Angst vor billiger Konkurrenz
Eine goldene Nase verdienen sich die wenigsten im Gewerbe und Handwerk. Zumindest wenn man den Zahlen der Statistik glaubt. "Im ersten Halbjahr sind die Umsätze gegenüber dem Vorjahreszeitraum um durchschnittlich 0,1 Prozent gesunken", sagt Walter Bornett, Direktor der KMU Forschung Austria. Besonders schlecht ist die Auftragslage demnach bei Elektrotechnikern, Tischlern, Sanitär-, Heizungs- und Lüftungstechnikern. 36 Prozent der Gewerbe- und Handwerksbetriebe würden kein positives Ergebnis ausweisen, jeder Vierte würde über kein Eigenkapital verfügen.
Konjunkturstütze
Ohne der Schwellenwerte-Verordnung hätten es die Betriebe aufgrund der Angebote von Billiganbietern aus dem Ausland wohl noch schwerer, an lukrative Aufträge zu kommen. Die Verordnung besagt, dass Bund, Länder und Gemeinden Aufträge im Bau-, Liefer- und Dienstleistungsbereich bis zu einem Wert von 100.000 Euro (vor der Verordnung lag die Marke bei 40.000 Euro) direkt an geeignete Unternehmen vergeben können und nicht europaweit ausschreiben müssen. Der Schwellenwert im sogenannten nicht-offenen Verfahren ohne Bekanntmachung liegt bei einer Million (zuvor 120.000 Euro).
Eingeführt wurde die Regelung im Krisenjahr 2009, in den Folgejahren wurde sie aufgrund der trüben Konjunkturaussichten prolongiert. Die Bundessparte Gewerbe- und Handwerk fordert nun, dass die höheren Schwellenwerte für staatliche Direktvergaben auch über den 31.12.2012 hinaus verlängert und in ein Dauerrecht überführt werden. Die Kommunen und Städte würden sich damit viel Bürokratie ersparen, wird argumentiert. Zudem würden vor allem regionale Kleinbetriebe profitieren. "Es handelt sich dabei aber um keine freihändige Vergabe der Bürgermeister. Sie müssen sich ja trotzdem an das österreichische Vergaberecht halten", betont Konrad Steindl, Obmann der Bundessparte Gewerbe und Handwerk.
Zuständig für die Verlängerung ist Bundeskanzler Werner Faymann. Gegen die Schwellenwerte sind auf EU-Ebene freilich die Lobbyisten jener Anbieter, die preislich punkten können. Dabei handelt es sich um Betriebe aus Osteuropa – unter anderem aus der Slowakei und Slowenien, sagt Steindl.
Sparkurs trifft Hunderte Jobs im Handwerk
Der von der Stadt Wien eingeschlagene Sparkurs bei der Instandhaltung und Renovierung von rund 220.000 Gemeindewohnungen sorgt für Aufregung in Wiens Gewerbe- und Handwerksbetrieben. "Von einem Tag auf den anderen werden plötzlich geplante Arbeiten nicht mehr durchgeführt, ich werde noch diese Woche neun Leute kündigen müssen", empört sich ein Unternehmer, der aus Angst vor Repressalien lieber nicht genannt werden möchte.
Weil Aufträge storniert bzw. Verträge mit Installateuren, Elektrikern oder Malern nicht mehr verlängert werden, seien im Wiener Handwerk 750 bis 850 Arbeitsplätze akut von den Einsparungen bei Wiener Wohnen bedroht. Viele Betriebe hätten ihr Geschäft stark auf Gemeindewohnungen ausgelegt und könnten nicht sofort Ersatzaufträge finden.
Bei Wiener Wohnen gibt man sich wortkarg. Es werden zwar laufende Sparmaßnahmen bestätigt, aber keine konkreten Zahlen genannt. "Wir sind in einem Nachdenkprozess", so ein Sprecher. Rahmenverträge und Instandhaltungen werde es aber auch weiterhin geben.
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