"Heute"-Eklat: Beide Redakteure beurlaubt

"Heute"-Eklat: Beide Redakteure beurlaubt
Die Gratiszeitung bediente in einem Artikel über einen Mordfall in Kärnten rassistische Vorurteile. Chefredakteur Nusser entschuldigt sich - und zieht Konsequenzen.

Die Gratis-Tageszeitung Heute entschuldigte sich am Freitag bei ihren Lesern für einen Artikel mit rassistischen Formulierungen. In einem Beitrag über einen Mordfall in Kärnten - ein 43-Jähriger hatte seine Frau vor einem Kindergarten erstochen - war davon die Rede, dass der mutmaßliche Täter zur Sorte Mann gehöre, "die zum Glück eher hinterm Halbmond lebt. In Ländern, wo das Gesäß beim Beten höher ist als der Kopf. Partnerinnen betrachten sie als Besitz. Macht sich der selbstständig, sind sie im Stolz verletzt und drehen durch." Chefredakteur Christian Nusser zeigte sich deshalb am Freitag zerknirscht.

"Ich versichere Ihnen, dass wir direkte und/oder subtile Verunglimpfungen von Menschen oder gar Menschengruppen aufgrund ihres Geschlechts, ihrer Herkunft, ihres Glaubens zutiefst ablehnen. Wir haben in der Vergangenheit gegen jede Form des Rassismus angekämpft und werden das auch in Zukunft tun. Ich bin darüber bestürzt und möchte mich dafür in aller Form entschuldigen", erklärte Nusser in einer Aussendung.

Redakteure bis auf weiteres beurlaubt

In einem Interview mit dem Branchendienst medianet  erklärte Nusser: "Wir haben als ersten Schritt die betreffenden beiden Redakteure bis auf weiteres beurlaubt. Ich habe mit den beiden Redakteuren kurz gesprochen, um sie über meine Entscheidung zu informieren". Derzeit würden "alle Möglichkeiten" der Konsequenzen geprüft.

Gezeichnet war der Beitrag in der Freitagausgabe mit den Namen der Journalisten Jörg Michner und Wolfgang Höllrigl. Höllrigl ist chronikales Reporter-Urgestein. Er hat seit Mitte der 1970er Jahre als Reporter für verschiedene Boulevard-Medien gearbeitet - zuletzt bei Österreich. Laut Nusser werde intern geprüft, "wie es zu einer derartigen Fehlleistung kommen konnte".

"Furchtbarer Artikel"

"Der furchtbare Artikel ist erst nach 22.00 Uhr geschrieben beziehungsweise geändert worden, die beiden betreffenden Kollegen hatten Abenddienst und haben ihn in ihrer journalistischen Eigenverantwortung verfasst", so Nusser. Bei größeren Änderungen an Artikeln oder bei jeder Änderung am Cover gebe es bei Heute die Regelung, dass der Chefredakteur verständigt werden muss. "Das ist in diesem Fall nicht geschehen", sagte Nusser zu medianet.

"Ich lese in der Regel jeden Artikel, bevor er in Druck geht. Die Zeitung ist faktisch fertig, bevor ich das Haus verlasse. Bei Mutationen oder aktuellen Entwicklungen am Abend ist es mitunter möglich, dass ich nicht mehr in der Redaktion bin. Der Abenddienst liest dann die Geschichten des jeweiligen Kollegen gegen, bei größeren Änderungen muss ich verständigt werden", erklärte der Heute-Chefredakteur die normalen Kontrollmechanismen bei der Gratis-Tageszeitung.

Neben der Beratung der möglichen Konsequenzen geht es Nusser im Moment vor allem darum, "klarzustellen, dass 'Heute' keine rassistischen Artikel duldet und unter meiner Verantwortung auch niemals tolerieren wird. Ich brauche meine gesamte Zeit und Kraft im Moment dafür, zu verhindern, dass Heute zu Unrecht in ein Eck gestellt wird, in dem es nicht ist, nicht war und niemals sein wird." Mit Herausgeberin Eva Dichand sei er in der Einschätzung des Vorfalls jedenfalls "einer Meinung", so Nusser.

Teil-Lob und Tadel

"Das ist nichts anderes als Hetze der allerübelsten Sorte, die ich als Vorsitzender der Journalistengewerkschaft aufs Schärfste verurteile.", teilteder Vorsitzende der Journalistengewerkschaft, Franz C. Bauer, in einer Aussendung mit. Er forderte Konsequenzen und kündigte die Einschaltung des Presserats an.

SOS Mitmensch begrüßte unterdessen in einer Aussendung die rasche Distanzierung der Heute-Chefredaktion. Die Organisation forderte jedoch nachhaltige Konsequenzen. "Es muss einen Konsens darüber geben, dass antimuslimischer Rassismus weder in den Medien noch sonst irgendwo in Österreich etwas verloren hat. Rassismus und Rassisten untergraben die österreichische Demokratie und gehören raus aus den Redaktionsstuben der österreichischen Medien", so SOS Mitmensch-Sprecher Alexander Pollak.



 

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