„1-Euro-T-Shirts werden einfach rausgekehrt“

Flea market
Trotz Klimadebatte wird gern billig gekauft - das führt zu skurrilen Auswüchsen, weiß ein Branchenkenner.

Wer jedes Jahr 1.000 Euro für Kleidung und 250 Euro für Schuhe ausgibt, liegt damit genau im österreichischen Durchschnitt, geht aus dem Retail-Report des Beratungsunternehmens Advicum hervor. Die Experten gehen davon aus, dass es künftig noch mehr sein wird – was aber nicht automatisch heißt, dass die Kassen in den Einkaufsstraßen klingeln werden.

„Schon 2021 dürfte in Österreich knapp ein Fünftel der Bekleidung und ein Viertel der Schuhe online gekauft werden“, schätzt Studienautor Florian Bernhard. Das hat Folgen. Laut den Standortberatern von RegioPlan nehmen die Leerstände in den Einkaufsstraßen zu, in manchen Gegenden steht bereits jedes vierte Geschäft leer. „Die Abwärtsspirale dreht sich immer schneller“, sagt RegioPlan-Geschäftsführer Wolfgang Richter. Einer der Gründe: Filialisten stehen auf der Expansionsbremse, haben oft im Filialnetz einen Investitionsstau und verlieren damit weiter an Attraktivität.

Dazu kommt das veränderte Konsumverhalten. Die Prioritäten haben sich verschoben, Konsumenten geben mehr Geld für Reisen, schnelles Internet und Unterhaltung aus – und haben weniger Geld für ein neues Outfit im Börsel. Die Folge: Gekauft wird gerne auch Billigware – was laut Advicum-Gründer Daniel Knuchel bereits zu skurrilen Auswüchsen führt: „Es gibt Modehandelsketten, die am Ende eines Verkaufstages die am Boden liegenden 1-Euro-T-Shirts zusammenkehren und wegwerfen. Mitarbeiter zu beschäftigen, die diese T-Shirts aufheben und neu zusammenlegen, ist ihnen zu teuer.“

Treue war gestern

Konsumenten bekommen davon freilich wenig mit. Sie beteuern in Umfragen gerne, dass sie auf nachhaltige Produktionsweisen wert legen und dafür auch gerne höhere Preise zahlen. Tun sie auch – allerdings nur selektiv, bei Marken, die ein entsprechendes Image haben und damit auch ein entsprechendes Sozialprestige versprechen. „Der Kunde wird immer hybrider“, formuliert es Andreas Kronberger, Berater von Advicum. Gerade im Bekleidungshandel verschwindet die Markentreue zunehmend. „Bei Produkten der Tiefkühl- oder Getränkebranche ist sie noch bedeutend höher.“

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