Amazon & Co: Steuereinnahmen zu niedrig?

Grüne orten "verdächtiges Umsatzsteueraufkommen", Schelling will mehr prüfen.

Führen ausländische Versandhändler ohne Sitz in Österreich zu wenig Umsatzsteuer ab? Der KURIER-Artikel, wonach sich Amazon den heimischen Steuerprüfern entzieht, weil es von Luxemburg aus Rechnungen versendet, schlägt hohe Wellen. Die Grünen planen eine parlamentarische Anfrage zum steuerlichen Vollzug der Versandhandelsregelung. Wenn der automatische Datenaustausch in punkto Mehrwertsteuer nicht funktioniert, ist der Staat auf freiwillige Abgabenleistungen angewiesen, wodurch Steuereinnahmen in dreistelliger Millionenhöhe entgehen könnten.

Grünen-Budgetsprecher Bruno Rossmann ortet schon länger "ein verdächtiges Umsatzsteueraufkommen" in Österreich. Die Einnahmen für den Staat aus diesem Titel seien seit Jahren viel zu schwach, meint Rossmann und verweist auf die Statistik. Tatsächlich stiegen seit 1995 die allgemeinen Steuereinnahmen sowie jene aus der Lohn- und Einkommenssteuer ungleich stärker an als die Umsatzsteuereinnahmen. Im Vorjahr waren es knapp 25 Mrd. Euro. "Das muss doch Ursachen haben, aber niemand schaut sich das genau an", sagt Rossmann und fordert von Finanzminister Hans Jörg Schelling eine genaue Überprüfung, ob auch genügend Steuergeld aus dem Ausland kommt.

Schelling selbst kündigte am Donnerstag im Ö1-Morgenjournal an, die Betrugsbekämpfung ausbauen zu wollen. Er will sich dafür Verbündete auf EU-Ebene suchen. So soll ein gemeinsames Meldewesen installiert werden, um Steuer-Schlupflöcher, von denen Konzerne wie Amazon profitieren, zu stopfen. Wo Nationalstaaten etwas tun, das von anderen Ländern unterlaufen wird, sollte dies auf europäischer Ebene unterbunden werden, so Schelling. Mehrwertsteuerbetrug gehe immer über mehrere Länder, aber man sei – trotz des Binnenmarkts – nicht imstande, dieses Problem gemeinsam zu lösen. Die Einnahmen aus der Bekämpfung von Steuerbetrug sollen einen Teil der Steuerreform finanzieren.

Fahnder im Ausland

Steuerexperte Werner Doralt kritisiert, dass der automatische Infoaustausch bei der Mehrwertsteuer innerhalb der EU in der Praxis offenbar nicht funktioniert – obwohl es seit 2010 eine entsprechende Verordnung dafür gibt. "Dass ein EU-Mitgliedsstaat für einen anderen Steuerdaten beschaffen soll, nehmen nicht alle ernst." Es sei daher zielführender, wenn österreichische Steuerfahnder selbst ins Ausland gehen und dort Nachforschungen anstellen.

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