Die Abgasskandal bei Dieselfahrzeugen macht auch vor Wohnmobilen keinen Halt. Vor allem jene Wohnmobile sind betroffen, die auf einem Fahrgestell eines Fiat Ducato aus den Baujahren 2014 bis 2019 aufgebaut sind.
Ein Ehepaar aus Oberösterreich hat sich 2018 ein Fiat-Wohnmobil um 61.000 Euro gekauft. Das Fahrzeug weist einen Dieselmotor der Abgasklasse Euro 6b auf. Das Paar klagte mit Hilfe von Anwalt Michael Poduschka Fiat Chrysler Automobiles (FCA), heute Stellantis. Sie forderten 30 Prozent des Kaufpreises als Schadenersatz, weil Fiat „unzulässige Abgas-Abschalteinrichtungen verbaut und damit das Fahrzeug arglistig in Verkehr gebracht habe, die zum Auslieferungszeitpunkt weder typengenehmigungs- noch zulassungsfähig gewesen seien“.
Fiat bestritt, unzulässige Abschalteinrichtungen verbaut zu haben. Das Erstgericht wies die Klage ab, das Berufungsgericht sprach dem Ehepaar zehn Prozent Schadenersatz zu.
„Das Fahrzeug sei mit einer unzulässigen Abschalteinrichtung ausgestattet, was sowohl einen Rechts- als auch einen Sachmangel darstellt“, so das Berufungsgericht. Doch das Gericht ließ eine Revision (durch Fiat) beim Obersten Gerichtshof zu, weil eine höchstgerichtliche Rechtsprechung zu Schadenersatzansprüchen fehle.
Sechs Erkenntnisse
Der Oberste Gerichtshof (OGH) hat mittlerweile in sechs Erkenntnissen grundlegende Entscheidungen getroffen. „Der OGH hat bereits entschieden, dass Mechanismen, die die Abgasreduktion im normalen Betrieb drastisch senken, unabhängig von der Motorschutzausnahme unzulässige Abschalteinrichtungen sind“, so der OGH.
Bei diesem Fiat Wohnmobil kommt hinzu, dass „bereits 22 Minuten nach einem Motorkaltstart die Abgasrückführrate drastisch gesenkt wird, und zwar schon bei Temperaturen knapp unter 20 Grad Celsius, insbesondere bei Temperaturen geringer als zehn Grad Celsius“. Dies passiere ohne Unterscheidung, ob sich das Fahrzeug in einem Prüfzyklus oder Realbetrieb befindet.
Bis 30 Prozent Schadenersatz
Der Autobauer Fiat brachte vor, er habe „davon ausgehen dürfen, dass die Emissionsgrenzwerte nur auf dem Prüfstand einzuhalten seien“. „Den Schädiger trifft die Behauptungs - und Beweislast dafür, dass ihn an der Übertretung eines Schutzgesetzes kein Verschulden trifft“, so der OGH.
Was nicht gelang. Dem Ehepaar wurden zehn Prozent Schadenersatz zugesprochen. „In zwei Fällen hat der OGH meinen Mandanten sogar 30 Prozent Schadenersatz zugesprochen“, sagt Anwalt Michael Poduschka. Laut dem deutschen Anwalt Fabian Heyse sind die betroffenen Fiat Ducato-Dieselmotoren der Baujahre 2014 bis 2019 u. a. in Wohnmobilen der Marke Knaus verbaut.
Massiver Ausstoß
Die Deutsche Umwelthilfe hat Sachverständigen-Gutachten in Sachen Fiat in Auftrag gegeben. Mit dem spannenden Ergebnis, dass bei einem Fiat Ducato Wohnmobil 130 Multijet (Euro 6) nach einem Kaltstart, 30,3 Kilometer Fahrdistanz sowie bei 1,7 bis 6 Grad Celsius Außentemperatur zwischen 861 und 2.377 Milligramm Stickoxide pro Kilometer ausgestoßen werden. Erlaubt sind aber nur 125 mg/km.
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