AMS als "Reparaturmedizin für das Schulsystem"
Deutsch-Kurse, Nachholen des Hauptschul-Abschlusses, staatliche Ersatzlehrstellen: 1994 eigentlich als Jobvermittlungs-Agentur aus der Bundesverwaltung ausgegliedert, muss das Arbeitsmarktservice (AMS) immer mehr Bildungsaufgaben erledigen. Gab es 1994 rund 16.000 Schulungsteilnehmer, waren es im Vorjahr bereits 74.000. Die Ausgaben für Aus- und Weiterbildung werden auch in den nächsten Jahren nicht sinken, sollen aber gezielter eingesetzt werden, so der Grundtenor bei einer Podiumsdiskussion der Sozialpartner anlässlich "20 Jahre AMS". "Das AMS ist ein Teil der Reparaturmedizin für das Schulsystem geworden", fasste Arbeitsminister Rudolf Hundstorfer zusammen. Wie groß der Schulungsbedarf ist, zeigt die Statistik. So hat sich die Zahl der Pflichtschul-Absolventen ohne Arbeit seit 1994 von 11 auf 21 Prozent fast verdoppelt.
Dass das AMS Wien aus Budgetgründen ausgerechnet bei den Deutsch-Kursen für Migranten sparen müsse, wie zuletzt kolportiert, stimme nicht, so der Minister: "Die Deutsch-Kurse sind gesichert". Arbeiterkammer-Präsident Rudolf Kaske lobte die vorbildhafte Arbeit des AMS, forderte aber einen stärkeren Fokus auf Zielgruppen sowie mehr Personal. "Die deutsche Bundesagentur für Arbeit hat 100.000 Beschäftigte, das AMS 5000, da müssen wir über einen neuen Betreuungsschlüssel reden."
Zuwanderung
ÖGB-Chef Erich Foglar gab zu bedenken, dass auch die Zuwanderung zu Verwerfungen am Arbeitsmarkt führe und "Integrationshausaufgaben" noch nicht gemacht wurden. "Es macht doch keinen Sinn, wenn ein ungarischer Lehrer für 1400 Euro in der heimischen Gastronomie arbeitet und bei uns die Leute arbeitslos sind." Mehr Mobilität von Arbeitslosen wünscht sich hingegen Industriellen-Boss Georg Kapsch. Es könne nicht sein, dass in Westösterreich Stellen offen blieben, während es in Ost-Österreich zu wenig Jobs gebe. Spontane Replik von Hundstorfer: "Versuchen Sie einmal, einen älteren Burgenländer nach Vorarlberg zu bringen. Das funktioniert nicht. Wir sind halt nicht in Amerika."
Wirtschaftskammer-Chef Christoph Leitl kritisierte, dass Angebot und Nachfrage am Arbeitsmarkt immer seltener zusammenpassen. "Die theoretischen Weiterbildungen im AMS sollten mehr als bisher durch praktische Ausbildungsteile in den Betrieben ersetzt und damit aufgewertet werden", so Leitl.
Kommentare