Alpbach: Unruhe hinter den Kulissen des Tiroler Bergdorfs
Alpbach Ende August, wie man es kennt: Da sitzen im Hotel Böglerhof die Politiker vom Kanzler abwärts, daneben die Wirtschaftstreibenden, vom Bahnboss bis zum Nationalbank-Gouverneur. Nirgendwo sonst kommt man näher an Manager, Politiker, Interessenvertreter, Experten heran. Nirgendwo sonst ist die Stimmung so unkompliziert.
Alpbach heuer wird anders. Ohne Wirtschaftskammer und ohne Industriellenvereinigung als Mitveranstalter. Der Kanzler wird gerade mal für einen Nachmittag da sein, Wirtschaftskammer-Präsident Harald Mahrer kommt partout nicht. Letzterer hat das seit Jahren bestehende Engagement der WKO in Alpbach – als Kooperationspartner, man organisierte Arbeitskreise und Pressekonferenzen – gekündigt. Mit der harten Begründung: „Wir sehen keinen Mehrwert für uns.“
Ohne „Mitveranstalter“
Die Wirtschaftskammer spricht damit an, was man beim Forum Alpbach seit Jahren auch diskutiert: Alpbach verärgert durch die komplizierte Organisation die Teilnehmer, ist inhaltlich zu wenig progressiv, wirkt veraltet. Rund 5000 Teilnehmer reisen hierher, leisten sich 800 Euro Teilnahmegebühr – ohne Unterkunft und Verpflegung – für drei Tage Gespräche. „Es ist aber nicht möglich, sich das Hotelzimmer selbst zu buchen“, beklagt ein hochrangiger Finanzmanager. Alles läuft über das Forum, dieses wiederum wirke damit überfordert. Teilnehmer würden zu Bittstellern degradiert. Inhaltlich, so der Vorwurf, fehle es an großen Stars und der richtigen Themenwahl. Ein Umstand, der Harald Mahrer zur Absage bewegte: Ihm sind in Alpbach zu wenige Vordenker, er will mehr Impulse, mehr Themenfokus.
Dass man sich bei der Finanzierung etwas überlegen wird müssen, das wissen auch die Alpbach-Macher, Präsident Franz Fischler und Geschäftsführer Philippe Narval. Narval entgegnet Mahrer jedoch entschieden: „Er hat offensichtlich das Programm nicht gelesen. Wir haben heuer wohl die internationalste Sprecherliste aller Zeiten. Nobelpreisträger Joseph E. Stiglitz etwa oder die Präsidenten des Kosovo und Serbien.“ Auch Franz Fischler nimmt die Kritik gelassen. Es sei ohnehin geplant gewesen, die Finanzierung zu ändern, sagt er. Weg von den „Mitveranstaltern“, damit will man finanzielle und organisatorische Abhängigkeiten verhindern. Eine bewusste, strategische Entscheidung also, tönt es aus dem Führungsgremium von Alpbach. Wer sich hier künftig einbringen will, macht das in Form von Arbeitskreisen. „Das kostet dann bis zu 20.000 Euro“, erklärt Fischler. Das jährliche Gesamtbudget von drei Millionen Euro, heuer etwa gleich hoch wie im Vorjahr trotz der finanziellen Ausfälle, sieht Narval nicht gefährdet.
Beschwichtigung hin oder her: Die Unruhe ist da, für nächstes Jahr ist eine Gegenveranstaltung in Salzburg zur selben Zeit in Planung.
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