Arbeitsmarkt: Warum es im Westen besser läuft
Rechtzeitig vor der Präsidenten-Wahl am Sonntag ist wieder alles im grünen Bereich. Erstmals seit fünf Jahren, dem Jahr der vollständigen Ost-Öffnung des österreichischen Arbeitsmarktes, meldet das AMS wieder sinkende Arbeitslosenzahlen. Das Minus fiel im November mit 968 Personen oder 0,2 Prozent auf 429.139 Personen zwar hauchdünn aus, für erste, verhaltene Jubelmeldungen reichte es aber aus.
Sozialminister Alois Stöger freut sich über eine "Stabilisierung" am Arbeitsmarkt, die aber noch keine Trendwende sei. AMS-Chef Johannes Kopf spricht von einer "Schwalbe, die noch keinen Sommer macht". Ein genauer Blick auf die Statistik zeigt: Österreichs Arbeitsmarkt ist tief gespalten. In Westösterreich hellt es auf, in Ostösterreich bleibt es trüb. Im November reichte der Rückgang im Westen aus, um für Gesamtösterreich ein Minus zu erreichen. Das muss in den nächsten Monaten nicht so bleiben.
Aber warum läuft es in Tirol (– 7 Prozent), Salzburg (– 5 Prozent ) und Vorarlberg (– 2 Prozent) so gut?
Tourismus
"Der Tourismus ist derzeit die einzige Branche mit einer sehr dynamischen Entwicklung", sagt Arbeitsmarktforscher Wolfgang Altenender vom Synthesis-Institut. Im November wird für die Wintersaison rekrutiert, die ersten Ski-Openings konnten plangemäß stattfinden, die Buchungslage ist ausgezeichnet. Ende des Monats gab es um 8876 gemeldete offene Stellen mehr als vor einem Jahr. "Die Nachfrage steigt stärker als das Personal-Angebot", so WKO-Arbeitsmarktexperte Martin Gleitsmann. Der lokale Jobmarkt ist leergefegt. Wie berichtet suchen Gastronomen händeringend nach Küchenpersonal.
Investitionen
Weil es im Tourismus gut läuft, wird auch fleißig investiert. Das kurbelt wiederum das Bau- und Baunebengewerbe und das Handwerk an. Allein die Vorarlberger Seilbahnen stecken in den kommenden fünf Jahren 320 Millionen Euro in den Um- und Ausbau von Skigebieten inklusive Beschneiungsanlagen. Das sind Summen, die in einer zunehmend digitalisierten Industrie selten geworden sind.
Konsum
Der Steuerreform-Effekt wirkte sich in ganz Österreich aus, in den Urlaubsregionen wird aber mehr konsumiert als anderswo. Das kommt nicht nur die Gastronomie und dem Einzelhandel zugute, sondern auch lokalen Bäckereien oder landwirtschaftlichen Betrieben.
Geografische Lage
Der Westen profitiert mehr von der guten deutschen Wirtschaftslage und ist weit weniger stark von der vollständigen Ost-Öffnung des Arbeitsmarktes betroffen als Ostösterreich. Verdrängungseffekte im Niedriglohnsektor finden kaum statt. Im Gegensatz zu Wien und Niederösterreich ist auch die Zahl der jobsuchenden Asylberechtigten überschaubar.
Synthesis-Experte Alteneder rechnet für den Westen auch in den nächsten Monaten mit sinkenden Arbeitslosenzahlen – vorausgesetzt, die Wintersaison läuft gut. Für Ostösterreich ist hingegen keine Trendwende in Sicht. In Summe wird für 2017 ein neuerlicher Anstieg der Arbeitslosenquote von 9,1 auf 9,6 Prozent prognostiziert. 1,5 Prozent Wachstum reicht für eine Entspannung am Arbeitsmarkt nicht aus, zumal sich der Zustrom an Arbeitskräften noch beschleunigen dürfte.
Zusätzlich hat ein Großteil der im Vorjahr nach Österreich gekommenen Flüchtlinge noch keinen Asylstatus und wird daher erst zeitverzögert beim AMS landen. Derzeit sind 27.600 Flüchtlinge vorgemerkt, zwei Drittel davon in Wien. Eine regionale Aufteilung ist bisher gescheitert. Im Gegenteil: Die ungleiche Höhe der Mindestsicherung in den einzelnen Bundesländern dürfte zu verstärkter Binnen-Migration führen und Wien noch stärker belasten.
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