Alle Euroländer sind im Fadenkreuz

Alle Euroländer sind im Fadenkreuz
Nicht nur Staatsanleihen von Spanien und Italien geraten unter Druck, sondern auch jene von Österreich und Deutschland. Moody's senkt Spaniens Bonität.

Italien benötigt keine Euro-Hilfe." Ministerpräsident Mario Monti stellte am Mittwoch erneut klar, dass sein Land nicht unter den Rettungsschirm muss. Die Anleger sehen dies anders – die Renditen der Staatsanleihen kletterten auf Rekordhöhen. Und nicht nur die des Mittelmeerlandes, sondern de facto müssen Staatsanleihen aller Euroländer Zinsanstiege hinnehmen. Also auch die bisher sicheren Häfen Deutschland und Österreich.

Deutschland konnte zwar am Mittwoch – so wie Österreich einen Tag zuvor – problemlos neue Anleihen an den Mann bringen. Die Nachfrage nach den Papieren mit zehnjähriger Laufzeit war fast eineinhalb Mal so groß wie das Angebot. Jedoch musste den Käufern eine um 0,05 Prozent höhere Rendite als noch im Mai gezahlt werden. Nicht viel, aber Beobachter sprechen von einer Trendumkehr – hin zu teureren Staatsschulden auch für gute Schuldner.

So hat sich der weltgrößte Anleihen­investor Pimco großteils von deutschen Bundesanleihen getrennt. "Deutschland verliert durch die zunehmenden Risiken an Qualität", heißt es.

Investoren fürchten, dass die EU-Nettozahler künftig noch mehr zur Kasse gebeten werden. Denn Spanien fällt als Garantiegeber für den Rettungsfonds aus, sobald ihn das Land selbst in Anspruch nimmt.

Spaniens Kreditwürdigkeit wurde am Mittwochabend übrigens um drei Stufen von der Note A3 auf die Note Baa3 gesenkt.

Auch die Rufe nach einer Banken- und Fiskalunion würden Deutschland, aber auch Österreich verstärkt belasten.

EU-Kommissionspräsident José Manuel Barroso versuchte am Mittwoch, Druckaufzubauen und sprach von einem "entscheidenden Augenblick."

Schon sehen die Analysten von Société Générale die sicheren Häfen nicht mehr als so sicher und raten, in britische oder amerikanische Anleihen zu wechseln.

Blödsinn

"Das ist Blödsinn, diese Ansicht teile ich nicht", widerspricht Erste Group-Chefanalyst Friedrich Mostböck. "Die Renditen sind teilweise so niedrig, dass es nach Abzug der Inflation keinen Ertrag gibt." Manche Investoren seien schlicht gezwungen, Gelder woanders zu investieren. Noch immer seien die Renditen deutscher und österreichischer Anleihen auf historischen Tiefständen. Die Rabobank unterstützt diese Einschätzung: Es habe zuletzt schlicht ein Überangebot an Emissionen gegeben.

Dennoch sind die Probleme Europas nicht wegzudiskutieren. Deutschlands Kanzlerin Angela Merkel pocht darauf, begonnene Reformen in Europa fortzusetzen. Ihr Finanzminister Wolfgang Schäuble versucht zu beruhigen: Er sieht auch für den Fall eines Wahlsieges der Sparkursgegner in Athen keine Gefahr für den Euro.

Italien werde nicht das nächste Land sein, dass unter den Rettungsschirm muss, sofern das Land Montis Reformkurs folge. Dieser räumte ein, dass Italien in der Vergangenheit als undiszipliniertes Land dagestanden sei. "Aber momentan ist Italien disziplinierter als viele andere europäische Länder." Auch die OECD lobte das Land. Es stünde zu Unrecht im Visier der Finanzmärkte.

Geld für Zypern

Fixer Hilfskandidat scheint hingegen Zypern zu sein: Das Land braucht Hilfe, um angeschlagenen Banken zu helfen. Vor allem die Nr. 2, Cyprus Popular, bereitet dem Land Sorgen. Finanzminister Vassos Shiarly meinte am Mittwoch, dass es eine hohe Wahrscheinlichkeit gebe, dass der Staat bei der Refinanzierung helfen müsse. Das Volumen ist aber überschaubar: Vize-Europaminister Andreas Mavroyiannis am Mittwoch: "Wir sprechen über drei bis vier Milliarden Euro maximal."

"Wir haben wenig Alternativen zum Euro"

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Die Schuldenkrise mit einer Aufgabe des Euro zu beenden, ist für Walter Rothensteiner, Chef der Raiffeisen Zentralbank (RZB), keine Option. "Wenn wir sagen, wir hören mit dieser Währung auf, bricht das Chaos aus und wir sind auch nicht reicher", sagte Rothensteiner am Mittwoch vor Journalisten. Es gebe wenig Alternativen zum Euro.

Auch ein Austritt Griechenlands löse die Probleme nicht. Sollte es zu einem Kollaps der griechischen Banken kommen, seien die heimischen Finanzinstitute, aber auch ihre Ost-Töchter, darauf vorbereitet. "Wir haben alle unser Risikomanagement", betonte er. Aussagen, wonach ein Zusammenbruch der griechischen Banken einen Flächenbrand in Osteuropa auslösen könnte, teilt Rothensteiner nicht.

Der RZB-Chef vermisst positive Aussagen zum Euro: "Seit Einführung der Währung habe ich nichts Positives gehört." Tatsächlich aber würden Exporteure klar vom Euro profitieren. Auch der Wegfall des Wechselkursspesen sei vorteilhaft.

Raiffeisen-Generalanwalt Christian Konrad kritisierte die schwachen Politiker in Europa. "Das politische Personal ist gegenwärtig nicht in der Lage, nachhaltige Entscheidungen zu treffen. Daher ist das Vertrauen nicht gegeben", unterstrich Konrad bei einem Kundenempfang der Bank. Europa bräuchte charismatische führungspersönlichkeiten.

Bankenunion

Skeptisch sieht RZB-Chef Rothensteiner die Pläne der EU für einen Bankenunion. Es sei schwer vorstellbar, dass österreichische Sparer für griechische Bankeinlagen hafteten. Er wäre dafür, die österreichische Einlagensicherung zu behalten. Eine Bankenunion könne nur der Schluss einer Finanzunion sein und nicht der Beginn. "Jetzt darüber zu reden und nicht zu wissen, welche Rahmenbedingungen es dafür gibt, ist nicht sinnvoll", ist der RZB-Chef überzeugt.

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