Faltenfrei mit Silikon

Zweite Haut gegen Falten
US-Forscher entwickeln eine hauchdünne zweite Haut aus Silikon, die Falten vermindern kann.

Alles begann mit einem Haarpflege-Produkt, das Silikon enthielt. Heute springt einen das Wort TIMELESS in Riesenlettern ins Auge, wenn man die Homepage von Living Proof besucht. Living Proof ist eine Kosmetik-Firma, die in den USA und Kanada an die 850 Schönheitssalons betreibt. So weit, so uninteressant.

Living Proof hat aber auch eine Forschungsabteilung, in der eine gewisse Betty Yu vom Massachusetts Institute of Technology (MIT) in Cambridge arbeitet. Und die hat zehn Jahre lang an der "zweiten Haut" für medizinische und kosmetische Zwecke geforscht. Jetzt hat sie die hauchdünne Schicht aus Silikon-Polymeren, die Falten, Tränensäcke und Alterserscheinungen an den Armen sowie um die Augen vermindert, im Fachmagazin Nature Materials vorgestellt.

Die Studie beinhaltet Vorher-Nachher-Vergleiche. Die zeigen deutlich weniger Fältchen in den Gesichtern der mit dem Präparat behandelten Frauen. Bis zu einem Tag lang könne das Produkt, das flüssig aufgetragen werde und einen elastischen, luftdurchlässigen Film bilde, auf der Haut bleiben, erklärt einer der Autoren, Robert Langer vom Massachusetts Institute of Technology (MIT). Die "zweite Haut" gebe dem Gewebe jugendliche Elastizität zurück und verhindere Feuchtigkeitsverlust. Regen mache der Schicht ebenso wenig etwas aus wie sportliche Aktivitäten. Sogar Schwimmen sei kein Problem.

Getestet wurden mehr als 100 verschiedene Polymere aus Sauerstoff- und Silikon-Atomen (Siloxane, siehe Stichwort unten), jeweils in dehnbaren Netzen, sogenannten XPL, angeordnet. Bei den Tests hätte solche XPL in Sachen Elastizität besser abgeschnitten als ähnliche Ansätze zur Wund- und Narbenbehandlung etwa mit Polyurethan-Filmen oder Silikon-Gel, schreiben die Forscher. Zudem habe sich gezeigt, dass das Material kaum spürbar sei und die Haut nicht irritiere.

Apropos Narben

Silikon hat die Medizin längst erobert. In der Narbenbehandlung etwa ist es heute der Gold-Standard, also die beste verfügbare Therapieoption, wissen Dermatologen und plastische Chirurgen. Zahlreiche Studien belegen den Nutzen. Beispielsweise zeigte sich, dass sechs Monate nach einer Operation 60 Prozent der Narben ohne Silikon-Behandlung in auffälliger Weise dicker und höher geworden sind als ihre Umgebung, während dies nur bei 25 Prozent der Narben mit Silikon-Behandlung der Fall war. Allerdings muss man Geduld haben: Um seine optimale Wirkung zu entfalten, muss Silikon etwa drei Monate lang ununterbrochen angewendet werden.

Und ob es toxikologisch so unbedenklich ist, wie seine Fans gerne betonen, steht auch noch nicht fest: Nur wenige Siloxane wurden in Tierversuchen bereits auf ihre Gesundheitseffekte abgetestet. Einige Studien zeigen Hinweise auf eine Beeinträchtigung der Fortpflanzungsfähigkeit sowie Leber-, Lungen- und Nieren-Schädigungen. Es gibt aber nicht genügend Daten, um allgemein gültige Aussagen machen zu können.

Im aktuellen Fall der zweiten Haut gab es ebenfalls nur erste sogenannte Proof-of-Concept-Tests an wenigen Probanden, die kaum etwas über mögliche Nebenwirkungen und die langfristige Verwendbarkeit aussagen. Lediglich die grundsätzliche Wirksamkeit wird geprüft – in dem Fall das Schwinden von Fältchen. Vielleicht gibt es deshalb noch keinen Zeitplan, wann das Produkt auf den Markt kommt.

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