Financial Times Deutschland vor dem Aus

Financial Times Deutschland vor dem Aus
Gruner + Jahr plant die Einstellung der Financial Times Deutschland.

Gruner + Jahr (G+J) wird einem Magazinbericht zufolge wohl einen Großteil seiner Wirtschaftsblätter einstellen. Wie Focus unter Berufung auf Informationen aus dem engeren Unternehmenskreis berichtet, soll der G+J-Aufsichtsrat am Mittwoch das Ende von Financial Times Deutschland (FTD), Impulse und Börse Online diskutieren. Von den vier Blättern werde nur Capital weitergeführt. 330 der 350 Mitarbeiter der G+J-Poolredaktion Wirtschaftsmedien würden entlassen, meldete Focus weiter.

Ein G+J-Sprecher sagte am Samstag, es handele sich dabei um Spekulationen, zu denen er sich nicht äußern wolle. Zurzeit spiele die G+J-Führung mehrere Möglichkeiten zur Zukunft der Wirtschaftstitel durch. "Es gibt aber keine Entscheidung." Seit der Gründung der FTD ist bei den G+J-Wirtschaftsmedien ein Verlust von insgesamt rund 300 Millionen Euro angefallen. Von den 350 Mitarbeitern der Wirtschaftsblätter sind 200 Redakteure.

15 Millionen Euro Verlust 2012

Ein Konzerninsider sagte der Nachrichtenagentur Reuters am Samstag, G+J erwarte 2012 bei den Wirtschaftstiteln einen Verlust von 15 Millionen Euro, davon entfielen 10,5 Millionen auf die FTD, weitere 2,5 Millionen auf Börse online. Es sei eine der möglichen Optionen, dass nur Capital fortgeführt werde. Das Blatt sei der traditionsreichste und stärkste Titel der Wirtschaftsmedien. In der Aufsichtsratssitzung am Mittwoch werde nur eine Beschlussvorlage erarbeitet, erklärte der Kenner der Materie weiter. Es gebe im Aufsichtsrat Stimmen die sagten, G+J brauche weiter Wirtschaftstitel.

Das Hamburger Abendblatt berichtete auf seiner Webseite, die Aufsichtsräte hätten eigentlich an diesem Wochenende vom Vorstand eine Vorlage erhalten müssen, aus der hervorgehe, wie die Zukunft der Gruppe aussehen solle. Doch wegen der komplexen Gemengelage lasse sich der Vorstand Zeit, hieß es in dem Bericht. Es sei möglich, dass eine Entscheidung verschoben werde. Auch zu dieser Meldung wollte sich der G+J-Sprecher nicht äußern.

Selbst wenn es am Mittwoch zu einer Entscheidung im Aufsichtsrat käme, müssten die Familien Jahr und Bertelsmann als Gesellschafter zustimmen, berichtete der Spiegel, an dem G+J zu rund einem Viertel beteiligt ist, am Samstag vorab aus seiner neuen Ausgabe. In Gütersloh müsste die Entscheidung den Aufsichtsrat des Konzerns passieren - eine Sitzung sei für den 30. November vorgesehen.

Weiterer Schlag für Medienlandschaft

Ein radikaler Schnitt von G+J wäre ein weiterer Schlag für die deutsche Medienlandschaft, nachdem in den vergangenen Wochen die Nachrichtenagentur dapd und die Frankfurter Rundschau Insolvenz angemeldet hatten.

Laut dem Hamburger Abendblatt haben Geschäftsführerin Ingrid Haas und Chefredakteur Steffen Klusmann dem G+J-Vorstand ein Konzept vorgelegt, wie das Defizit der "FTD" reduziert werden soll. Es sehe vor, die Seitenzahl des Blattes an Wochentagen von 24 auf 20 zu senken. In einem zweiten Schritt würde die "FTD" an bestimmten Tagen nur noch digital erscheinen. Am Ende dieses Prozesses von drei bis fünf Jahren stünde eine rein digitale "FTD". Die Schließung der Wirtschaftsmedien käme G+J laut der Zeitung teuer: Für einen Sozialplan müsste der Verlag etwa 40 Millionen Euro berappen.

Der Spiegel berichtete dagegen, Deutschland-Chefin Julia Jäkel und ihre Kollegen hätten das Konzept eines schrittweisen Umzugs der "FTD" ins Internet abgelehnt, weil sie an den Zahlen zweifelten.

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