A g’sunde Watsch’n für Österreich

Die Haftungen der Länder für ihre Hypos laufen großteils 2017 aus. Die Risiken sinken jährlich.
Die Verschlechterung der Bonität von Landeshaftungen gilt als Warnung.

Der Schlag, den die US-Ratingagentur Moody’s Dienstagnachts einigen österreichischen Bundesländern versetzt hat, sollte sitzen: Die Kreditwürdigkeit der Garantien der Länder Tirol und Vorarlberg für ihre Hypothekenbanken und die Haftungen Wiens für die Bank Austria wurde verringert.

Der Grund: Zweifel an der Werthaltigkeit der Garantien dieser Bundesländer, ausgelöst durch die Diskussionen über eine Beteiligung der Anleihe-Besitzer am Verlust der Hypo Alpe-Adria Bank. Die Landeshypothekenbanken von Tirol und Vorarlberg versuchen zwar jetzt, das verschlechterte Rating kleinzureden, besorgt sind sie dennoch.

Neue Dimension

A g’sunde Watsch’n für Österreich
"Es geht jetzt nicht mehr nur um die Hypo Kärnten, sondern um die Bonität von Bundesländern", sagt Claus Fischer-See, Generalsekretär des Verbandes der Hypothekenbanken im Gespräch mit dem KURIER.

Die Verbandsmitglieder hätten denn auch schon Finanzminister Michael Spindelegger einen Besuch abgestattet, um klarzustellen, wie ernst die Lage sei. Fischer-See ist überzeugt, dass Österreich die Inhaber der landesgarantierten Anleihen der Hypo-Kärnten nicht zur Kasse bitten werde: "Das, was ihnen versprochen wurde, wird gehalten werden. Das verlangt auch die Reputation des Finanzplatzes Österreich."

Auch Leopold Fragner, Vizechef der Hypo Oberösterreich, warnt vor "neuen Dimensionen", die eine Nicht-Auszahlung der landesgarantierten Hypo-Kärnten-Anleihen mit sich bringen könnte. "Die Diskussion über die Bonität könnte irgendwann von den Bundesländern auf die Republik Österreich überschwappen. Das wären Effekte, die ziemlich heftig sind", befürchtet er.

Bis jetzt hat der Warnschuss durch Moody’s die Kurse der betroffenen Anleihen der Hypos noch nicht gedrückt. Denn die Ratingagentur geht in ihrer Stellungnahme nach wie vor davon aus, dass die Garantien für die Anleihen halten. "Wenn diese aber gebrochen werden, geht es bergab", ist Fragner überzeugt.

Die landläufige Meinung, vor allem Spekulanten und Hedge Fonds hätten die landesgarantierten Hypo-Anleihen gekauft, ist übrigens weit weg von der Realität. Die Bonds liegen fast ausschließlich in den Anleihenfonds großer österreichischer, deutscher und Schweizer Banken. "Diese Anleihen gelten als mündelsicher und sind damit die konservativste und sicherste Veranlagung, die es außer dem Sparbuch gibt", betont Fragner.

Ende absehbar

Landesgarantierte Anleihen der heimischen Hypos laufen zum größten Teil 2017 aus. Dann sind sie Geschichte. Die EU hat nämlich die Emission solcher Bonds, die meist zehn Jahre Laufzeit haben, mit Ende März 2007 abgestellt. Im Vorfeld dieser Änderung haben die Hypos allerdings die Haftungen stark genutzt.

Für Anleger, die Anleihen des pleitegegangenen Baukonzerns Alpine gekauft haben, ist es fix: Sie erleiden Verluste von 95 bis 98 Prozent. Besitzer von Hypo-Anleihen mit Landeshaftung können dagegen – zumindest aus jetziger Sicht – ruhig schlafen. Wilhelm Rasinger, Präsident des Interessenverbandes für Anleger (IVA), ortet hier eine Ungleichbehandlung.

Rasinger ist überzeugt, dass in Sachen Kärntner Hypo "ein systemisches Versagen vorliegt". Zu diesem System gehören die Verantwortlichen in der Bank genauso wie der Aufsichtsrat, der Regierungskommissär, die Wirtschafts- und Abschlussprüfer wie die Politik. "Unsere Regierung ist Teil des Systems", sagt Rasinger. Aus seiner Sicht müsse man sich aber nicht nur über "die aufregen, die versagt haben, sondern auch über die, die profitiert haben". Denn vom "System Hypo" hätten viele profitiert. "Die Milliarden sind ja nicht verschwunden, die haben jetzt nur andere."

Kreditnehmer

Der Anlegerschützer meint nicht nur die ehemaligen Vorzugsaktionäre, sondern auch Kreditnehmer in Südosteuropa, die das ausgeborgte Geld nicht zurückzahlen. "Und da wurde unfassbar vieles gekauft – wie Jachten, Lamborghinis oder Ferraris", so Rasinger. Der IVA-Präsident würde sich "nicht wundern, wenn dieses Geld zum Teil als Spareinlage bei anderen Banken liegen würde". Rasinger tritt dafür ein, dass man diesen "Profiteuren des Systems Hypo" viel mehr zusetzen sollte als bisher.

In der derzeitigen Situation hält Rasinger von einem Untersuchungsausschuss zur Causa Hypo "überhaupt nichts, das bringt außer Kosten nichts". Ob die Hypo kurzerhand in die Pleite geschickt werden soll, darüber hat Rasinger keine dezidierte Meinung. Aber die "starke Ängstlichkeit gegenüber einer Insolvenz ist mir nicht verständlich".

Ein großes Problem ortet Rasinger darin, dass der Posten des Finanzministers schon seit Jahren nicht mit ausgewiesenen Experten besetzt ist. "Ein Lehrling sollte nicht Finanzminister sein, der ist immer von Beratern abhängig", sagt er. Eine derartige Besetzung sei in Schönwetterperioden kein Problem, sehr wohl aber in Zeiten, in denen es kriselt und rasche Entscheidungen gefällt werden müssten.

"Die Hypo-Pleite ist nicht nur ein wirtschaftliches Desaster, sondern vor allem ein Desaster für die Politik", sagt Herbert Kling, Geschäftsführer von meinungsraum.at. Das Marktforschungsinstitut hat für den KURIER zwischen 14. und 16. 2. online 500 Bürger in einer repräsentativen Stichprobe zur Beurteilung der Hypo-Affäre befragt.

Das Ergebnis: 81 Prozent der Österreicher verfolgen die Diskussion, ein Drittel davon intensiv. Und 86 Prozent meinen, dass das Ganze der Glaubwürdigkeit der österreichischen Politik schadet. Besonders kritisch sind die Wähler der Oppositionsparteien. 78 Prozent meinen, dass die Affäre den Ruf des österreichischen Finanzplatzes gefährdet. Wer ist schuld? Hier führt der verstorbene Kärntner Landeshauptmann Jörg Haider. Danach folgen mit einigem Abstand die Bank selbst/die Manager der Bank sowie die Politik und das Land Kärnten.

Jeder Zweite für Pleite

Uneinig ist man bei der Frage, ob die Hypo Alpe-Adria in die Pleite geschickt werden soll. Etwas mehr als die Hälfte ist dafür. Ein ähnlich gespaltenes Meinungsbild ergibt die Frage, ob die Finanzwirtschaft für die Schäden aufkommen soll: 54 Prozent sind dafür. Besonders stark wird diese Meinung übrigens von SPÖ-Wählern vertreten (64 Prozent).

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