Athen: Neue Regierung vor Herkulesaufgabe

Athen: Neue Regierung vor Herkulesaufgabe
Antonis Samaras ist der neue Premier einer Regierung, die mit IWF und EU erneut an den Runden Tisch muss.

Bis zuletzt machten es die Griechen wieder einmal spannend: Die erwartete Bildung einer Regierungskoalition unter Führung von Antonis Samaras, Chef der stimmenstärksten konservativen Partei Nea Dimokratia, kam schon am Dienstag nicht zustande; aus Dienstag wurde Mittwoch; am Mittwoch wurde gar Donnerstag angedeutet. Doch schließlich posaunte der Chef der sozialistischen PASOK, Evangelos Venizelos, die erlösende Nachricht heraus: "Griechenland hat eine neue Regierung."

Noch am Mittwoch wurde Samaras von Präsident Karolos Papoulias als Premier vereidigt. "Die Probleme, die vor Ihnen liegen, sind viele, und sie sind sehr schwierig", mahnte Paoulias. Die neue Regierung wird von den Konservativen, den Sozialisten und Fotis Kouvelis, Chef der Demokratischen Linken DIMAR, unterstützt und verfügt damit über 179 Mandate im 300 Sitze starken Parlament. Wer ins Kabinett kommt, war noch nicht entschieden; womöglich nur konservative Politiker und Technokraten, die das Vertrauen der beiden kleineren Koalitionspartner genießen. Durchgesickert war nur ein Name: Vassilis Rapanos, Präsident der privaten National Bank, wird voraussichtlich Finanzminister.

Königsmacher

Gerade auf die 17 Sitze der als Königsmacher fungierenden Kleinpartei DIMAR kommt es der neuen Regierung an: Je mehr Unterstützer sie auf ihrer Seite hat, desto weniger muss sie die neue politische Schlagkraft der radikallinken SYRIZA fürchten. Deren Politstar Alexis Tsipras, der das zersplitterte Bündnis mit der Ablehnung des Spar-Memorandums zur zweitstärksten Partei machte, wird die Regierungsarbeit erschweren. Ebenso werden erneut Proteste und Streiks erwartet, wenn die Sparauflagen von EU und Internationalem Währungsfonds neuverhandelt werden.

Und das ist auch die Herkulesaufgabe der neuen Regierung: Mit den Gläubigern um neue Bedingungen zu feilschen und dabei die Bevölkerung nicht weiter zu malträtieren. Dass die Auflagen nachverhandelt werden müssen, das sehen inzwischen auch Vertreter der Euro-Zone so.

Hauptsächlich wird es dabei um den Zeitplan gehen. Wohl als erstes wird Samaras um Aufschub von zwei Jahren oder mehr bitten. Die Regierung muss Zeit gewinnen, um aus dem Budget 11,7 Milliarden zu pressen – obwohl Wirtschaftsleistung und Kaufkraft sinken.

Die Troika aus EU, EZB und IWF wird bald nach Athen aufbrechen und prüfen, ob neues Geld des zweiten Hilfspaketes von 130 Milliarden Euro fließen kann. Die nächsten 31 Milliarden müssen bis August bewilligt werden, sonst droht wieder die Staatspleite.

Ansturm auf Gemüse

Wie hart das Leben für manche Griechen inzwischen geworden ist, zeigte am Mittwoch eine Szene am Rande eines Parks in Athen: Hunderte Arbeitslose und Pensionisten versammelten sich, um bei einer Verteilaktion kretischer Bauern umsonst Gemüse zu ergattern. "Es ist wie in Zeiten des Weltkrieges. Ich schäme mich, wie ein Bettler hier rumzustehen", sagte ein 82-Jähriger gegenüber Journalisten.

Die Arbeitslosigkeit liegt derzeit bei fast 23 Prozent, beinahe ebenso viele Griechen gelten als arm.

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