Appetit auf Thunfisch steigt, die Anforderungen an Fischer auch
Fisch gilt als gesund und hat gleichzeitig ein Imageproblem. „Ein Drittel der weltweiten Fischbestände ist überfischt. Rund um den Globus ziehen wir heute vier Mal mehr aus den Weltmeeren als noch vor 50 Jahren“, sagt Axel Hein, Meeresexperte des WWF. Fischervermarkter müssen also nicht nur aus Imagegründen auf nachhaltige Fangmethoden umstellen. Sie müssen auch dafür sorgen, dass sie sich nicht selbst das Geschäft abgraben.
Europa ist der größte Fischimporteur der Welt, jährlich werden mehr als sechs Millionen Tonnen eingeführt, die Hälfte davon aus Entwicklungsländern.
Wachsender Markt
Laut Statistik isst jeder Österreich 0,8 Kilo Dosenfisch im Jahr, die Nachfrage steigt. „Der Konservenmarkt wächst seit 2011 jedes Jahr doppelt so stark wie der Lebensmitteleinzelhandel, was sicher auch mit dem Convenience-Trend zu tun hat“, sagt Rio-Mare-Österreich-Chef Jörg Grossauer. Der Fischverarbeiter, der Teil des italienischen Familienunternehmens Bolton (Uhu Kleber, Borotalco Deos) ist, liefert sich in Österreichs Thunfisch-Markt ein Kopf-an-Kopf-Rennen mit der Marke Vier Diamanten (Teil des japanischen Mitsubishi-Konzerns). Beide halten je rund 30 Prozent Marktanteil. Konkurrenz kommt verschärft von den Händlern selbst, die ihre Eigenmarken ausbauen und gemeinsam auf 30 Prozent Marktanteil kommen. Die Fisch-Dosen kommen oft fixfertig aus Fabriken im Vietnam oder Thailand nach Europa.
Nicht so bei Rio Mare. Die Italiener bekommen die Filets tiefgefroren und füllen sie nahe Mailand in Dosen – täglich drei Millionen Stück. Die Ware für Österreich ist seit 2016 zu hundert Prozent aus nachhaltiger Fischerei, bis 2024 soll das konzernweit Standard sein (derzeit 50 Prozent). Gefischt wird in diesem Fall mit Angelrute und Leine (Pole and Line). Mit romantischen Fischerbooten hat das nichts zu tun.
Akkordfischen
Per Echolot werden Fischschwärme ausgemacht und angesteuert. Auf Riesenschiffen stehen dann zig Angler Schulter an Schulter. Sie ziehen einen Fisch nach dem anderen aus dem Wasser, schleudern ihn ins Schiffsinnere, von wo aus er direkt in den Schiffsbauch rutscht und tiefgefroren wird. Zumindest werden bei dieser Methode die Beifänge minimiert, sagen Experten.
Auf den fertigen Dosen prangen dann oft Nachhaltigkeitssiegel, allen voran jenes von MSC, das auch Kritik ausgesetzt ist. Fischerei-Experte Axel Heine dazu: „Es arbeiten mehrere hundert Fischereien unter diesem Siegel, 95 Prozent davon sind in Ordnung.“ Derzeit werden die Standards gerade überarbeitet, schwarze Schafe sollen das Siegel verlieren. Es sei „kontraproduktiv“, das Siegel schlechtzureden. Hein: „MSC ist noch immer der höchste Standard im Wildfang.“
Der internationale Fischmarkt wird übrigens auf 100 Milliarden Dollar geschätzt. Zum Vergleich: Mit Sojabohnen wird nur ein Drittel dieses Betrages umgesetzt.
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