Altersteilzeit kommt in Mode

Im Handwerk wird die Altersteilzeit noch wenig genutzt.
Schon fast 28.000 Bezieher. Demografie und Pensionsreform lassen die Zahlen kräftig ansteigen

Im Alter beruflich kürzer treten, weniger arbeiten bei teilweisem Lohnausgleich: Immer mehr Österreicher nutzen die gesetzliche Möglichkeit der Altersteilzeit. Im Vorjahr nahmen schon 27.712 ältere Arbeitnehmer diesen gleitenden Übergang in die Pension in Anspruch, in den ersten zwei Monaten 2017 ist die Zahl auf 30.486 angestiegen. Was auffällt: Allein in den vergangenen drei Jahren gab es eine Zunahme von mehr als 10.000 Personen.

Altersteilzeit kommt in Mode
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Hauptgründe für den plötzlichen Boom sind neben der Demografie der erschwerte Zugang zur so genannten Hacklerpension. „Mich überrascht die Zunahme nicht, schließlich gibt es wegen der nachrückenden Jahrgänge und der Pensionsreformen auch immer mehr Ältere in Beschäftigung“, analysiert Arbeiterkammer-Experte Gernot Mitter. Scheinbar hätten auch die Betriebe erkannt, dass es für sie ein Vorteil ist, Ältere weiterzubeschäftigen.

Ungleich verteilt

Branchen- und geschlechtermäßig ist die Altersteilzeit ziemlich ungleich verteilt. Klein- und Mittelbetriebe im Handwerk und Gewerbe nutzen die Möglichkeit kaum. Die mit Abstand meisten Fälle gibt es in der öffentlichen Verwaltung mit 4600, gefolgt vom personalintensiven Handel. Schon an dritter Stelle folgen die Finanzdienstleister mit 1800 Betroffenen. NEOS-Sozialsprecher Gerald Loacker vermutet, dass Banken ältere Mitarbeiter über die geblockte Form der Altersteilzeit bequem vorzeitig abbauen. Die so genannte Blockvariante – ein Teil Vollzeit, ein Teil Freizeit – ist zwar seit der Verschärfung 2013 nur mit Einstellung einer Ersatzkraft möglich, dies sei jedoch für Großbetriebe kein Problem, meint Loacker. „Die haben eine natürliche Fluktuation von fünf bis zehn Prozent, da lassen sich Ersatzkräfte statistisch leicht unterbringen.“

Die NEOS fordern eine gänzliche Abschaffung der Blockvariante. Sie stelle nach wie vor ein Schlupfloch in die Frühpension dar, noch dazu ein staatlich gefördertes. Die Blockvariante wird aktuell von einem Drittel der Bezieher in Anspruch genommen, zwei Drittel nutzen die kontinuierliche Variante der reduzierten Arbeitszeit.

Dass wesentlich mehr Frauen als Männer in Altersteilzeit gehen, hat sowohl mit der Branchenzugehörigkeit als auch mit beruflichem Selbstverständnis und familiären Verpflichtungen zu tun. Männer haben ab 62 außerdem noch alternative Möglichkeiten wie Teilpension oder Korridorpension.
Die staatlichen Ausgaben für die Altersteilzeit sind von 255 Mio. Euro im Jahr 2010 auf 349 Mio. Euro im Vorjahr gestiegen. Die Kosten für die Altersarbeitslosigkeit wären ungleich höher, gibt AK-Arbeitsmarktexperte Mitter zu bedenken.

Um einen gleitenden Übergang in die Pension zu ermöglichen, wurde Anfang 2000 die geförderte Altersteilzeit eingeführt. Das Modell hatte Schwächen. Die Möglichkeit, die Arbeitszeitreduktion als „Freizeitblock“ zu konsumieren, erwies sich als Hintertür in die Frühpension und ließ die Kosten explodieren. Das System wurde reformiert, seit Jänner 2013 gelten folgende Bedingungen:

Arbeitszeit Arbeitnehmer können mit ihrem Arbeitgeber vereinbaren, die Arbeitszeit um 40 bis 60 Prozent zu reduzieren. Die Hälfte der dadurch entstandenen Gehaltseinbuße (inkl. aller Sonderzahlungen) wird ausgeglichen.

Anspruch Frühestens sieben Jahre vor der Regelpension, also bei Frauen (derzeit noch) ab 53 Jahre und bei Männer ab 58 Jahre. Die Arbeitszeit muss mindestens 60 Prozent der Normalarbeitszeit betragen, man muss in den vergangenen 25 Jahren mindestens 15 Jahre beschäftigt gewesen sein.

Varianten Die Arbeitszeit kann entweder kontinuierlich oder in Form eines Blockzeitmodells reduziert werden. Beim „Blocken“ muss spätestens mit Beginn der Freizeitphase eine Ersatzarbeitskraft (Arbeitsloser, Lehrling) eingestellt werden.

Arbeitgeber Firmen zahlen die Sozialversicherungsbeiträge auf Grundlage vor Beginn der Altersteilzeit weiter. Auch die Abfertigung wird vor Beginn der Altersteilzeit berechnet. Ein Großteil der Mehrkosten wird als Altersteilzeitgeld auf Antrag vom AMS zurückerstattet.

Dauer Die Laufzeit ist auf fünf Jahre beschränkt, Männer können seit Anfang 2016 ab 62 Jahre in die Teilpension wechseln bzw. diese allein in Anspruch nehmen. Sie funktioniert wie die Altersteilzeit ohne Blockvariante, dem Arbeitgeber werden sowohl der Lohnausgleich als auch die Kosten für die Weiterzahlung der vollen Sozialversicherungsbeiträge zur Gänze ersetzt. Aktuell gibt es 265 Teilpensions-Bezieher.

Detaillierte Infos zur Altersteilzeit finden Sie auf der Homepage der Arbeiterkammer.

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