Eine Siri für Elefanten
Sie sind majestätische, für ihre Intelligenz und ihr soziales Verhalten bekannte Tiere. Darüber hinaus kommunizieren Elefanten mit ihrem Körper, taktilen Signalen mit dem Rüssel sowie verschiedenen Lautäußerungen. Nicht alle können wir Menschen hören – und schon gar nicht verstehen. Die Forschung versucht, die Sprache der Elefanten zu entschlüsseln. Wie weit man ist, will Moderator Markus Hengstschläger im Wissenschaftstalk „Spontan gefragt“ herausfinden. „Weiß man, was sich Elefanten sagen?“, will er von Angela Stöger, Wissenschafterin am Department für Verhaltens- und Kognitionsbiologie an der Uni Wien sowie am Institut für Schallforschung der Österreichischen Akademie der Wissenschaften, wissen.
„Ich beschäftige mich schon seit 20 Jahren mit der Elefantenkommunikation, um herauszufinden: Was sagen sie, wie sagen sie es und warum kommunizieren sie überhaupt“, antwortet die Biologin. „Mittlerweile kann ich an einem Laut gut erkennen, ob das Tier aufgeregt, gestresst oder ruhig ist. Wo wir uns aber wirklich schwertun, ist der genaue Kontext.“ Markus Hengstschläger will wissen, wie Elefanten kommunizieren. Neben Lautäußerungen sei die Gestik wichtig, erläutert die Wissenschafterin. „Sie setzen den ganzen Körper ein, aber die Ohren sind besonders aussagekräftig“, so Stöger. „Auch die Rüssel- und Schwanzposition haben eine Bedeutung.“
Andy Lee Lang kann von seinen Erfahrungen berichten. Der Musiker nennt Afrika seinen „Mama-Kontinent“ und bereist ihn immer wieder. „In Simbabwe habe ich an einem Elephant-Walk teilgenommen, wo man unter Einhaltung bestimmter Regeln mit einer Herde mitmarschiert“, erzählt er. „Das war eine einmalige Erfahrung – dieses Brummen, wenn sie kommen.“ „Das ist das sogenannte Rumbeln“, konkretisiert Angela Stöger. „Elefanten haben sehr viele Laute, auch tieffrequente. Sie sind im tiefsten Frequenzanteil des Infraschalls angesiedelt, unter der Hörschwelle des Menschen. Diese tiefen Frequenzen spüren wir mehr, als wir sie hören.“ Mit Lauten im Infraschallbereich können sich Elefanten über weite Strecken verständigen.
Erstmals mit ihnen reden
Markus Hengstschläger will wissen, wie man die Laute von Elefanten erforscht. „Das funktioniert wie ein Interview – Rekorder, Mikrofon und Tonaufnahme“, sagt die Biologin und lacht. „Dazu ein Video, um zu erkennen, was die Laute bedeuten könnten.“ Um die aufgestellten Hypothesen überprüfen zu können, würde man wie bei der Sprachforschung vorgehen. „Wir spielen den Elefanten etwas vor und schauen, ob sie so reagieren, wie wir es vermuten.“ Das bringt Andy Lee Lang zu einer Frage. „Du forschst ja im Tiergarten Schönbrunn und in Afrika – spielst du die Laute der Elefanten hier den wildlebenden vor? Gibt es da so etwas wie Dialekte?“
Das habe sie schon ausprobiert, entgegnet die Biologin. „Es gibt tatsächlich so etwas wie Dialekte, aber die Elefanten verstehen die Laute anderer Populationen.“ Ob sie auch die Laute anderer Tierarten verstehen, will Andy Lee Lang wissen. Man kenne es gut, dass Primaten etwa auf die Alarmrufe von Vögeln reagieren, erzählt Angela Stöger. „Verschiedene Arten verstehen also sehr wohl, was diese Laute bedeuten“, betont die Biologin.
Markus Hengstschläger hat noch eine Frage zur aktuellen Forschung: „Setzt du bei deinem Projekt auch KI ein?“ Im Laufe ihrer Forschung habe sie rund 10.000 Elefantenlaute gesammelt, für die Informationen über das Tier, etwa Alter oder Geschlecht, vorhanden wären, entgegnet die Wissenschafterin. „An ihnen trainieren wir nun KI, um zu sehen, ob die Algorithmen mehr über den Kontext herausfinden.“ Eine neue Herangehensweise sei auch geplant, denn im Rahmen des vom WWTF geförderten Projekts würden auch Laute synthetisch hergestellt werden.
„Die Frage wird sein, wie natürlich unsere ,Elefanten-Siri‘ für die Tiere klingt“, so Stöger. „Aber wir versuchen, mit den Elefanten zu kommunizieren, indem wir ihnen Laute, von denen wir glauben, die Bedeutung zu kennen, vorspielen.“ So erhoffe sie sich, mehr über den Kontext ihrer Sprache zu erfahren. Das wäre großartig, zu wissen, wie Tiere miteinander kommunizieren, hält Andy Lee Lang fest: „Bei meinen Reisen zu den Berggorillas bin ich jeden Morgen im Dschungel mit dieser Musik in den Ohren aufgewacht“, schwärmt er. „In Wahrheit sind es verschiedene Tierlaute, aber sie klingen wie ein gigantischer Chor. Es gibt einfach nichts Schöneres.“
Hier geht's zur Sendung „Spontan gefragt“: