Ungarn überholen die Türken

Ungarn überholen die Türken
55.000 Ost-Arbeitskräfte mehr seit 2011, bis zu 18.000 Rumänen werden erwartet.

Sie kommen vor allem aus Ungarn, sind zu 40 Prozent Pendler und arbeiten überwiegend in Ostösterreich als Fach-, Hilfs- oder Saisonkräfte im Tourismus, am Bau oder sind Leiharbeiter: Seit der Ost-Öffnung des Arbeitsmarktes im Mai 2011 hat sich die Zahl der Arbeitskräfte aus den neuen EU-Ländern um 55.000 auf 128.000 erhöht, geht aus der aktuellen Beschäftigtenstatistik der Sozialversicherung hervor.

Für AMS-Vorstand Johannes Kopf wurden die Erwartungen der Arbeitsmarktexperten „überraschend genau getroffen“, Prognosen gingen von jährlich 20.000 bis 25.000 zusätzlichen Arbeitskräften aus. Was auffällt: Aus Ungarn arbeiten fast doppelt so viele Arbeitskräfte wie vor der Öffnung. Im März überholten die Ungarn erstmals sogar die Türken und sind nach den Deutschen bereits die zweitstärkste Ausländergruppe am österreichischen Arbeitsmarkt. Während es bei den Ungarn nach wie vor monatlich zweistellige Zuwachsraten gibt, geht die Zahl der türkischen Staatsbürger leicht zurück.

Einen stärkeren Zustrom gibt es seit der Ost-Öffnung auch aus Polen sowie aus Slowenien, während die Migration aus der Slowakei und der Tschechischen Republik unter den Erwartungen blieb. Kopf führt dies auf die unterschiedliche wirtschaftliche Entwicklung in den einzelnen Ländern zurück.

Einen Verdrängungsprozess zwischen in- und ausländischen Arbeitskräften sehen die Experten vom Wirtschaftsforschungsinstitut (WIFO) nicht. Eher würden schlecht qualifizierte Ausländer von gut qualifizierten Ostkräften ersetzt, heißt es in einer ersten Zwischenbilanz zur Ost-Öffnung. „Ohne Osteuropäer wäre der Fachkräftemangel im Tourismus noch viel höher“, meint auch Rainer Ribing von der Bundessparte Tourismus in der Wirtschaftskammer und verweist auf die mangelnde Mobilität inländischer Arbeitskräfte. Die Arbeiterkammer klagt hingegen über Lohn- und Sozialdumping.

Rumänen

Einen größeren Zustrom auf den heimischen Arbeitsmarkt erwarten Experten ab Jänner 2014. Ab dann gilt die volle Arbeitnehmerfreizügigkeit auch für Rumänen und Bulgaren. In Deutschland rechnet die Bundesagentur für Arbeit mit einen Nettozuzug von 100.000 bis 180.000 Arbeitskräften pro Jahr und warnt vor einem Anstieg der Schwarzarbeit. Für Österreich geht Hundstorfer „in 1:10-Relation zu Deutschland“ von zusätzlich 10.000 bis 18.000 Rumänen und Bulgaren jährlich aus. Genauere Prognosen soll eine WIFO-Studie noch im Mai liefern. „Wir haben aber bereits mit der Mangelberufsliste eine sanfte Vorintegration vorgenommen“, beruhigt Hundstorfer. Mittels Fachkräfteverordnung und Saison-Kontingente sind jetzt schon rund 30.000 Rumänen und Bulgaren am Arbeitsmarkt tätig. „Ab 2014 werden wir die Saisonkontingente für Drittstaaten reduzieren“, kündigt der Arbeitsminister an.

Für Kroatien, das im Juli der EU beitritt, bleibt die Arbeitnehmerfreizügigkeit eingeschränkt. Österreich nutzt wie bei den anderen neuen EU-Ländern eine siebenjährige Übergangsfrist.

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