Causa Hygiene Austria: AK fordert Verschärfung der Auftraggeberhaftung

Mehrere FFP2-Atemschutzmasken, teils verpackt, liegen auf einem Tisch.
Maskenfirma Hygiene Austria haftet nicht für offene Löhne ihrer insolventen Subfirmen, die muss der Insolvenzentgeltfonds bezahlen.

Die Arbeiterkammer (AK) fordert eine Reform beziehungsweise einen rechtlichen Lückenschluss bei der sogenannten Auftraggeberhaftung. Als Negativ-Beispiel führt die AK dazu den Schutzmaskenhersteller Hygiene Austria an, eine Tochter der Palmers Textil AG.

„Bei der Hygiene Austria haben Mitarbeiter gearbeitet, die nicht direkt beschäftigt waren, sondern über verschiedene Subfirmen angeheuert wurden“, sagt AK-Jurist Ludwig Dvořak, der 113 ehemalige Hygiene-Austria-Mitarbeiter vertritt. Insgesamt haben vier Firmen als Auftragnehmer bzw. Subauftragnehmer den Maskenhersteller mit Leihpersonal versorgt. Für die offenen Löhne und Gehälter müsste eigentlich die Hygiene Austria als Auftraggeber haften, so sieht das das Arbeitskräfteüberlassungsgesetz vor. Es sei denn, der Arbeitskräfteüberlasser schlittert selbst in die Pleite.

Im Fall Hygiene Austria sind vier Subfirmen insolvent, was für den Maskenhersteller den angenehmen Vorteil hat, dass er nicht mehr für die offenen Löhne haftet, sondern dass der Insolvenzentgeltfonds (IEF) dafür finanziell einspringt. Der IEF wird aus Arbeitgeberbeiträgen gespeist.

Insgesamt geht es laut AK im Fall Hygiene Austria um eine halbe Million Euro brutto. Dazu kommen noch 100.000 Euro an Verfahrenskosten. „Es werden Arbeitgeber begünstigt, die ihre Arbeitnehmer nicht bezahlen und die die Lohnkosten an den IEF auslagern“, klagt Dvořak. „Sie können dadurch günstiger anbieten als Unternehmen, die sich an alle gesetzlichen Bestimmungen halten.“ Das gefährde ganze Branchen.

„Wenn wir diese Lücken, die es bei der Auftraggeberhaftung gibt, schließen würden, könnten wir für geordnete Verhältnisse sorgen“, sagt der AK-Jurist. Er fordert, dass der, der den Auftrag gibt, auch am Ende die Löhne und Gehälter bezahlen und schlussendlich dafür einstehen müsse. „Man müsste sicherstellen, dass der ursprüngliche Hauptauftraggeber haftet, dann würden sich diese solide Subunternehmen suchen“, so der AK-Jurist.

Eine Haftung nach dem Lohn- und Sozialdumpingsgesetz wird ausgelöst, wenn ein Unternehmen einen öffentlichen Auftrag an ein Subunternehmen weitergibt, ohne die Erlaubnis des Auftraggebers eingeholt zu haben.

Die AK führt dazu das Beispiel eines steirischen Bauunternehmens an. Das Subunternehmen ging pleite, die AK erreichte zwar die Bezahlung der offenen Löhne durch die Baufirma. Doch 40 Prozent der Beträge wie Taggelder und Diäten sind nach wie vor offen. Denn diese unterliegen nicht der Auftraggeberhaftung. Geht es nach der AK, so soll diese rechtliche Lücke möglichst schnell geschlossen werden.

Steuerhinterziehung?

Indes soll die Mutterfirma Palmers für die Hygiene Austria 37 Millionen FFP2-Masken aus China nach Österreich transportiert haben und dabei Zollabgaben und Einfuhrumsatzsteuer in Höhe von 693.000 Euro hinterzogen haben, indem die chinesischen Ausgangsrechnungen „künstlich niedrig gehalten“ worden sein sollen. Dazu soll es im vergangenen Jahr zwei Razzien gegeben haben. Das berichtet jedenfalls der Standard.

Palmers bestreitet die Vorwürfe. Alle Abgaben und Steuern seien korrekt bezahlt worden. K. Möchel. D. Schreiber

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