Neuer Lebens-Fahrplan

 
Christian Schelkshorn über Betreuungsmanagement.

Egal wie und wann man von der Diagnose Diabetes erfährt, sie kommt unerwartet und wirft viele Fragen auf. