Interdisziplinäres Doktoratskolleg
Apeksha Shettys Leidenschaft ist es, sich auf ein Thema zu fokussieren und sich darin zu vertiefen. „Ich liebe es, zu forschen und dadurch eine Veränderung für die Gesellschaft zu bewirken“, sagt die aus Indien stammende angehende Doktorandin. Die 28-Jährige studiert derzeit an der Universität Wien Publizistik- und Kommunikationswissenschaft. In ihrer Doktorarbeit widmet sie sich dem Digitalen Humanismus und geht Fragen nach, wie Missinformationen im Internet verbreitet werden und wie man Menschen beibringen kann, solche zu erkennen. „Es gibt zahlreiche Probleme in der digitalen Welt und wir finden Lösungen dazu“, sagt Shetty. Um ihre Arbeit zu vervollständigen, wird sich die junge Forscherin nächstes Jahr am neuen Doktoratskolleg „Digitaler Humanismus“ beteiligen.
Gemeinsame Initiative
Mit dem Start des Doktoratskollegs „Digitaler Humanismus“ im Wintersemester 2024 setzt Wien ein starkes Zeichen für die interdisziplinäre Erforschung der Digitalisierung und digitaler Praktiken. Das Doktoratskolleg ist eine gemeinsame Initiative der Stadt Wien und des Wiener Wissenschafts-, Forschungs- und Technologiefonds (WWTF), über den das Programm auch gefördert wird. Die Spannweite ist einzigartig und ermöglicht eine umfassende Problemsicht: Die Universität Wien, die Technische Universität Wien (TU Wien) und die Wirtschaftsuniversität Wien (WU Wien) sind mit Forscher*innen aus insgesamt neun Fakultäten bzw. Departments dabei. Die ca. 1,8 Mio. Euro Fördermittel kommen aus einer gewidmeten Finanzierung der Stadt und vom WWTF.
Zusammen mit dem finanziellen Beitrag der drei Universitäten zum Doktoratskolleg wird in den nächsten fünf Jahren ein Gesamtvolumen von 3,2 Mio. Euro für zehn Doktorand*innenstellen bereitgestellt. Dazu werden weitere etwa zehn PhD-Student*innen stoßen, die über andere Drittmittel finanziert sind. Somit bietet das Doktoratskolleg zahlreichen jungen Forscher*innen eine einzigartige Gelegenheit, interdisziplinär an der Schnittstelle von Technologie und Gesellschaft zu arbeiten. „Mit dem neuen Doktoratskolleg investieren wir gezielt in die Zukunft der Forschung und in die Ausbildung von Wissenschafter*innen, die die gesellschaftlichen Implikationen der Digitalisierung kritisch hinterfragen und konstruktive Vorschläge für die künftige Gestaltung digitaler Technologien machen“, erklärt Wiens Wissenschaftsstadträtin Veronica Kaup-Hasler. „In Zusammenarbeit mit dem WWTF schaffen wir eine Plattform, die Wien als führenden Forschungsstandort für Digitalen Humanismus weiter etabliert. Unser Ziel ist es, technologische Entwicklungen im Dienst der Gesellschaft voranzutreiben.“
Gestaltung der Zukunft
Der Digitale Humanismus stellt die kritische Frage, wie technologische Entwicklungen verantwortungsvoll gestaltet und in Einklang mit menschlichen Werten gebracht werden können. Die zunehmende Bedeutung von Themen wie Künstliche Intelligenz, Rechte und Rechtsstaat im digitalen Zeitalter, ethikbasierte Algorithmen, wirtschaftliche Monopolbildungen und soziale Gerechtigkeit machen es notwendig, technologische Innovationen aus verschiedenen Perspektiven zu betrachten und gegen technologischen Determinismus anzutreten. Das Doktoratskolleg soll junge Wissenschafter*innen dazu befähigen, diese Herausforderungen aus verschiedenen wissenschaftlichen Perspektiven zu bearbeiten und so einen Beitrag zur Gestaltung einer verantwortungsvollen digitalen Zukunft zu leisten. „Wie wird die Künstliche Intelligenz (KI) die Demokratie verändern? Welche Erwartungen haben wir an Algorithmen? Wie kann KI gestaltet sein, um Inklusion zu fördern? Genau das wollen wir gemeinsam erforschen“, sagt Peter Knees von der TU Wien. Mit seinen Kolleg*innen an der Uni Wien und WU Wien, Sophie Lecheler und Marta Sabou, koordiniert Peter Knees das Doktoratskolleg.
