Das Spiel mit der Geschichte
Pistolen werden geladen, Speere geworfen und Kanonen gezündet. Der Krieg ist ein beliebtes Setting in Videospielen und veranlasst (besorgte) Eltern wie die Jugendforschung immer wieder, danach zu fragen, wie sehr solche Spiele die Entwicklung der Heranwachsenden beeinflussen. Denn Video Games vermitteln mittlerweile ein täuschend echtes Bild von Schlachten oder Eroberungszügen.
Durch technische Entwicklungen, wie etwa Virtual Reality, kommt man der Vergangenheit so nahe, wie es kaum je ein Geschichtsbuch schaffen könnte. Genau darin liegt der Vorteil des Videospiels. Es lässt erleben, was viele heute glücklicherweise nicht mehr erleben müssen, und schafft es damit, Abstraktes greifbar zu machen. Die Biografieforschung sieht darin einen vielversprechenden Ansatz, Lebensrealitäten wie historische Ereignisse besser vermitteln zu können.
Ernstes Spiel
Die Österreichische Akademie der Wissenschaften (ÖAW) organisierte im Herbst letzten Jahres mit der „Life Narrative and the Digital 2023“ eine Konferenz, bei der das Potenzial sogenannter „Serious Games“ diskutiert wurde. Serious Games, also ernste Spiele, zielen darauf ab, neben dem Unterhaltungsfaktor auch einem Bildungsanspruch nachzukommen. Auf spielerische Weise werden somit Welten zugänglich, die man üblicherweise nur aus dem Geschichtsunterricht kennt. Auch wenn eine Vielzahl an Videospielen ohnedies im Zweiten Weltkrieg angesiedelt ist, vermitteln sie doch oft nur das kriegerische Handeln.
Das Spiel „Through the Darkest of Times“ zeigt hingegen, was es bedeutete, Widerstand zu leisten, und führt die Verbrechen der Nationalsozialisten erschreckend echt vor Augen. Beklemmend ist auch „Anne Frank House VR“. Ein vom Anne Frank Haus in Amsterdam produziertes Computerspiel, das die historischen Räume des einst geheimen Unterschlupfs mit VR-Brille zugänglich macht und ein Gefühl für die beengte und angespannte Atmosphäre vermittelt. Das Spielen von Serious Games ist somit kein reiner Selbstzweck, sondern regt zum Nachvollziehen und Nachdenken an. Diese Entwicklung befreit das Videospiel von seinem Ruf als „Ballerspiel“. Als Vermittlungs- und Diskursmedium können sie durchaus auch die Erinnerungskultur am Leben halten.