Arbeitsmarkt: Erholung könnte bis 2021 anhalten
Die Erholung auf dem heimischen Arbeitsmarkt hat sich im August erwartungsgemäß fortgesetzt. Die Zahl der beim AMS vorgemerkten Arbeitslosen sank inklusive der Schulungsteilnehmer um 3,6 Prozent auf knapp 375.000 Betroffene (siehe Grafik unten). Das AMS Wien meldet mit einem Minus von 4,2 Prozent sogar den stärksten Rückgang der Arbeitslosigkeit seit sechs Jahren. Mit fast 62.000 offenen Stellen wurde erneut ein neuer Rekordwert erzielt.
Die Gründe für den beschleunigten Rückgang ist ein Zusammenfallen günstiger Umstände: Die kräftig anziehende Konjunktur in der Industrie und am Bau, ein Rekordsommer im Tourismus und die im Juli gestarteten Beschäftigungsmaßnahmen der Regierung. Jobbonus und vor allem die "Aktion 20.000" für ältere Langzeitarbeitslose wirken sich positiv auf die Statistikzahlen aus. Bei den Arbeitslosen über 50 gab es trotzdem ein leichtes Plus, mit 1,2 Prozent fiel es jedoch geringer aus als in den vergangenen Monaten.
228.000 neue Jobs bis 2021
Die Trendwende auf dem Arbeitsmarkt dürfte noch länger anhalten, sagen Arbeitsmarktexperten. Die Wirtschaftsforschungsinstitute WIFO und IHS gingen zuletzt von einem Rückgang der Arbeitslosenquote heuer von 9,1 auf 8,6 Prozent (nationaler Definition) und 2018 auf 8,4 Prozent aus.
Eine Prognose des Synthesis-Instituts im Auftrag des AMS, die dem KURIER vorliegt, geht sogar bis einschließlich 2021 von einer sinkenden Arbeitslosigkeit aus. Bis 2021 dürfte die Quote demnach auf 8 Prozent sinken. Hauptgrund ist die anziehende Konjunktur in und um Österreich: Die Nachfrage der Unternehmen steige daher rascher als das Angebot an Arbeitskräften. So werde der Personalbedarf heimischer Unternehmen bis dahin um 228.000 Menschen zunehmen, was zu einem Rückgang der Arbeitslosen um 28.100 Personen führen könnte.
Synthesis-Experte Wolfgang Alteneder warnt jedoch vor zuviel Optimismus und schränkt gegenüber dem KURIER ein, dass in der Prognose mögliche weltpolitische Risiken nicht berücksichtigt sind. Sprich: Militärische Konflikte oder Kurskorrekturen an den Börsen könnten den Aufschwung wieder rasch abwürgen. "Das ist bei längerfristigen Prognosen immer ein Problem". Synthesis geht von einem jährlichen Wirtschaftswachstum bis 2021 von 1,9 Prozent aus.
Job-Migration bremst sich ein
Unklar ist auch, ob vom Arbeitslosenrückgang längerfristig auch ältere bzw. gesundheitlich beeinträchtigte Menschen profitieren können. Durch einen grenzenlosen Arbeitsmarkt können heimische Firmen bekannlich zusätzliches Personal auch aus dem benachbarten EU-Ausland holen. Der hohe Zustrom von zuletzt rund 58.000 ausländischen Arbeitskräften jährich dürfte sich in den kommenden Jahren auf 40.000 bis 45.000 abschwächen, errechnete Synthesis. Durch eine bessere Konjunktur und steigende Löhne sei etwa beim Zustrom aus Ungarn eine gewisse Sättigung erreicht.
Synthesis erwartet bis 2021 keinen Rückgang bei der Ausländer-Arbeitslosigkeit. Ein Grund dafür ist auch die schwierige und noch länger andauernde Job-Integration der beim AMS gemeldeten Flüchtlinge. Ende August waren dies 28.500, davon fast zwei Drittel in Wien. Die Arbeitslosigkeit wird in den nächsten Jahren daher in Wien am wenigsten sinken. Der stärkste Rückgang wird für Tirol, dem Burgenland und der Steiermark erwartet.
Demografie wirkt
Der Geburtenrückgang sorgt dafür, dass sich die Jugendarbeitslosigkeit deutlich entspannt. Der mittelfristige Rückgang wird sich laut Prognose ebenfalls überwiegend auf Jugendliche und Menschen im Haupterwerbsalter konzentrieren, während es in der stark wachsenden Altersgruppe 50plus auch für die nächsten fünf Jahre „zu einem moderaten Anstieg“ kommen wird. Die Arbeitsmarktexperten rechnen also nicht damit, dass ein sich zuspitzender Fachkräftemangel zu einem Rückgang der Altersarbeitslosigkeit führen wird. Stattdessen dürften Überstunden und Leiharbeit steigen.
Grundsätzlich wird in den nächsten fünf Jahren die Dynamik auf dem Arbeitsmarkt weiter zunehmen. „Arbeitslosigkeitsbedingte Unterbrechungen werden zum Bestandteil individueller Erwerbsbiografien“, heißt es in der Prognose. Angetrieben wird diese Trend von der zunehmenden Digitalisierung.
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