100.000 Euro und eine Büffelhaut
Old Hamp wäre sicher stolz gewesen. Dessen Wirken als Schafe hütender Hund liegt zwar schon 120 Jahre zurück, aber er gilt immerhin als Stammvater der heutigen Border Collies. Und auch, wenn Bühnen-Kunststücke aller Art im ausklingenden 19. Jahrhundert wohl eher nicht Doggy-Style waren, so kam der Collie-Charakter (intelligent, lebhaft, sensibel, benötigt Beschäftigung) in „Die große Chance“ 2012 dennoch zu höchsten Ehren.
Neun finale Acts hatte der ORF in das Rennen um die Siegprämie von 100.000 Euro geschickt. Drei davon erhielten von den Sehern den größten Zuspruch. Die Leopoldsdorfer Band „SolidTube“, das Wiener Satiriker-Duo „Flo und Wisch“, und eben der fünfjährige Hund „Esprit“.
Und erstmals entwickelte sich im Rahmen der zehnteiligen Show das Gefühl, dass tatsächlich die Performer im Fokus der Sendung standen. Sidos Seitenscheitel, Zabines „Vui-geil“-Eloquenz, Sarkissovas manische Frivolität und Rapps Schmähvermögen waren natürlich anwesend. Aber der Eindruck, die Freitagabend-Unterhaltung bezöge ihre Energie nur aus einem Jury-Theater samt Heinzl-Fall oder einem Babybäuchlein von Doris Golpashin, blieb dezent.
Akrobat lieb
Dass am Ende die 24-jährige gebürtige Steirerin Alexandra Plank über den Geldkoffer jubeln durfte (dem Hund war die Marie eher wurscht), verblüffte wohl kaum jemanden. Schließlich war es Österreich, das wählen durfte. Eventuell gar nicht ahnend, dass der gute „Esprit“ in Wahrheit ein Oberösterreicher mit deutschem Migrationshintergrund ist. Denn geboren wurde er am 5. Oktober 2007 im Chiemgauer Ländchen.
Im Alter von zwei Jahren trat er erstmals an der Seite seiner Besitzerin, die einst nur aus Jux ein paar Tricks hatte probieren wollen, als folgsam lieber Akrobat auf – bei der Haustiermesse in Wien.
Drei Jahre später und um einen Staatsmeistertitel im Dogdance reicher hüpfte und wuzelte sich der Border Collie vor 793.000 TV-Zuschauern (bei einem Marktanteil von 30 Prozent) zum Sieg.
Gut für die Medien, weil die solcherart mit allerlei Schlagzeilen sprachlich aus dem Vollen Schöpfen können (Hundstage, auf den Hund gekommen, Hundeflüsterin, ...).
Gut für Alexander Wrabetz, weil so ein nettes Foto „GI mit Hund“ möglicherweise einen Sympathie-Bonus gibt.
Gut für Manager Herbert Fechter, weil der „Esprit“ bereits nach dem ersten Casting unter Vertrag nahm und nun ein
Testimonial für Hundefutter-Werbung im Portefeuille hat.
Gut für Alexandra Plank, weil die jetzt genug Geld besitzt, um „Massagen oder Infrarot-Behandlungen“ zu finanzieren – für den Hund wohlgemerkt.
Und gut für „Esprit“, weil der „zur Belohnung eine schöne, fette Büffelhaut“ erhält.
Im Übrigen wurde dem Frauchen nach der Show tatsächlich die Frage gestellt, ob der Hund diesen Erfolg überhaupt registrieren könne. Alexandra Plank: „Nein. Der versteht gar nicht, was da passiert. Er spürt nur, dass ich mich freue.“
Die Reporterschar bemühte sich im Auftrag der Originalität und in Erinnerung an Rex selig dennoch um Interviews. Und im Unterschied zur vergangenen Woche konnte „Esprit“ diese auch geben. Er hat dazugelernt und bellte auf Kommando brav in alle vor der Schnauze befindlichen Mikrofone . Wow!
Und weil Tiere immer gar so toll ankommen, gehört der Schlusssatz der großen Chance 2012 an dieser Stelle Peter Rapp. Der wollte nämlich etwas über Heinz Conrads erzählen, als ihm die drängende Regie ins Ohr flüsterte, für eine Anekdote wäre keine Zeit.
Also sagte Rapp am Ende nur: „Und wie ich höre, interessiert das keine Sau.“
Kommentare