45.000 Rumänen sind schon da

45.000 Rumänen sind schon da
Experten halten weiteren Zuzug von Arbeitskräften aus Südosteuropa für verkraftbar.

Am 1. Jänner wird Österreichs Arbeitsmarkt wieder ein Stück weiter aufgemacht. Nach siebenjähriger Übergangsfrist können rumänische und bulgarische Staatsbürger erstmals uneingeschränkt in Österreich arbeiten. Die Arbeitsmarkt-Öffnung betrifft vor allem Hilfskräfte, die bisher nur unter bestimmten Bedingungen, etwa als Saisonniers, eine Arbeitsbewilligung erhielten. Für gesuchte Fach- oder Pflegefachkräfte wurden diese Hürden bereits abgebaut.

Wie viele Menschen vor allem aus den ärmeren Regionen im Osten und Südosten Rumäniens den grenzenlosen Arbeitsmarkt nützen werden, bleibt abzuwarten. Fest steht: Viele Arbeitsmigranten sind längst da. 2,3 Millionen Rumänen arbeiten bereits dauerhaft im Ausland, viele davon in Großbritannien und Deutschland (siehe Artikel unten).

In Österreich waren Ende November knapp 24.000 rumänische Staatsbürger unselbstständig beschäftigt, geht aus aktuellen Daten des Hauptverbandes hervor. Das waren um 7,4 Prozent mehr als 2012. Dazu kommen noch rund 20.000 selbstständige Pflegerinnen, die in der 24-Stunden-Betreuung tätig sind. In Summe arbeiten also bereits rund 45.000 Rumänen in Österreich. Dazu kommen rund 4000 Bulgaren.

Verdreifachung

Laut einer Studie von IHS und WIIW im Auftrag des Sozial- und Wirtschaftsministeriums gab es bereits zwischen 2007 und 2012 einen starken Zuzug aus den beiden Ländern. So hat sich die Zahl der Bulgaren verdoppelt und jene der Rumänen sogar verdreifacht. 70 Prozent der Arbeitskräfte aus Rumänien und rund zwei Drittel aus Bulgarien sind zwischen 15 und 44 Jahre alt, damit noch jünger als die Zuwanderer aus den übrigen neuen EU-Mitgliedsstaaten.

45.000 Rumänen sind schon da
Erntehelfer stechen am 07.05.2013 auf einem Feld bei Ramelsloh (Niedersachsen) Spargel. Fast 170 Hilfekräften vorwiegend aus Polen und Rumänien sind auf dem Spargelhof Löscher bei Hopte im Einsatz. Darunter kein einziger Deutscher, denen mangelt es an Motivation und Geschwindigkeit, so der Senior-Chef des Betriebes. Foto: Philipp Schulze/dpa +++(c) dpa - Bildfunk+++
Ein Branchenvergleich zeigt, dass der höchste Anteil an Rumänen in der Sachgüterproduktion beschäftigt ist, gefolgt von Tourismus, Handel, Leiharbeit, Bau und Landwirtschaft (Erntehelfer). „Aus keinem anderen neuen EU-Mitgliedsland arbeiten mehr Personen in der Landwirtschaft wie aus Rumänien“, heißt es in der Studie. Bulgaren sind hingegen vorrangig im Tourismus, im Handel und als Leiharbeiter beschäftigt.

„Aus keinem anderen neuen EU-Mitgliedsland arbeiten mehr Personen in der Landwirtschaft wie aus Rumänien

Die Studie geht davon aus, dass durch den freien Arbeitsmarktzugang 2014 zusätzlich 5500 Menschen zuziehen dürften, drei Viertel davon aus Rumänien. Im Jahr 2015 wird mit weiteren 4500 gerechnet.

Für Österreichs Arbeitsmarkt sei dieser Anstieg locker verkraftbar, so die Experten vom IHS. Sie rechnen nur mit einem minimalen Anstieg der Arbeitslosenquote. Allerdings dürfte sich der Verdrängungskampf bei Hilfs- und Billigkräften verschärfen. Derzeit liegt die Arbeitslosenquote von Rumänen und Bulgaren bei 13,5 Prozent und damit etwas über dem Ausländer-Schnitt von 11,9 Prozent.

Ein Grund für die Übergangsfrist bei der Arbeitnehmer-Freizügigkeit war der krasse Lohnunterschied zwischen den alten und neuen EU-Ländern. Daran hat sich für Rumänien und Bulgarien trotz EU-Beitritts wenig geändert. Die beiden Länder weisen im Vergleich zu den anderen neuen EU-Mitgliedsländern das mit Abstands niedrigste Lohnniveau auf. Laut IHS-Studie betrug 2012 der Brutto-Monatslohn in Bulgarien 383 Euro, was elf Prozent des österreichischen Lohnniveaus entspricht. Rumänen verdienten 466 Euro oder 14 Prozent des österreichischen Durchschnittslohns. Wegen der Krise blieb der Lohnabstand in den Jahren 2009 bis 2012 nahezu unverändert.

Kein Wunder, dass es vor allem die Jungen ins Ausland zieht. 2,3 Millionen Rumänen arbeiten seit mehr als einem Jahr fern der Heimat, dazu kommen mehrere Hunderttausend, die – wie etwa Pflegerinnen – für Wochen oder Monate in einem anderen Land ihr Geld verdienen.

Migrationsforscher Herbert Brücker von der Uni Bamberg erwartet in den kommenden zwei bis drei Jahren jeweils eine Nettoauswanderung von 260.000 Personen aus Bulgarien und Rumänien in andere EU-Länder. Das wären immerhin fast ein Prozent der Gesamtbevölkerung. Davon könnten 40 bis 70 Prozent nach Deutschland kommen, glaubt Brücker. Die deutsche Bundesagentur für Arbeit rechnet 2014 mit 180.000 Arbeitsmigranten aus diesen Ländern.

Beschäftigung In Österreich waren Ende November 553.000 (+3,4 %) ausländische Staatsbürger beschäftigt, davon 137.000 (+13,5 %) aus den zehn neuen EU-Ländern und 28.000 (7,8 %) aus Rumänien und Bulgarien. 169.000 Arbeitskräfte stammen aus dem ehem. Jugoslawien, gefolgt von Deutschen (87.000), Ungarn (57.000) und Türken (55.000).

Arbeitslose Die Ausländer-Arbeitslosigkeit stieg um 19,5 Prozent auf knapp 75.000 Betroffene, das ist eine Arbeitslosenquote von 11,9 Prozent. Die allgemeine Arbeitslosenquote betrug acht Prozent.

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