"Wir sind in den Hauptabend hineingestolpert"
KURIER: Es kam der Vorwurf, das Konzept der Show sei abgekupfert. Ist was dran?
Dirk Stermann: Jede Spieleshow hat abgekupfert von der allerersten Spieleshow. Auch Stefan Raab ist ein Konglomerat aus vielem anderen und Joko und Klaas genauso. So ist es bei uns auch. Es geht ja immer nur um eine Haltung, mit der man das moderiert. Und da sind wir dann doch anders als Rudi Carrell, Jürgen von der Lippe oder Joko und Klaas.
Was macht Ihre Haltung aus?
Wir machen uns selbst über uns lustig. Wir nehmen uns in der Rolle nicht ernst, das ist der Unterschied. Von der Nische in den Hauptabend.
Haben Sie sich in den letzten Jahrzehnten verändert? Oder das Umfeld?
Das Umfeld natürlich auch. Wir machen ja in Wahrheit immer das, was wir machen. Nur als wir damit begonnen haben, gab es sehr wenige, die das gemacht haben. So dass es für die, die sich das damals anhören mussten, eigenartig und ungewöhnlich war. Bis die Leute uns irgendwann akzeptiert haben, wie man halt Regen und Kälte in Kauf nimmt. Akzeptanz durch Penetranz.
Sie haben sich nicht geändert?
Auch. Natürlich sind wir viel müder geworden und schlechter, in all den Jahren. Aber professioneller. Man merkt es nicht so schnell, dass es heute viel schlechter ist. Aber unsere grundsätzliche Haltung ist gleich geblieben. Wir finden noch immer, dass vor allem wir uns über uns selber lustig machen müssen, weil wir das sonst gar nicht aushalten könnten.
Ist damit das Ende der Fahnenstange erreicht, was mit der Marke Stermann/Grissemann machbar ist?
Ich glaube nicht, dass wir irgendwann so wie David Beckham in Unterhosen auf Plakaten hängen. Insofern ist die Fahnenstange wahrscheinlich erreicht, ja. Aber vielleicht müssen wir irgendwann auch „Wetten, dass ..?“ übernehmen. Wir haben beide eigentlich keinen Ehrgeiz. Wir stolpern immer in das Nächste hinein, und jetzt sind wir halt in den Hauptabend hineingestolpert. Man kann das eh nicht kontrollieren. Wenn der ORF irgendwann sagt, dass er mich nicht mehr will, dann will er mich nicht mehr. Und er wird immer recht haben, wenn er mich nicht mehr will.
Inwiefern?
Weil der ORF mich dann aus seiner Sicht nicht mehr braucht. Ich bin ja jetzt auch schon lange dabei und hab’ so viele Leute kommen und gehen sehen. Und alle dachten immer, sie sind ganz wichtig, und dann waren sie plötzlich nicht mehr gebraucht. Und dann waren sie alle ganz traurig und das möchte ich nicht. Deswegen habe ich lieber von Anfang das Gefühl, dass ich nie gebraucht werde, dann bin ich nie traurig.
Sie schreiben auch erfolgreich Romane – stecken Sie da mehr Ehrgeiz, mehr Herz hinein?
Ja, mehr Herz. Weil es auch ein Soloprojekt ist. Wenn man immer zu zweit arbeitet ist es auch mal schön, wenn man alleine irgendwo sitzt.
Ist es anstrengend, immer als Teil eines Duos wahrgenommen zu werden?
Sehr anstrengend oft. Aber es ist die Begründung, warum wir das machen können. Ich glaube, dass wir zu zweit als Medienfiguren weit besser funktionieren. Weil wir dann auch gewisse Schwächen des anderen abdecken, und wenn einer nicht mehr weiter kann, kann der andere einspringen. Man weiß immer, es geht irgendwie weiter.
Stärken und Schwächen ergänzen sich?
Bei uns ergänzen sich eher die Schwächen. Nein, das war jetzt kokett. Ich weiß inzwischen auch, dass wir gewisse Stärken haben.
Welche sind das?
Wir kommen schnell mit unglaublichen Situationen klar. Die Leute meinen oft, moderieren sei total einfach, aber manchmal muss man vor Publikum sehr schnell reagieren. Das ist nicht jedermanns Sache. Ich kenne Leute, die viel lustiger sind als ich, das aber nicht könnten, weil es ihnen peinlich wäre. Mir ist das nicht so peinlich.
„Keine Chance“: Spieleshow mit Kranken und Ärzten
Stermann leitet das – u. a. aus einem Pathologen und einer Zahnärztin bestehende – Ärzteteam; Grissemann versucht die drei Kranken – Osteopenie und Schmuckphobie, Tinnitus sowie Knöchelbruch – zum Sieg zu führen.
Das Zustandekommen der Show ist der Überredungskunst von ORF-Fernsehdirektorin Kathrin Zechner zu verdanken: Sie und ihr Team bearbeiteten die anfangs widerspenstigen Kabarettisten, bis sie sich endlich bereit erklärten, ihre erste Hauptabendshow zu moderieren. An der Entwicklung der Spiele waren sie selbst beteiligt: „Wir haben versucht, das klein zu halten.“
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