Ärger über Billigflieger und Freude über Luxus-Schiffe

Rund 150.000 Kreuzfahrten werden jährlich in Österreich gebucht
Warum viel für Kreuzfahrten geworben wird, obwohl diese ein Minderheitenprogramm sind, erklärt Rewe-Touristik-Chef Fast

Martin Fast hat vor 20 Jahren Billa-Reisen als Direktvertrieb aufgebaut – ein damals revolutionärer Schritt, mit dem er sich in der Branche viele Feinde gemacht hat. Im KURIER-Gespräch spricht der Geschäftsführer der Rewe Austria Touristik über Turbulenzen im Feriengeschäft, Billigflieger und neue Ferienziele.

KURIER: Wollen jetzt alle eine Schiffsreise machen oder warum scheint es keine anderen Angebote mehr zu geben?

Martin Fast: Der Eindruck trügt sicher, weil der Werbedruck für Kreuzfahrten überproportional hoch ist.

Warum?

Schiffskabinen sind ein verderbliches Gut. Ist die Kabine nicht besetzt, wenn das Schiff ablegt, war’s das. Also stecken Reeder viel Geld in Werbung und bieten den Veranstaltern gute Deals an. Damit sind Kreuzfahrten ein lukratives Geschäft, in das viel Werbebudget gesteckt wird.

Wie viele Österreicher machen solch eine Reise?

Es sind rund 150.000 Passagiere im Jahr. Zum Vergleich: 1,3 Millionen Österreicher buchen eine Pauschalreise. Bei uns machen Kreuzfahrten einen einstelligen Prozentsatz vom Umsatz aus.

 

Ärger über Billigflieger und Freude über Luxus-Schiffe

Martin Fast ist seit 20 Jahren Chef der Rewe-Austria-Touristik

 

 

In Wien sind neue Billigflieger am Start. Schadet das Ihrem Geschäft, weil man sich seine eigene billige Reise basteln kann?

Natürlich ist mir das nicht egal. Mit den Kampfpreisen wird das Produkt Reise völlig verramscht. Der Kunde hat gar kein Gefühl mehr, was ein fairer Preis ist. Und wohin diese Preispolitik führt, haben wir ja am Beispiel der Air Berlin-Pleite gesehen. Ich kann Ihnen schon heute garantieren, dass einige dieser Billigairlines in ein paar Jahren nicht mehr am Start sein werden.

 

Ärger über Billigflieger und Freude über Luxus-Schiffe

Die Pleite der Air Berlin sorgte 2018 für Turbulenzen in der Reisebranche

 

 

Was Schleuderpreise angeht, sind Reiseveranstalter auch nicht fad. Städtetrips mit vier Übernachtungen um 300 Euro sind auch keine Ausnahme ...

Das ist aber nicht unser Geschäft. Wir machen vor allem saisonale Pauschalreisen und weniger Städtetrips. Was mich bei den Airlines so stört ist, dass gedumpt wird, bis alle Konkurrenten ausgeschalten sind, sprich die Fluglinie allein auf einer Strecke ist. Dann gehen die Preise ganz schnell nach oben. Das sieht man immer wieder.

Wie viele Passagiere musste Rewe Touristik 2018 wegen der Turbulenzen am Flughimmel umbuchen?

Es waren mehr als 10.000. Ich werde jetzt keine Details verraten, aber für das Ergebnis bedeutet das nichts Gutes.

Reiseveranstalter betonen an dieser Stelle gern, dass die Kunden wenigstens gesehen haben, dass es sich auszahlt beim Veranstalter zu buchen ...

... weil der sich im Fall des Falles um alles kümmert. Ja, das mag so sein. Aber der Kostenfaktor war halt auch nicht budgetiert.

Sie sind seit 1998 Chef der Rewe Touristik Austria. Ist das Geschäft noch dasselbe?

1998 war ich die Persona non grata in der Branche, weil ich mit ITS Billa Reisen mit dem Direktvertrieb begonnen habe. Die Reisebüros haben das als Affront gesehen und Angst gehabt, dass wir ihnen das Geschäft abgraben. Sie haben auf die AUA so einen Druck ausgeübt, dass wir bei der Airline keine Kapazitäten für unser Pauschalreisen bekommen haben.

Wer ist eingesprungen?

Transavia, eine Tochter der KLM, die bei uns aber keiner gekannt hat. Alle haben gedacht, dass ist ein Fluglinie aus Transsilvanien. Anfangs war das Vertrauen nicht sehr groß (lacht). Jedenfalls ist es heute ganz normal, dass jeder Veranstalter auch seine eigenen Vertriebswege hat – ob Reisebüro oder Homepage. Und Flüge werden meist auch direkt bei der Fluglinie gebucht – das hat vor 20 Jahren so gut wie niemand gemacht.

Jetzt ist die klassische Zeit für Skiurlaube. Werden diese noch so häufig gebucht wie vor 20 Jahren?

Der klassische einwöchige Skiurlaub definitiv nicht. Wir haben ja gemeinsam mit Hermann Maier und Rainer Schönfelder die Cooee-Alpin-Hotels gegründet, um Familien ein günstiges Quartier anbieten zu können. Die Hotels sind dann freilich auch nicht in den teuersten Skigebieten. Aber man kann es drehen und wenden wie man will: Eine Woche Skifahren kostet letztlich so viel wie eine Fernreise.

 

 

Ärger über Billigflieger und Freude über Luxus-Schiffe

Martin Fast: "Eine Woche Skifahren kostet letztlich so  viel wie eine Fernreise."

 

Sie haben im Sommer erstmals Albanien-Reisen im Katalog. Ist das der Versuch, etwas Ausgefalleneres in den Einheitsbrei der Pauschalreisen zu rühren?

Albanien sorgt sicher für Aufsehen. Zugegebenermaßen gab es in der ganzen Branche kaum mehr Innovationen in den vergangenen 20 Jahren – zumindest in unserem „Badewanne Mittelmeer“-Stammgeschäft.

Warum Albanien?

Auch, weil Südalbanien mit der Fähre nur 20 Minuten von Korfu entfernt ist und dort die Bettenkapazität enden wollend ist.

 

 

Ärger über Billigflieger und Freude über Luxus-Schiffe

Rewe Touristik will den Strandurlaub in Albanien forcieren

 

Welche Destinationen buchen die Österreicher für 2019?

Die Türkei und Tunesien sind wieder zurück, auf der Fernstrecke sind die Malediven und die Dominikanische Republik gefragt.

Wie wirkt sich das auf andere Destinationen aus?

Ich denke, Bulgarien wird heuer sicher Probleme haben, weil das Land zuletzt eine Alternative zur Türkei war. Auch Kroatien wird nicht mehr so überlaufen sein, was auch mit Tunesien zusammenhängt. Mit dem Auto nach Kroatien zu fahren war preislich etwa in der Liga eines Flugurlaubs nach Tunesien.

Wird es 2019 wieder mehr Last-Minute-Angebote geben?

Sie sind ein nicht wegzudiskutierender Teil des Geschäfts. Man darf aber nicht vergessen, dass die günstigen Angebote meist für Gebiete gelten, die gerade nicht so angesagt sind. Zuletzt war das die Türkei. Und in letzter Minute hat man eben auch wenig Entscheidungsmöglichkeiten – man muss nehmen, was übrig ist. Und das ist nicht immer automatisch ein billiges Angebot.

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