Klimabonus-Aus trifft Ärmere hart: Was man dagegen tun könnte

Ärmere Haushalte erhalten nach dem Aus des Klimabonus kein Geld mehr, um höhere Heizkosten zu decken
Zusammenfassung
- Streichung des Klimabonus in Österreich erhöht Lebenshaltungskosten, besonders für einkommensschwache Haushalte.
- Wissenschaftler schlagen verschiedene Rückvergütungsmodelle vor, um soziale Ungleichheit durch CO2-Bepreisung zu verringern.
- Indirekte Rückvergütungen wie öffentlicher Verkehrsausbau oder Gebäudesanierung könnten ärmeren Haushalten genauso wie eine neue Form des Klimabonus helfen.
Bis 31. März erhielten manche Österreicher noch ihren Klimabonus für 2024 ausgezahlt. Nun ist Schluss mit der Ende 2022 eingeführten staatlichen "Bonuszahlung". Die neue Regierung hat sie gestrichen, um das Budget zu sanieren. Rund 2 Milliarden Euro will man dadurch sparen. Für die Bevölkerung steigen dadurch aber die Lebenshaltungskosten. Einkommensschwache Haushalte seien ungleich stärker betroffen, warnen Wissenschafter.
Soziale Auswirkungen des CO2-Preises abfedern
Im Grunde war der Klimabonus als Rückvergütung von Kosten gedacht, die Österreichern durch die Einführung des CO2-Preises entstanden. Kraft- und Heizstoffe wurden dadurch teurer. Für Unternehmen und Privatpersonen wird es dadurch attraktiver, auf weniger CO2-intensive Heiz- und Mobilitätsformen umzusteigen. Der Klimabonus sollte Privatpersonen entlasten, denen hier zu wenig Alternativen zur Verfügung standen. Durch eine regionale Staffelung erhielten Bürger am Land - die mehr auf Privat-Pkw angewiesen sind - teilweise doppelt so viel Geld wie Bewohner von Städten mit gut ausgebautem Öffi-Netz.
"CO2-Bepreisung wird weltweit eingesetzt. Sie ist sinnvoll, weil sie eine effektive Maßnahme ist, um Emissionen zu reduzieren", sagt Thomas Leoni, Leiter der Fakultät Wirtschaft an der FH Wiener Neustadt bei einem Gespräch, zu dem Diskurs - Das Wissenschaftsnetz am Montag einlud. Das große Problem seien negative soziale Auswirkungen. "Ein älteres Ehepaar am Land, das ein Auto braucht und in einem Haus mit Ölheizung lebt, ist durch den CO2-Preis ganz anders belastet als ein junges Paar in einer städtischen Wohnung, auch wenn das Einkommen gleich ist." Manchen Bevölkerungsgruppen falle der Umstieg auf weniger CO2-intensive Technologien leichter als anderen.
Wie man steigende Lebenshaltungskosten wieder senkt
In vielen Staaten wurden deshalb Rückvergütungsmodelle eingeführt. Laut Leoni gäbe es über 70 unterschiedliche Mechanismen. Die verschiedenen Rückvergütungsoptionen wurden in Studien untersucht. Verglichen wurden etwa ein Klimabonus für alle Haushalte ohne Differenzierung, ein Klimabonus nur für niedrige Einkommen, eine Senkung der Lohnnebenkosten oder eine Senkung der Mehrwertsteuer auf Güter des Grundbedarfs.
Wie sich zeigt, steigen die Lebenshaltungskosten im Schnitt um rund 2 Prozent, wenn der CO2-Preis bei 90 Euro pro Tonnen angenommen wird. Derzeit liegt er bei 55 Euro, aber Jahr für Jahr steigt er weiter an. Für Haushalte in unteren Einkommensbereichen, vor allem für jene im ländlichen und suburbanen Raum, ist die Belastung höher, am niedrigsten ist sie in den obersten Einkommensbereichen. Mit einem Klimabonus ergibt sich ein ganz anderes Bild: Hier kommt es in den unteren Einkommensbereichen sogar zu einer Reduktion der Lebenshaltungskosten (2 Prozent ohne Einkommensdifferenzierung, 4 Prozent mit), während sie für die oberen geringfügig steigen würden (1 bis 1,5 Prozent).

