Anklage gegen Ex-ÖBB-Chef Huber ausgeweitet

Anklage gegen Ex-ÖBB-Chef Huber ausgeweitet
Im Schillerplatz-Prozess wurde die Anklage gegen Huber ausgeweitet - zugleich gab es drei Freisprüche.

Der Schock war Ex-ÖBB-Chef Martin Huber anzusehen. Am vierten Prozesstag im Untreue-Verfahren wegen des Verkaufs von zwei Etagen des Telekom-Palais Schillerplatz 4 an Huber und dessen Ehefrau wurde die Beweislage immer dünner. Sodass Staatsanwalt Michael Radasztics den Vorwurf der Beweismittelfälschung gegen drei Neben-Angeklagte zurück zog.

„Das war’s jetzt auch schon mit den guten Nachrichten“, eröffnete Radasztics überraschend eine ganz andere Front und weitete die Anklage gegen den ehemaligen ÖBB-Boss auf schweren Betrug (Strafrahmen ein bis zehn Jahre) aus. Es habe sich der Tatverdacht verdichtet, dass Huber „gegenüber dem Aufsichtsrat der ÖBB bewusst falsche Angaben gemacht hat um seine Abberufung zu verhindern“.

Anklage gegen Ex-ÖBB-Chef Huber ausgeweitet
APA16368538-2 - 09012014 - WIEN - ÖSTERREICH: ZU APA 109 WI - (v.l.) Barbara Huber-Lipp und Ex-ÖBB-Chef Martin Huber am Donnerstag, 09. Jänner 2014, vor Beginn der Hauptverhandlung zur Causa Schillerplatz am Straflandesgericht in Wien. APA-FOTO: HERBERT NEUBAUER

Huber habe, argumentiert der Staatsanwalt, gegenüber seinem Aufsichtsrat erklärt, dass er nur 25-prozentiger Gesellschafter an der für das umstrittene Immobiliengeschäft gegründeten Projektgesellschaft SP4 sei. Obwohl er faktischer Geschäftsführer gewesen sei und 75 Prozent gehalten habe. Da die Schadenssumme 50.000 Euro übersteige, werde Huber wegen schweren Betrugs angeklagt. Das Verfahren wird bei der Staatsanwaltschaft Wien geführt. Er werde „mit der Staatsanwaltschaft voll kooperieren“, sagte Huber nach einigen Schrecksekunden. Und erklärte, der ÖBB-Aufsichtsrat sei „voll informiert“ gewesen.

Ganz so unwissend dürfte der Bahn-Aufsichtsrat tatsächlich nicht gewesen sein. Huber erzählte am zweiten Prozesstag, dass er bereits vor seinem Amtsantritt als ÖBB-Chef den damaligen Aufsichtsratsvorsitzenden Wolfgang Reithofer über sein Engagement am Schillerplatz – damals noch mit dem später schwer erkrankten Bauunternehmer Kallinger – informiert habe. Laut Dienstvertrag durfte Huber Beteiligungen an bahnfremden Gesellschaften halten, aber nicht als Geschäftsführer fungieren.

Ursprünglich hielt der Treuhänder nur 25 Prozent für Huber und 50 Prozent für Kallinger an der SP4. Als klar wurde, dass sich Kallinger nicht mehr erholen würde, übernahm Huber – wiederum über den Treuhänder – 75 Prozent. Seine Frau hatte 25 Prozent und fungierte als Geschäftsführerin. Sie habe nur organisiert, die treibende Kraft, sagte sie aus, sei ihr Mann gewesen.

Anklage gegen Ex-ÖBB-Chef Huber ausgeweitet

Das Treuhandverhältnis begründete Huber damit, dass ihn der neue Aufsichtsratsvorsitzende Horst Pöchhacker demontieren wollte, und mit dem Medieninteresse. Er sprach von einer „Schutzbehauptung“. Diese Aussagen dürften den Staatsanwalt zur Anklage-Ausweitung veranlasst haben.

Huber trat 2008 als ÖBB-Chef zurück. Der Aufsichtsrat ließ sein Engagement am Schillerplatz prüfen und fand keinen Grund für eine Abberufung. Bei der Vertragsauflösung schloss die Bahn mit Huber einen Generalvergleich, ausgenommen eine strafrechtliche Verurteilung in der Causa Schillerplatz.

Pöchhacker dürfte außerdem von Beginn an über Hubers Schillerplatz-Engagement Bescheid gewusst haben. Das Projekt wurde von Kallinger nämlich anfänglich der Porr angetragen, als Huber und Pöchhacker noch Manager des Baukonzerns waren. Es wurde für die Porr aber als zu klein befunden.

Die ÖBB überlegen nun, wie sie angesichts der Anklage-Ausweitung vorgehen sollen. Ein möglicher Beitritt zur Anklage als Privatbeteiligte werde geprüft.

Freisprüche

Die wegen Beweismittelfälschung angeklagte ÖBB-Personenverkehrschefin Birgit Wagner, die damals in der Immo-Abteilung der Telekom jobbte, sowie ihr Ex-Kollege Erich Z. und der Ziviltechniker Peter K. konnten aufatmen. Nach der Rücknahme der Anklage wurden sie freigesprochen. Der Staatsanwalt entschuldigte sich obendrein bei Peter K. für die etwas rüde Behandlung während der Ermittlungen.

Huber selbst wies am Abend in einer Mitteilung seines Anwalts die Vorwürfe der Justiz zurück, er hätte seinen ehemaligen Arbeitgeber ÖBB über seine Beteiligung am Projekt Schillerplatz 4 getäuscht.

"Martin Huber hat sowohl gegenüber dem Aufsichtsratsvorsitzenden Wolfgang Reithofer als auch gegenüber dem späteren Aufsichtsratsvorsitzenden Horst Pöchhacker den Sachverhalt vollinhaltlich offen gelegt", schrieb Hubers Rechtsanwalt Meinhard Novak. Donnerstagabend in einer Aussendung. "Die Beteiligung von Martin Huber am Projekt Schillerplatz 4 war dem Aufsichtsratspräsidium selbstverständlich bekannt", so Novak.

Der Anwalts-Mitteilung zufolge wurde der Sachverhalt im Auftrag des ÖBB-Aufsichtsratspräsidenten auch von der Rechtsanwältin Sieglinde Gahleitner rechtlich untersucht. Demnach habe Huber am 14.1.2008 dem ÖBB-Aufsichtsratsvorsitzenden Pöchhacker ein Informationsschreiben übermittelt, in dem es unter anderem heiße: "Für die Prüfung wesentlich ist (...), dass ich über einen Treuhänder 75 % der Geschäftsanteile an der Schillerplatz 4 Projektentwicklungs GmbH halte bzw. gehalten habe. Mit dieser Treuhandschaft habe ich sichergestellt, dass ich in keiner Weise tatsächlich unternehmerischen Einfluss nehme bzw. genommen habe." ... "Ich darf noch hinzufügen, dass ich den Sachverhalt schon im April 2006 - aus Anlass der Gründung der Schillerplatz 4 Projektentwicklungs GmbH - dem damaligen Aufsichtsratsvorsitzenden Dr. Reithofer mitgeteilt habe."

Nach der heutigen Anklageausweitung gegen Huber haben die ÖBB einen möglichen Klagsbeitritt als Privatbeteiligte in den Raum gestellt.

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