„Wir werden im Bereich von KI aufholen“
KURIER: Wie soll das neue Institut heißen?
Heinz Faßmann: Das Institut wird Aithyra – Institut für Künstliche Intelligenz in der Biomedizin heißen. Warum der Name? Wir haben die KI gefragt und sie hat uns Aithyra vorgeschlagen, eine fiktive Tochter der weisen Athene und des Asclepius, dem Gott der Medizin. Aithyra bildet die Brücke zwischen der Weisheit, auch für Technologien offen zu sein, und der Medizin. Thyra, die Tür auf Griechisch, wird für AI, die künstliche Intelligenz, geöffnet.
Wie kam es zur Gründung von Aithyra?
Heinz Faßmann: Die deutsche gemeinnützige Boehringer Ingelheim Stiftung aus Mainz hatte die Idee, ein Institut für KI in der Biomedizin zu fördern und fragte forschungsstarke Städte in Deutschland, der Schweiz und Österreich, ob sie interessiert sind, so ein Institut aufzunehmen und – wenn es erfolgreich ist – auch nach Ablauf der Förderung längerfristig zu erhalten.
Michael Stampfer: Aus dem hochkompetitiven Auswahlverfahren ist Wien als Sieger übrig geblieben, was uns sehr freut. Das ist auch der guten Kooperation mit der Stadt Wien und dem Forschungsinteresse der Stadt zu verdanken, sowie einer klugen gemeinsamen Vorbereitung aller wesentlichen Akteure am Standort, an der sich auch der WWTF intensiv beteiligt hat.
Wir sehen im neuen Institut ein enormes wissenschaftliches Potenzial
Welchen Schwerpunkten wird sich das Institut widmen?
Heinz Faßmann: Das Institut Aithyra wird ein Grundlagenforschungsinstitut sein. Es wird neue Methoden entwickeln und KI zum Einsatz bringen. Konkret: Analyse von Proteinen, Design neuer Moleküle und Vorhersage ihrer Wirkung auf biologische Prozesse, um letztlich neue Wirkstoffe für Medikamente zu finden. KI hilft dabei, um in kürzerer Zeit und mit geringerem Ressourceneinsatz neue Forschungsergebnisse zu erzielen.
Michael Stampfer: KI und vor allem das Machine Learning verändert in einer abenteuerlichen Geschwindigkeit fast alle Wissenschaftsfelder. Ein Beispiel: die Suche nach neuen Wirkstoffen. KI kann in einem Bruchteil der Zeit im Vergleich zu herkömmlichen Methoden herausfinden, welche Moleküle aus einer Vielzahl von Millionen relevant für Substanzen sind. Ein anderes Beispiel: Wenn Mensch und Maschine zusammenarbeiten, um Auffälligkeiten wie Flecken auf der Lunge früher und genauer zu erkennen.
Wie wird Aithyra finanziert?
Michael Stampfer: Die Forschungsausgaben werden in den ersten Jahren durch die Förderung der Boehringer Ingelheim Stiftung privat finanziert. Letztlich sollen so 150 Millionen Euro hineinfließen. Das ist die größte einzelne private Forschungsförderung, die bisher in Österreich stattgefunden hat, eine wirklich beachtliche Sache. Aber auch die Stadt Wien beteiligt sich substanziell.
Wenn das Institut privat finanziert ist, wie garantieren Sie Unabhängigkeit?
Heinz Faßmann: Für uns und auch die Stiftung ist die Unabhängigkeit des Instituts ganz wichtig und diese ist vertraglich abgesichert. Das Institut hat innerhalb des durch den Institutsnamen vorgegeben Rahmens vollkommene Freiheit, die Themen selbst zu suchen. Was innovative Forschung ist, wissen die Forschenden am besten selbst. Es wäre eine Illusion zu glauben, die Stiftung oder das Präsidium der ÖAW verstehen mehr von der Sache als das Institut. Dazu kommt, dass die gewonnen Ergebnisse und Forschungsdaten publiziert werden und daher allen anderen Forschenden offenstehen. Das Institut ist der Grundlagenforschung verpflichtet – das ist wichtig für die ÖAW und die Stiftung.
KI ist ein großartiges Instrument, um in kürzerer Zeit und mit geringerem Ressourceneinsatz an Forschungsergebnisse heranzukommen
Mit Michael Bronstein, DeepMind Professor an der Oxford Universität, konnte eine Koryphäe in der KI als Direktor gewonnen werden. Was sind seine Pläne?
Heinz Faßmann: Michael Bronstein ist ein Star in der Szene. Er hätte auch gut und gerne zu den prominenten Universitäten oder Unternehmen in den USA gehen können. Er hat sich für Wien entschieden und das spricht auch für unsere Stadt. Sein Plan ist, das Institut zu einem – wie er sagt – magic place zu machen. Das heißt: Kreativität, Offenheit, tolle Infrastruktur und intensive Kooperationen mit den Wiener Universitäten.
Michael Stampfer: Sein Schwerpunkt wird das Designen von Wirkstoffen mit Hilfe von KI sein. In einem nächsten Schritt strebt er Kooperationen mit Universitäten und Unternehmen an. Dadurch entsteht ein neuer Impuls, der die Vision von Wien stärkt, zum Life Science Center ersten Ranges in Europa zu werden. Wir sehen darin enormes wissenschaftliches Potenzial.
Wie wird Aithyra den Forschungsstandort Wien prägen?
Heinz Faßmann: Aithyra wird das, was Michael Stampfer charakterisiert hat, signifikant stärken und den Life-Sciences neue Impulse verleihen. Aithyra wird kein neuer Schrebergarten sein, sondern intensiv mit den vorhandenen Einrichtungen, den Universitäten und den Forschungsinstituten kooperieren. Es wird die Ausgründung von Start-ups fördern und damit an der Transformation der ökonomischen Basis der Stadt mitwirken. Mit einer traditionellen Grundstoffindustrie können wir in Zukunft immer weniger reüssieren, mit einer forschungsstarken Industrie zum Beispiel im pharmazeutisch-medizinischen Bereich aber sehr wohl.
Michael Stampfer: Wenn wir uns im Trockentraining hätten ausdenken müssen, welches das neue, ideale Institut für Wien wäre, wäre es genau das geworden. Und dann kommt eine Stiftung und bietet uns genau dieses Ideal an. Das gleicht einem Feiertag.
Die Österreichische Akademie der Wissenschaften (ÖAW) eröffnete mit einer Förderung in Höhe von 150 Millionen Euro der gemeinnützigen Mainzer Boehringer Ingelheim Stiftung (BIS) ein Institut für Künstliche Intelligenz (KI) in der Biomedizin. Das neue Institut mit dem Namen Aithyra wird über die Entwicklung KI-gestützter Forschungsansätze revolutionäre Fortschritte in der Biomedizin erzielen. Gründungsdirektor ist Michael Bronstein, DeepMind Professor an der Universität Oxford. Die Unterbringung des Instituts wird zu zwei Dritteln vom Bildungsministerium und zu einem Drittel von der Stadt Wien finanziert. Der Name Aithyra wurde mit Hilfe von KI generiert.