"Gomorrha" und das Ende des Schweigens

Eingespieltes Team: Pate Pietro Savastano (Fortunato Cerlino) mit seiner Frau Imma (Maria Pia Calzone).
Roberto Savianos Buch "Gomorrha" kommt als Serie ins TV. Für die Hauptdarsteller ein "wichtiger Schritt".

Don Corleone, Tony Soprano, sogar Al Capone. Auf der Leinwand begegnen uns die Mafiosi gerne im Nadelstreifanzug. Ganz Klischee, zwischen Vater und Verbrecher. Denn die Mafia, das ist auch und vor allem ein Mythos.

Die Realität sieht freilich anders aus. Wie genau, das ist ab Freitag (21.00 Uhr, auf Sky Atlantic HD) in "Gomorrha" – zu sehen. In 12 Episoden wird dort der Mafia-Clan der Savastanos in all seinen Facetten seziert. Und schon in Folge eins wird klar: Die Ehrenmänner (so die Selbstbezeichnung) haben keinen Sinn für mehr Pathos. "Das Geld ist das, was einen Mann ehrlich macht", hört man den Paten Pietro Savastano schlicht sagen. Also: Es geht ums Geschäft, ob Drogen, Müll oder Kredite, egal. Seine treuen "Soldaten" schickt er dabei wie selbstverständlich in einen Hinterhalt. "Ein Geschäftsmann eben", wie Savastano-Darsteller Fortunato Cerlino im Interview mit dem KURIER nicht ohne zu schmunzeln anmerkt. "Diese Systematiken sind doch überall in der Gesellschaft zu beobachten."

"Gomorrha" und das Ende des Schweigens
Beta Film
Dass dieser Einblick überhaupt möglich ist, sei dabei einzig und allein Roberto Saviano zu verdanken. Mit seinem gleichnamigen Buch, auf dem "Gomorrha" basiert, hatte der italienische Journalist und Autor 2006 erstmals die sogenannte Omertà, das Prinzip des Schweigens, gebrochen und Geschäftszweige, Systematiken und Organistationsstrukturen der neapoletanischen Mafia offengelegt. Für Cerlino eine "geradezu heldenhafte Tat".

Das Aufdeckerbuch wurde zum internationalen Bestseller – und machte Saviano, der nach Morddrohungen unter ständiger Bewachung steht, zum Gefangenen seines eigenen Erfolges.

2008 folgte der Film – und nun eben die TV-Version. Für Co-Star Maria Pia Calzone ist "Gomorrha" dabei aber mehr als nur eine einfache Mafia-Serie. "Es ist auch ein weiterer Schritt, um die Mauer des Schweigens aufzubrechen".

Moderne Verbrecher

Als Imma Savastano übernimmt die 46-Jährige in der Serie die Geschäfte ihres Mannes, nachdem dieser im Hochsicherheitstrakt landet. Denn, auch das ergaben die Recherchen Savianos: Anders als in der sizilianischen Cosa Nostra – die man als Prototyp der Mafia (siehe "Der Pate") kennt – ist es in der Camorra durchaus nichts Ungewöhnliches, dass Frauen an der Spitze der einzelnen Clans stehen. "Die Camorra ist eine moderne Organisation, aufgebaut wie ein Wirtschaftsunternehmen", stellt Calzone klar.

Im Frühjahr 2014 startete die Serie auf Sky Italien und wurde inzwischen in über 70 Länder weltweit verkauft. Ein Erfolg, der nicht nur wohlwollend aufgenommen wurde. "Man hat uns beschuldigt, Neapel und die ganze Region schlecht zu machen", sagt die Schauspielerin. Dabei habe sich seit den ersten Aufdeckungen Savianos schon viel geändert. "Dass wir so ungestört in den Vorstädten Neapels drehen konnten, wäre vor einigen Jahren noch undenkbar gewesen."

Und für "Paten" Cerlino ist klar: "Man muss seinen Feind kennen, um ihn bekämpfen zu können." Das Zitat stammt vom bekannten Mafia-Jäger Giovanni Falcone. Er kam 1992 bei einem Bombenanschlag ums Leben.

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