Der Klimabonus war dort höher, wo es weniger gut ausgebaute Öffi-Anbindungen gibt
Ohne Rückvergütung steigt die Ungleichheit
Eine Reduktion der Mehrwertsteuer brächte geringere Lebenshaltungskosten für alle Bevölkerungsschichten. Die niedrigste Entlastung würden dabei aber Landbewohner erfahren. Außerdem gäbe es so gut wie keine Reduktion der sozialen Ungleichheit, gemessen mit dem Gini-Koeffizienten. Ein Klimabonus nur für niedrige oder mittlere Einkommen brächte die größten Veränderungen. Ohne Rückvergütung steigt die Ungleichheit um 0,5 Prozent an. Reiche werden ein bisschen reicher, Arme werden ein bisschen ärmer.
Laut Klimarisikoforscherin Judith Köberl von Joanneum Research könne man mit einer ganzen Reihe von Rückvergütungssystemen die "wohlfahrtsreduzierenden Effekte" der CO2-Bepreisung abfedern. Egal, ob man eine Form des Klimabonus pauschal, einkommensabhängig oder regionsabhängig (Stadt/Land) gestaltet, ärmeren Haushalten könnte man damit gezielt unter die Arme greifen.
Öffi-Ausbau oder Hilfe bei Gebäudesanierung
Eine Rückvergütung könnte aber auch auf anderen, indirekten Wegen erfolgen, sagt Köberl. "Man könnte mit Einnahmen durch die CO2-Bepreisung etwa öffentliche Verkehrsmittel ausbauen, einkommensschwachen Bürgern Gratis-Fahrten ermöglichen oder das Geld in die thermische Gebäudesanierung stecken." Kosten für das Wohnen treffen die untersten Einkommensbereiche nämlich noch stärker als Mobilitätskosten. Auf ein eigenes Auto kann man z. B. eher verzichten als auf das Heizen der Wohnung.
Sozialfonds der EU und nationale Maßnahmen
Hoffnungen setzen die Forscher auf die Ausweitung des europäischen Emissionshandelssystems auf Gebäude und Verkehr (EU-ETS 2). Ab 2027 sollen Kraft- und Heizstofflieferanten Emissionen kompensieren müssen. Die daraus entstehenden Einnahmen sollen teilweise in einen Klima-Sozialfonds der EU fließen, der finanzschwächere Haushalte und Kleinstunternehmen unterstützen wird.
Unterdessen könnte auch die österreichische Regierung etwas dagegen tun, dass der CO2-Preis für mehr Ungleichheit sorgt. "Man könnte etwa den Klimabonus reformieren, damit er nicht so breit ausgestreut wird, aber vulnerablen Gruppen immer noch zugute kommt", sagt Köberl. Es gäbe bereits die Idee, die Rückvergütung über die Pendlerpauschale abzuwickeln, erzählt Leoni. "Wir wissen aber, dass die Pendlerpauschale auch nicht sozial treffsicher ist." Außerdem werde dadurch nur Mobilität, nicht das Wohnen erfasst.
Evidenzbasierte Entscheidungen besser kommunizieren
Egal, welche Art der Rückvergütung die Regierung plane, die Kommunikation dazu sollte im besten Fall besser laufen als beim bisherigen Klimabonus. "Viele Leute haben auf einmal Geld am Konto gehabt und nicht gewusst, woher und wofür", sagt Leoni. Mit genauen Studienergebnissen will man jedenfalls dazu beitragen, dass die Politik evidenzbasierte Entscheidungen treffen kann.
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