AirBerlin-Chef: Fliegen wird bald teurer

Hartmut Mehdorn, Chef der sechstgrößten Airline in Europa, muss ein rigoroses Sparpaket durchziehen. Die Passagiere werden künftig tiefer in die Tasche greifen müssen.
Steuern und hohe Treibstoffpreise werden Fliegen verteuern, bedauert Hartmut Mehdorn. Im KURIER-Interview teilt er kräftig gegen die Politik aus.

Über die Krise in der Luftfahrt und die Antwortversuche der Air Berlin spricht Vorstandschef Hartmut Mehdorn.KURIER: 2011 war für Air Berlin ein Jahr der Rekorde. Höchste Passagierzahl, aber auch Rekordverlust. Die Prognosen für die Luftfahrt sind alles andere als erfreulich, wie wollen Sie 2012 in die schwarzen Zahlen kommen?Hartmut Mehdorn: Es stimmt, die Luftfahrtbranche hat eine Krise. Wir haben uns aber schon Mitte 2011 intensiv damit beschäftigt und ein umfangreiches Kostensenkungs- beziehungsweise Effizienzsteigerungsprogramm eingeleitet. Wir haben früher damit begonnen als andere Airlines, darum bin ich zuversichtlich.Werden Sie 2012 den Turnaround schaffen? Wir haben klare Ziele, die sich jedes Unternehmen setzen muss. In der momentanen Lage unserer Industrie und den Unwägbarkeiten der Märkte geben wir öffentlich keine Prognosen ab. Hinzukommt, dass wir nicht wissen, was die Politik treibt und wie es mit der Wirtschaft weitergeht. 2011 hatten wir extrem hohe Treibstoffpreise und die Luftverkehrssteuer in Deutschland und Österreich. Eine solche Luftverkehrssteuer ist in einer Situation wie der jetzigen riskant und absolut unverständlich.

Also ist die Politik schuld an der misslichen Lage? Natürlich nicht alleine, aber sie hat einen großen Anteil. Die Luftverkehrssteuer beispielsweise und die extremen Preissteigerungen bei Treibstoff haben uns 2011 Mehrbelastungen von ca. 400 Millionen Euro beschert. Das kann ein Unternehmen wie unseres in so kurzer Zeit nicht mehr verdienen, auch wir nicht. Ich verstehe die deutsche und österreichische Regierung nicht, die Maßnahmen sind willkürlich und gefährden die Luftfahrtbranche in Deutschland und Österreich. Ausländische Airlines werden eindeutig bevorteilt.

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Werden Sie sich mit Erhöhungen bei den Ticketpreisen behelfen müssen? Preissenkungen wären mir lieber. Aber wenn uns die Regierung zusätzliche Steuern auferlegt und wir ständig neue Belastungen kompensieren müssen, wie sollen wir da billiger werden? Die Preise werden sich leider nach oben entwickeln.Um wie viel wird Fliegen in etwa teurer?Ich kann keine Pauschalprognose machen, das hängt von den Strecken ab. Aber wir werden das offen kommunizieren und wir werden unseren Kunden auch genau so klar sagen, woran es liegt.Die AUA zieht gerade ein rigoroses Sparpaket durch. Haben Air Berlin und NIKI künftig härtere Konkurrenz zu erwarten?Wie alle muss auch die AUA ihre Hausaufgaben machen und wird das auch tun. Eine AUA-Neu wird sicher ein schärferer Wettbewerber. Aber wir bleiben ja nicht sitzen und warten. Wir sind ein Ziel, das sich schnell und geschickt bewegt.Was bringt das den Kunden?Für die Kunden ist Wettbewerb immer gut. Stellen sie sich vor, die Kunden hätten nur die AUA. Da wären die Preise wesentlich höher. Air Berlin mit NIKI spielt in Deutschland und Österreich eine ganz wichtige Rolle für den Wettbewerb und damit für unsere Kunden. Es gibt Gerüchte, DO & CO fliegt bei NIKI als Caterer hinaus. Bei Air Berlin ist jeder Lieferant im Wettbewerb, auch DO&CO. Auf dem Catering-Markt herrscht ein enormer Wettbewerb und Preisdruck. Entscheidend sind immer Qualität und Preis. Das heißt weder Ja noch Nein.Ganz genau was ich sage. DO&CO ist ein guter Caterer. Wenn sie bei unseren Ausschreibungen ein gutes Angebot vorlegen, davon gehe ich aus, dann bleiben sie. Schaffen sie das nicht, dann kommt jemand anderer.

 

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Was sagen Sie zur Gründung eines Betriebsrates bei NIKI?Wir sind weder gegen Betriebsräte noch gegen Gewerkschaften. Ich gehe davon aus, dass wir einen konstruktiven Dialog zum Wohl des Unternehmens führen werden. In allen Unternehmen, in denen ich bisher tätig war, hat das gut geklappt.Herr Lauda sitzt als Gründer von NIKI im Board bei Air Berlin. Wie kommen Sie mit ihm aus?Ich kenne ihn schon lange, er ist ein erfahrener Wolf in dieser Branche und liebt die klare Sprache – wie ich auch. Wir sind froh, dass wir ihn als Experten haben und seine Erfahrungen nutzen können.Sie haben billig 30 Prozent von Air Berlin an Etihad abgegeben. Wären Sie ohne den neuen Partner pleitegegangen?Nein, da hätte schon mehr passieren müssen. Wir wären auch ohne Etihad Airways über den Winter gekommen. Aber wir haben nun einen großen, strategischen Partner, mit dem wir unser Netzwerk über den neuen Hub in Abu Dhabi ausbauen können. Unsere Kunden können mit höchstem Komfort nach Asien und Australien fliegen. Und wir sind Mitglied in der Luftfahrtallianz Oneworld. Das sind alles sehr positive Entwicklungen.Davon erhoffen Sie sich offenbar sehr viel.Ja, unsere Kunden haben damit ein weltweites Netzwerk von mehr als 800 Destinationen. Mit Etihad Airways und Oneworld sind wir in die Champions League aufgestiegen.Air-Berlin-Gründer Hunold hat zum Abschied mehr als 4 Millionen Euro Abfertigung und eine Firmenpension von 438.000 Euro im Jahr bekommen. Ist das angesichts des Erbes, das er hinterlässt, gerechtfertigt?Wir leben in einer zivilisierten Welt in Mitteleuropa, da gibt es Verträge, die einzuhalten sind. Darüber hinaus möchte ich darauf hinweisen, dass Joachim Hunold das Unternehmen gegründet und groß gemacht hat, das war eine einmalige Leistung in der Luftfahrtgeschichte in Europa. Air Berlin ist keine Nischenairline mehr, sondern hat sich gegen die drei großen im europäischen Markt, Lufthansa, Air France und British Airways, gut etabliert.

Zur Person: Der gefürchtete Sanierer Karriere Seit September 2011 steht Hartmut Mehdorn an der Spitze von AirBerlin. Der studierte Techniker, 69, war Vorstand der Deutschen Aerospace und von 1999 bis 2009 Chef der Deutschen Bahn. Er sanierte den Koloss und drehte den Verlust von 1,5 Milliarden Euro auf 2,5 Milliarden Gewinn. Air Berlin Mit 9200 Mitarbeitern Nummer zwei in Deutschland und Nummer sechs in Europa. 170 Flugzeuge, 35,3 Millionen Passagiere, 171 Destinationen. Zu rasche Expansion, 272 Millionen Euro Verlust im Vorjahr, 800 Mio. Euro Verschuldung. In Österreich Platz zwei hinter der AUA.

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