Aus für Financial Times Deutschland beschlossen

Aus für Financial Times Deutschland beschlossen
Vorstand sieht bei keine wirtschaftliche Perspektive. Mehr als 300 Mitarbeiter dürften ihren Job verlieren

Die Tage der Financial Times Deutschland (FTD) sind gezählt. Der Vorstand des FTD-Herausgebers Gruner + Jahr (G+J) habe beschlossen, die Finanzzeitung wegen der fehlenden wirtschaftlichen Perspektive einzustellen, sagte ein mit den Plänen Vertrauter am Dienstag zu Reuters. Gleichzeitig stelle die Verlagsführung die Magazine "Impulse" und "Börse Online" zum Verkauf. "Da gibt es schon diverse Interessenten und konkrete Gespräche." Mehr als 300 Mitarbeiter dürften als Folge des Konzernumbaus ihren Job verlieren - die Kosten für den Sozialplan werden auf rund 40 Mio. Euro veranschlagt.


Offiziell beschlossen sei das Aus aber noch nicht - zunächst müsse der Aufsichtsrat des Hamburger Printhauses noch zustimmen, der am Mittwoch zusammentrete. Unklar sei, ob das Gremium dann auch sofort einen Entschluss fällen werde - die Entscheidung könnte wegen des absehbaren Widerstands der Arbeitnehmervertreter auch später fallen, sagte der Konzerninsider. Ein G+J-Sprecher wollte sich dazu nicht äußern. Zuerst hatte die "Frankfurter Allgemeine Zeitung" über den Fall berichtet. Damit fordert die Zeitungskrise in Deutschland in diesem Herbst bereits ihr zweites prominentes Opfer. Die linksliberale "Frankfurter Rundschau" meldete in der Vorwoche Insolvenz an.

Ein Verlagskenner hatte Reuters gesagt, G+J erwarte 2012 bei den Wirtschaftstiteln einen Verlust von 15 Mio. Euro, davon entfielen 10,5 Mio. auf die FTD, weitere 2,5 Mio. auf "Börse online". Seit der Gründung der "FTD" ist bei den G+J-Wirtschaftsmedien ein Verlust von insgesamt rund 300 Mio. Euro angefallen. Die Erstausgabe der "FTD" erschien am 21. Februar 2000. Der Vorstand habe in den vergangenen Wochen verschiedene Alternativkonzepte für den Weiterbetrieb der "FTD" durchgespielt wie etwa eine reine Online-Version oder die schrittweise Umstellung auf Internet-Ausgaben unter der Woche und eine umfangreichere Zeitung am Freitag und Samstag, sagte der Insider. "Keine der Varianten hat eine tragfähige Perspektive für die 'FTD' ergeben, aber hohe Investments und hohe Risiken mit sich gebracht." Weitergeführt werden solle das Wirtschaftsmagazin "Capital". Der G+J-Vorstand wolle unbedingt weiter einen Titel im Wirtschaftssegment herausgeben, sagte er.

Das Ganze absegnen müssen letztlich noch die beiden G+J-Eigner Bertelsmann und die Jahr-Familie. Die Zustimmung gelte als sicher, sagte der Kenner. Erdacht wurde die "FTD" zur Hochzeit des Internet-und Börsenbooms Anfang des Jahrtausends von Gruner+Jahr und dem britischen Pearson-Verlag. "Die damals üppigen Gewinne des 'Handelsblatts' haben die beiden zu der Neugründung animiert", sagte Experte Horst Röper vom Medienforschungsinstitut Formatt. Das Konzept sei aber nicht aufgegangen, da der deutsche Markt zu klein sei für zwei täglich erscheinende Finanzblätter.

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