Diskussion: "Was jetzt passiert, ist sehr unanständig"

Eine Runde von vier führenden Medienmachern diskutierte die Zukunft der Zeitung.

Zwei Tage lang diskutieren internationale Experten derzeit in Wien über Status quo und Zukunft der Zeitungsbranche. Das „European Publishers Forum“ am Montag stand unter dem Motto „Digitale Transformation“.

Während Ex-Presse-Chefredakteur und KURIER-Freizeit-Kolumnist Michael Fleischhacker den Skeptiker gab („Wie kann man dafür sorgen, dass Tagesjournalismus bleibt, obwohl Tagesprint am Sterben ist?“), äußerten sich die anderen Diskutanten optimistischer.

KURIER-Chefredakteur Helmut Brandstätter betonte, dass er „überhaupt nicht an Vorhersagen“ glaube: „Für professionellen Journalismus wird es immer ein Geschäftsmodell geben.“ Man müsse sehr schnell klarmachen, dass Informationen auf allen Kanälen Geld kosten. „Wenn die Leute das Gefühl haben, ich kriege mehr heraus, als ich einzahle, wird es funktionieren.“ In Österreich seien die Leute es gewohnt, für eine Zeitung zu bezahlen. Das müsse man „digital hinübertragen“ – in dem man die Marke stärke und auf populäre Autoren setze.

FAZ-Geschäftsführer Tobias Trevisan glaubt an die Möglichkeit, das Tageszeitungsgeschäft einerseits zu stabilisieren und andererseits zusätzliche Geschäftsfelder zu erschließen. Für die WELT-Gruppe, so Welt-Chefredakteur Jan-Eric Peters, seien die letzten zehn Jahre „eine harte Zeit“ gewesen, „aber die beste, die die ,Welt‘ jemals hatte“. Das Erfolgsrezept: Innovationen, Sparen – und Ausbau des journalistischen Angebots.

Zeitungshäuser könnten weiter ohne Unterstützung durch die öffentliche Hand auskommen, betonten Trevisan und Peters. In Österreich würde der Wettbewerb verzerrt, so Brandstätter, indem der ORF mit 600 und Boulevardmedien mit 100 Mio. Euro pro Jahr unterstützt würden. Die Gelder müssten besser verteilt werden: „Was jetzt passiert, ist sehr unanständig.“ Einigkeit herrschte darüber, dass die Unabhängigkeit gewahrt bleiben müsse. Brandstätter: „Die Politik regiert in Österreich sehr platt in den ORF hinein.“

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