbar gemacht hat, weiß man noch nicht, obwohl Bankangestellte in mindestens zwei Fällen darum gebeten haben, Dokumente von Panama zurückdatiert zu bekommen. Aber dass der Zirkus in Panama jahrelang gelaufen ist, ist moralisch verwerflich und zeugt von einer verwackelten internen Ethik. Dieser Mangel an Gemeinschaftsgefühl ist enorm schädlich - für die Gesellschaft und die Banken selbst, die es, falls oder wenn die nächste Krise kommt, noch schwieriger haben werden, die Steuerzahler davon zu überzeugen, ihnen eine helfende Hand zu reichen."

"Lidove noviny" (Prag):

In der konservativen Zeitung aus Tschechien heißt es: "Dass jemand eine anonyme Firma gründet, wie sie von Drogendealern, Terroristen und Steuerhinterziehern verwendet wird, bedeutet noch nicht, dass derjenige selbst ein Drogendealer, Terrorist oder Steuerhinterzieher ist. Entscheidend sind die Gesetze in den jeweiligen Heimatländern. Einen Teil des Vermögens geheimzuhalten, kann mancherorts illegal, andernorts aber ganz legal sein. (...) Man muss unterscheiden: Geschäftsleute und Prominente (...) sind von Natur aus keine Moralprofessoren. Sie wollen ihren Gewinn maximieren und nutzen dazu anonyme Firmen. Wenn ein chinesischer Kommunist oder jemand aus dem Umfeld des russischen Präsidenten das gleiche tut, überrascht das nicht sehr. Wenn es aber den Regierungschef eines Landes wie Island betrifft, der zur Transparenz verpflichtet ist, dann ist das ein Problem."

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