Gegenseitiges Verständnis
Das Besondere an dem neuen Doktoratskolleg ist die interdisziplinäre Zusammenarbeit. Informatiker*innen und Technikexpert*innen werden mit Methoden arbeiten können, die von Beginn an die soziale und ethische Dimension in die Technologie einbauen, während Geistes- und Sozialwissenschafter*innen die technischen Aspekte digitaler Technologien in der Tiefe verstehen lernen, um so im Kollektiv digitale Zukunft kritisch und konstruktiv mitgestalten zu können.
„Bei großen Herausforderungen wie der KI oder dem Klimawandel macht es keinen Sinn mehr, getrennt zu arbeiten. Mit diesem Doktoratskolleg möchten wir auch herausfinden, wie man Doktorand*innen so ausbilden kann, damit sie interdisziplinär denken und arbeiten können“, sagt dazu Sophie Lecheler.
Für die Menschen
Manuela Baccarini, Vizerektorin der Universität Wien erklärt: „Für uns als Universität Wien bringt der Digitale Humanismus wichtige Wissenschaftsfelder des Hauses – die Sozial-, Geistes- und Computerwissenschaften – auf eine neue Weise zusammen. Damit wird ein exzellenter Rahmen geschaffen, durch die interdisziplinäre Ausbildung Digitalisierung nachhaltig zu gestalten und die Zusammenarbeit mit den anderen Universitäten am Standort auszubauen.“ Auch der TU Wien ist die Integration technischer und gesellschaftlicher Fragen ein zentrales Anliegen: „Nicht erst seit dem ,Wiener Manifest für Digitalen Humanismus‘ engagieren wir uns dafür, Forscher*innen aus der Informatik über verschiedene Aktivitäten für menschenzentrierte Perspektiven bei der Anwendung digitaler Technologien zu sensibilisieren. Das Doktoratskolleg bietet eine langfristige Möglichkeit, diese Ansätze am Standort gemeinsam mit Uni Wien und WU Wien weiterzuentwickeln und unsere Informatiker*innen mit geistes- und sozialwissenschaftlichen Forscher*innen zusammenzubringen. Damit leben wir unser Motto: Technik für Menschen“, so Vizerektor der TU Wien, Peter Ertl.
Standort stärken
Bernadette Kamleitner, Vizerektorin der WU Wien ergänzt: „Das Doktoratskolleg ist eine Chance für die WU Wien, uns weiterhin intensiv für den Digitalen Humanismus zu engagieren. Die Ausbildung junger Wissenschafter*innen ist der WU ein ganz besonderes Anliegen. Mit dem Doktoratskolleg schaffen wir es, über Disziplinen und Institutionen hinweg Absolvent*innen auszubilden, die Digitalisierung auf der Basis von profundem Wissen menschengerecht gestalten können. Gerade eine Wirtschaftsuniversität ist angesichts der großen Marktmacht einzelner Plattformen hier gefordert, hervorragend Forscher*innen auszubilden.“ Mit dem neuen Doktoratskolleg wird ein entscheidender Beitrag zur Ausbildung einer Generation von Forscher*innen geleistet, die in der Lage sind, die Herausforderungen der Digitalisierung in ihrer vollen Komplexität zu erfassen und Lösungen für die damit einhergehenden Herausforderungen vorzuschlagen.
WWTF-Geschäftsführer Michael Stampfer: „Als Förderorganisation ist es uns nicht nur ein Anliegen, die Forschung am Standort zu stärken, sondern auch in Ausbildung des wissenschaftlichen Nachwuchses zu investieren.“
Das Doktoratskolleg wird 10 Doktorand*innen finanzieren, wobei diese ihr reguläres Studium an den jeweiligen Universitäten abschließen und durch das Kolleg Unterstützung erhalten.
Bewerbungen
Interessiert? Dann kann man sich hier für das Doktoratskolleg bewerben.