Job weg, Überziehungsrahmen weg
Der „AMS-Alarm“ der Bank schrillt längst vollautomatisch: Kommt die regelmäßige Überweisung nicht mehr vom Arbeitgeber, sondern vom Arbeitsmarktservice (AMS), wird aus dem braven Bankkunden blitzschnell ein böser „Risikokunde“. Als Erstes wird dem als arbeitslos Aufgespürten der gewährte Überziehungsrahmen beim Girokonto gekappt. Was vorher war – irrelevant.
Das in der Branche längst übliche, aber nicht immer zugegebene Prozedere trieb die Bawag/P.S.K nun auf die Spitze. Ihr passierte bei der regelmäßigen Bonitätsprüfung eine schwere Datenpanne. Denn nicht nur Arbeitslose, sondern auch etliche, oft langjährige AMS-Mitarbeiter wurden vom Computer als „Risikokunden“ eingestuft. Ihnen wurde ebenfalls die „Einkaufsreserve“ ohne Vorwarnung gestrichen.
„Ich traute meinen Augen nicht, mein bisheriges Limit wurde von 6700 Euro auf null gesetzt“
Sein Verdacht: Allein das Wort „AMS“ als Geldüberweiser auf seinem Konto reichte dem Computer, um ihn als arbeitslos einzustufen. „Da müsste ich aber schon 33 Jahre von der Arbeitslosen leben“, wundert sich B. Eine eMail an seine Bankberaterin mit der Bitte um Aufklärung blieb bis jetzt unbeantwortet.
Der Bawag ist der Vorfall peinlich und sie entschuldigt sich bei den betroffenen AMS-Mitarbeitern. „Durch ein Update in der Programmierung unserer Bank-Systeme ist es uns leider aktuell nicht möglich, Konten von AMS-Geld-Beziehern und AMS-Mitarbeitern zu unterscheiden“, heißt es in einer Stellungnahme. Durch das Update sei es zu einer „automatischen Rahmenreduktion“ gekommen. Die Betroffenen sollen sich an eine Bawag-Filiale wenden, um die Limits manuell einzurichten.
Datenschutz
„Das ist eine Frechheit und datenschutzrechtlich bedenklich“, kommentiert Datenschützer Hans Zeger von ARGE Daten die automatische Rahmenstreichung. Das Datenschutzgesetz (§49) verbiete ausdrücklich eine automationsunterstützte Verarbeitung von Daten zum Zweck der Bewertung einzelner Aspekte einer Person, wie etwa seiner Kreditwürdigkeit oder Zuverlässigkeit. Den Banken sei aber schwer nachweisbar, welche Daten sie zur Bonitätsprüfung heranziehen. „Was die Bawag macht, ist aber nicht ungewöhnlich, auch andere Banken machen das“, bestätigt der Datenschützer.
Aber darf eine Bank einfach von sich aus den Überziehungsrahmen auf null setzen? „Ja, weil es sich in den meisten Fällen um eine einseitige Einräumung durch die Bank handelt“, erläutert Peter Kolba, Rechtsexperte beim Verein für Konsumenteninformation (VKI). Der Kunde muss aber zeitgerecht verständigt werden, damit ihm keine finanziellen Schäden, etwa durch gestoppte Überweisungen, entstehen. Die Bawag kündigt die Limitstreichung immerhin drei Monate vorher an.
Als wäre es nicht schon schlimm genug, den Job zu verlieren, müssen sich Arbeitslose auch noch von ihrer Bank sagen lassen, dass sie jetzt als Arbeitsloser nur noch wenig zählen. Selbst bei bester Bonität. „Das ist demoralisierend und kann erst recht Überschuldung auslösen“, kritisiert Alexander Maly von der Schuldnerberatung Wien diese pauschale Stigmatisierung bei Jobverlust.
Dass Banken geradezu überfallsartig Kontolimits bei Arbeitslosen streichen, sei in Österreich „übliche Praxis“, kritisiert er eine von den Banken ausgenutzte unklare Rechtslage. Denn eigentlich sei der Überziehungsrahmen Bestandteil des Konto-Vertrages, aber die Banken würden die Höhe von sich aus einseitig festlegen und könnten ihn daher jederzeit wieder von sich aus ändern. Oftmals wüssten die Bankkunden ihr Überziehungslimit gar nicht.
„Besser wäre es, gemeinsam mit den Bankkunden einen Kreditrahmen vertraglich festzulegen, der nicht einseitig geändert werden kann“, schlägt Maly vor. Die Banken verweisen auf verschärfte Risikovorschriften, die regelmäßige Bonitätseinstufung erfordern. Dass in die Risk-Managementsysteme der Banken mittlerweile Sozialdaten wie die Kreditwürdigkeit eines ganzen Wohnbezirks einfließen, ist ein offenes Geheimnis.
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