2016 wird ein Jahr der Autoreisen
Die Tirolerin Helga Freund zieht mit 1. Oktober in den Vorstand der Verkehrsbüro-Gruppe ein. Im KURIER-Gespräch erklärt sie, warum es im nächsten Sommer schwieriger wird, Bettenkontingente in Kroatien oder Sardinien zu bekommen und weshalb Touristen aus Fernmärkten wie den USA vielleicht bald seltener nach Österreich reisen werden.
KURIER: Griechenland macht derzeit mehr mit Flüchtlingen als mit Touristen Schlagzeilen. Wie wirkt sich das auf die Buchungen aus?
Helga Freund: Wir bringen 34.000 Touristen im Jahr nach Griechenland, vor allem nach Rhodos, Kreta, Zakynthos und Santorin, also auf Inseln, die – im Gegensatz zu Lesbos und Kos – nicht betroffen sind. Dennoch haben wir diesen Sommer ein Minus von 4,2 Prozent gegenüber dem Vorjahreszeitraum.
Seit wann zeichnet sich das Minus ab?
Es gab zunächst viele Vorausbuchungen, aber in den letzten Wochen waren die Neubuchungen schwächer. Das war im Vorjahr ganz anders. Auch wetterbedingt. Wegen des schlechten Wetters bei uns sind vergangenen Sommer viele kurzfristig noch weggeflogen.
Glauben Sie, dass aus Übersee infolge der Flüchtlingskrise weniger Touristen nach Österreich kommen werden?
Das ist schwer abzuschätzen. Ich kann mich gut daran erinnern, dass während des Jugoslawien-Kriegs viele US-Reisegruppen nicht nach Österreich kommen wollten. Sie sind auf andere Länder wie England ausgewichen.
Derzeit gibt es viele Krisenherde. Wohin weichen die Veranstalter jetzt aus?
Wir beobachten, dass französische Veranstalter derzeit von Tunesien nach Sardinien und Kroatien ausweichen. Da wird es immer schwieriger, Bettenkontingente zu bekommen. Viele gehen davon aus, dass 2016 ein Jahr der Autoreisen wird. Auch die Flugdestination Türkei hat herbe Einbußen. Bei uns diesen Sommer Minus 12,5 Prozent.
Bei Autoreisen könnte Österreich profitieren. Hoteliers jammern immer, dass sie den Gästen mehr bieten müssen, aber immer weniger verdienen. Stimmt das?
Wir kaufen nicht billiger ein als vor ein paar Jahren. Im Gegenteil. Für nächsten Sommer wollen viele Hoteliers wieder die Preise erhöhen. Ob sie damit durchkommen, werden wir erst sehen. Ich kann nur sagen, dass in Deutschland die Hotels auch nicht teurer sind als bei uns.
Machen Sie sich Sorgen um die Wettbewerbsfähigkeit des Tourismuslandes Österreich? Im internationalen Vergleich verlieren wir Marktanteile …
Es wird mehr auf eigene Faust gebucht. Werden Sie bald Beratungsgebühren verrechnen?
Wir überlegen das bei den Ruefa-Reisebüros, weil viele Kunden sich ein umfangreiches Angebot ausarbeiten lassen, sich dann aber nicht mehr melden. Bei einer Buchung würden wir die Gebühr aber nicht einheben.
In Deutschland haben Sie Zuwächse. Wegen der Kooperation mit der Deutschen Post?
Ja, da haben wir neue Wege ausprobiert, weil wir gruppenspezifisch vermarkten wollen. Wir haben in einigen Bundesländern alle Hundehalter angeschrieben und ihnen Angebote geschickt. Unter anderem gibt es eigene Strände, wo Hunde erlaubt sind, etwa in Bibione.
Mit Eurotours sind Sie ja auch Veranstalter von Hofer-Reisen. Da fällt auf, dass immer mehr Angebote für größere Reisebudgets in den Flugblättern sind ...
Bei Hofer-Reisen kommen bis zu 40 Prozent vom Umsatz aus dem Verkauf von Flug- und Seereisen. Deutlich mehr als vor fünf Jahren.
Zur Gruppe gehören 120 Ruefa-Reisebüros in Österreich sowie seit 2011 eine Beteiligung am Spezialreiseveranstalter Jumbo. Über Eurotours International werden unter anderem die Hofer-Reisepakete geschnürt. Zudem gehören zum Konzern unter anderem die 27 Austria-Trend-Hotels und ein Joint Venture mit der Münchener Budget-Hotelkette Motel One.
Helga FreundDie Tirolerin (53) folgt dem langjährigen Vorstandsmitglied Martin Bachlechner in den Verkehrsbüro-Vorstand nach. Sie ist seit 2012 Mitglied der Geschäftsführung der Verkehrsbüro-Tochter Eurotours und wird diese Funktion auch weiterhin ausüben.
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