Das bestätigen auch die Weinhandelskette Wein & Co: Zwar bleibe der entalkoholisierte Wein ein Nischenprodukt, der Anteil am Umsatz steige aber jedes Jahr deutlich. 2019 lag er bei lediglich 0,17 Prozent, bis Ende 2025 erwartet das Unternehmen, dass der Anteil am Gesamtumsatz auf 3,5 Prozent ansteigt.
Das Geschäft mit alkoholfreien Alternativen entwickle sich gerade „zu einer strategisch wichtigen Wachstumsäule“, teilt das Unternehmen dem KURIER mit.
Hoher Preis wegen des großen Aufwands
Und das auch wegen des höheren Preises für alkoholfreien Wein. Dieser ist nämlich nicht nur auf geschicktes Marketing zurückzuführen, sondern liegt auch an dem aufwendigen technologischen Verfahren, das der Rebensaft durchläuft.
Denn auch alkoholfreier Wein ist erst einmal einfach nur klassischer Wein, bis er entalkoholisiert wird. Hierfür gibt es verschiedene Verfahren, die in großen Anlagen durchgeführt werden.
Die gängigste Methode ist die sogenannte Vakuumdestillation, bei der der Siedepunkt des Alkohols durch geringen Druck gesenkt und der Wein gleichzeitig auf rund 30 Grad Celsius erhitzt wird. Im Anschluss werden Aromen aus dem Destillat dem Wein wieder zugesetzt, um ihn geschmacklich aufzuwerten.
Der Alkoholgehalt des Weins ist nach dem Prozess geringer als 0,5 Volumsprozent.
Neuartige Methode soll Geschmack schonen
Bei einer anderen neuartigen Methode wird dem Wein ein Gemisch aus Alkohol und Wasser entzogen und nur dieses erhitzt, damit der Alkohol verdampft. So kann der Wein entalkoholisiert werden, ohne gänzlich erwärmt zu werden, was den Geschmack schonen soll.
Weinbauer Michael Allacher aus dem burgenländischen Gols lässt seinen Wein nach der zweiten Methode entalkoholisieren. Rund 60.000 Flaschen alkoholfreien Wein produziert er so jedes Jahr. Die Mehrkosten, die ihm durch die alkoholreduzierende Verarbeitung seines Rebensaftes entstehen, schätzt er auf mehr als zwei Euro pro Flasche.
Hinzu kommen Transportkosten, denn zur Entalkoholisierung bringt der Winzer seinen Wein ins deutsche Edesheim nahe der französischen Grenze. In Österreich gibt es bislang keine Entalkoholisierungsanlage. Zu gering sei hierzulande die Menge an Wein, dem der Alkohol entzogen werden soll.
1,5 Millionen Liter Liter wären notwendig
1,5 Millionen Liter pro Jahr wären Experten zufolge notwendig, damit sich eine solche Anlage rentiert. Davon sind die heimischen Winzer noch weit entfernt. Doch die Menge an alkoholfreiem Wein nimmt hierzulande stetig zu.
Allacher erzählt, er hätte selbst schon überlegt, sich eine Anlage zur Entalkoholisierung zuzulegen. Das Investment von rund einer Million war ihm aber bisher zu groß. „Da warte ich lieber noch ab und beobachte, wie sich der Markt in Zukunft entwickelt“, sagt Allacher dem KURIER.
Josef Glatt, Direktor des Österreichischen Weinbauverbands, ist überzeugt, dass in Österreich eine Anlage installiert wird, wenn die Nachfrage nach Entalkoholisierung weiter zunimmt. Er betont aber auch, dass es egal sei, wo dem Wein der Alkohol entzogen wird. „Der technische Schritt ist sekundär. Wichtig für die Qualität ist, woher die Trauben kommen“, sagt Glatt dem KURIER.
Und gerade diese Qualität hätte in den vergangenen paar Jahren stark zugenommen. Entalkoholisierter Wein ist nämlich keine neue Erscheinung, sondern wird bereits seit mehreren Jahrzehnten hergestellt – und seit einigen Jahren auf einem vergleichsweise hohen geschmacklichen Niveau.
Einen wohlschmeckenden Wein ohne Alkohol herzustellen, stellt aber auch heute noch eine Herausforderung dar. Das gelte vor allem für Rotweine, bei denen ein großer Teil des Trinkgefühls mit dem Alkoholgehalt verknüpft sei, sagt Winzerin Katja Bernegger vom Weingut Heribert Bayer im Gespräch mit dem KURIER.
Alkohol als wichtiger Geschmacksträger im Wein
Generell könnten nur aus qualitativ hochwertigen Grundweinen auch gute entalkoholisierte Weine werden. Das liege daran, dass Alkohol ein wichtiger Geschmacksträger im Wein ist, der Aromen wie etwa Säure oder die Bitterkeit von Gerbstoffen abrundet. Wird er dem Wein entzogen, kommen diese Geschmäcker stärker zum Vorschein.
„Die Entalkoholisierung von Wein ist wie, wenn jemand das Make-Up abnimmt. Der Wein ist dann ungeschönt“, so Bernegger. Um den fehlenden Alkohol als Geschmacksträger zu ersetzen, wird dem Wein Zucker zugesetzt, etwa durch Mostkonzentrat. Bernegger gibt Zucker nur in Maßen hinzu, um „dem Wein nicht seine Ecken und Kanten zu nehmen“, wie sie sagt.
Insgesamt findet sie es schwierig, alkoholhaltigen und entakoholisierten Wein geschmacklich zu vergleichen. Konsumenten müssten verstehen, dass es sich um eine ganze eigene Kategorie handelt: „Das muss doch klar sein: Wenn ein Wein 14 Prozent Alkohol beinhaltet und man diese 14 Prozent entfernt, kann man nicht erwarten, dass das Ergebnis wie 100 Prozent schmeckt.“
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