Apfel als Symbol eines Steuerstreits
Für den US-Konzern Apple wird Dublin plötzlich zu einem teuren Pflaster. 13 Milliarden Euro soll der iPhone-Hersteller an Irland überweisen. Das sei jene Summe, die sich Apple zwischen 2003 und 2014 gespart hat. Dank unerlaubter Steuervergünstigungen der Iren, argumentiert EU-Wettbewerbskommissarin Margrethe Vestager. Sie will mit der Rekordsumme ein abschreckendes Zeichen gegen den "ruinösem Steuerwettbewerb" setzen, der in Europa um sich greift. Irland und Apple protestieren und kündigen Berufung gegen den EU-Entscheid an. Der Streit wegen unerlaubter Beihilfen geht damit in die nächste Runde und wird wohl noch über Jahre die Gerichte beschäftigen.
Wie sieht das Steuersparmodell von Apple aus?
Apple wickelt seit 1980 Teile des internationalen Geschäfts über Irland ab, unter anderem den Verkauf von iPhones in Europa, Afrika, dem Nahen Osten und Indien. Hintergrund: In den USA müssen Firmen Steuern in jenem Land zahlen, in dem die Firma gegründet wurde. In Irland ist das anders – Steuern sind dort zu zahlen, wo die Firma gemanagt wird. Apple hat diesen Widerspruch für sich genutzt und Tochterunternehmen in Irland gegründet, die Geschäfte aber weiterhin in den USA gemanagt. Diese Konstruktion sparte Apple Milliarden an Steuern.
War das Vorgehen überhaupt illegal?
Nein. Es wird erst ein Problem, wenn ein Land einzelnen Firmen Sonderkonditionen gewährt, etwa, um sie mit Betriebsansiedelungen ins Land zu holen. Das war aus Sicht der EU-Kommission bei Apple in Irland der Fall. Laut den Unterlagen der EU-Kommission hat der iPhone-Hersteller 2014 auf seine in Europa erzielten und in Irland gebündelten Gewinne nur 0,005 Prozent Steuern bezahlt.
Warum wehrt sich Irland jetzt gegen die Nachzahlung von 13 Milliarden Euro?
Es geht um weit mehr als Apple. In Irland haben amerikanische Firmen rund 130.000 Arbeitsplätze geschaffen, die für das einst arme Agrarland wichtig sind. Irland hat sich seit 25 Jahren mit ermäßigten Körperschaftssteuersätzen um ausländische Betriebsansiedlungen bemüht – immer mit Genehmigung der EU. Ab 1998 blieben die Genehmigungen aber aus, weil die EU darin einen schädlichen Steuerwettbewerb sah. Irland senkte in der Folge den allgemeinen Körperschaftssteuersatz auf 12,5 Prozent und umging so die Genehmigung. Jetzt fürchtet Irland wieder um seine Attraktivität bei Firmen.
Wird der EU-Entscheid Auswirkungen auf Betriebsansiedelungen in anderen Ländern Europas haben?
Ein Sprecher des US-Finanzministeriums stellt das bereits in den Raum. Das Grundverständnis der transatlantischen Partnerschaft sei in Gefahr, die EU solle sich nicht als supranationale Steuerbehörde aufspielen, lassen die Amerikaner ausrichten. Das Finanzministerium hatte die EU schon in der Vorwoche vor Milliardenforderungen gegen Apple gewarnt. Es geht aber freilich um viel mehr als Apple. Im Hintergrund tobt ein Wirtschaftsstreit zwischen der EU und den USA. Die USA haben früher etwa Einkommen von US-Firmen, die diese im Ausland generiert haben, nicht versteuert. Die EU hat das als verbotene Exportförderung angesehen und damit zu Fall gebracht. Die Amerikaner mussten damals Milliarden an Strafe zahlen.
Wurden auch schon andere Konzerne und Länder wegen unerlaubter Beihilfen geprüft?
Schon im Oktober 2015 hat die EU-Kommission Steuerabsprachen von Luxemburg und den Niederlande mit Fiat und Starbucks als illegal eingestuft. Die US-Kaffeehauskette musste in der Folge 30 Millionen Euro an Steuern nachzahlen. Aktuell nimmt die EU-Kommission die Steuerzahlungen der US-Konzerne Amazon und McDonald’s unter die Lupe. So viel wie Apple musste aber noch kein Konzern nachzahlen. Die bisherige Rekordsumme von 1,4 Milliarden Euro zahlte der französische Energiekonzern EdF an Frankreich zurück – nach einem mehr als zehnjährigen Rechtsstreit.
Würde die Nachzahlung Apple hart treffen oder geht es dem Konzern mehr ums Prinzip?
Die Geldreserven des iPhone-Herstellers werden mit 230 Milliarden Dollar beziffert, allein im vergangenen Quartal schrieb der Konzern 7,8 Milliarden Dollar Gewinn. Rund 90 Prozent seiner Geldreserven soll Apple außerhalb der USA geparkt haben, allen voran in Irland. Das hat steuerliche Gründe. US-Konzerne bringen ihr im Ausland verdientes Geld nicht in ihr Heimatland, da sie sonst sofort 35 bis 40 Prozent des Betrages an "Uncle Sam" abliefern müssten. Damit ist wohl auch erklärt, warum sich Apple für eine Steuerreform in den USA stark macht.
Können auch andere EU-Länder Nachzahlungen von Apple fordern?
Ja. Damit würde sich aber der Betrag, der an Irland geht, reduzieren.
Wird der Entscheid zu Apple auch die TTIP-Verhandlungen beeinflussen?
Nicht ursächlich, aber die Gesprächsbasis wird sich nicht verbessern. Steuern stehen auf der Agenda ganz oben. Es geht um Milliardensummen, die eine Staatskasse verliert oder gewinnt.
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