Aldi und Lidl fegen über Insel hinweg
Es klingt wie eine Kampfansage an Tesco, der britischen Nummer eins im Lebensmittelhandel: Die Manager vom deutschen Konkurrenten Lidl haben Broschüren an britische Makler verschickt, in denen sie kundtun, dass sie allein in London 281 neue Standorte suchen. Nicht nur am Stadtrand, wo die meisten der zehn Lidl-Märkte der Stadt stehen, sondern auch in Westminster, Chelsea und Kensington. Also in den teuersten Gegenden Londons. Lidl macht sich auf der Insel breit. Der Diskonter hat bereits ein Filialnetz mit 600 Märkten über Großbritannien gezogen.
Mit ihrer aggressiven Expansion treiben Lidl und auch der deutsche Diskonter Aldi Süd (in Österreich unter dem Namen Hofer vertreten) die Manager der bisher stolzen britischen Ketten vor sich her. Sowohl Tesco, mit 29 Prozent Marktanteil die unangefochtene Nummer eins, als auch Morrisons und Waitrose verlieren Marktanteile. Probleme haben aber nicht nur die neuen Anbieter gebracht. Zum Teil sind sie auch hausgemacht.
Tesco hat nach einem starken Expansionskurs die Kosten nicht mehr im Griff, rechnen Experten vor. Das weiß auch Tesco-Chef David Lewis. Um Verkaufsflächen von bis zu 40.000 Quadratmetern zu bespielen, holt er sich bereits Untermieter in die Läden. Unter dem Dach von Tesco kann man so auch beim britischen Sportartikeldiskonter Sportsdirect shoppen oder auch gleich ins angeschlossene Fitnesscenter gehen. Für Tesco hat das allerdings einen negativen Nebeneffekt: Diese Flächen müssen in der Folge neu bewertet werden – mit einem geringeren Wert als jene, auf denen Tesco Lebensmittel verkauft. Tesco soll sein Immobilien-Portfolio deswegen um zumindest eine Milliarde Pfund wertberichtigen müssen, schreibt der britische Guardian.
In den Läden schwingt Tesco den Preishammer, um nicht noch mehr Kunden an die Neo-Billigkonkurrenz aus Deutschland zu verlieren. Das drückt freilich auf die Margen, die ohnehin nicht so groß sind wie bei Diskontern. Diese führen relativ wenige Artikel, pressen diese aber massenhaft in den Markt und drücken damit die eigenen Einkaufspreise nach unten. Ein Spiel, bei dem Tesco nicht mitspielen kann. Konsumenten erwarten von der Kette zig Sorten und Geschmacksrichtungen von jeder Limo und Schokolade.
Unter dem Strich hat das enorme Folgen für den Lebensmittelriesen: Im ersten Geschäftshalbjahr (per Ende August) ist Tescos operativer Gewinn – bereinigt um die Kosten für den Konzernumbau – um mehr als die Hälfte auf 354 Millionen Pfund (479 Millionen Euro) gesunken.
Teurer Umbau
Die Kosten für Filialumbauten und -schließungen sowie Investitionen ins verbesserte Sortimente und Services drückten Tesco in die Verlustzone. Im Vorjahr hatte der Händler noch ein Plus von sechs Millionen Pfund verbucht, heuer blieb ein Verlust von 368 Millionen Pfund. Der Umsatz gab – ohne Tankstellenverkäufe – um 1,9 Prozent auf 23,9 Milliarden Pfund nach. Auch das starke britische Pfund belastete im Vergleich zu vielen Auslandswährungen. Auf der Suchen nach Einnahmequellen hat Tesco zuletzt in Südkorea so richtig Cash gemacht.
Mit dem Verkauf der Tochter Homeplus und ihren mehr als 1000 Filialen. Angeblich hat Tesco dafür gut vier Milliarden Pfund (5,5 Milliarden Euro) kassiert. Homeplus gilt mit einem Jahresumsatz von 5,4 Milliarden Pfund und 26.000 Mitarbeitern in Supermärkten, Hypermärkten und Einkaufszentren als größter Lebensmittelhändler in Südkorea. Mit dem Geld, das Tesco mit dem Verkauf des gesamten Südkorea-Geschäftes gemacht hat, wollen die Briten vor allem ihre Schulden abbauen. Diese betrugen zuletzt 22 Milliarden Pfund.
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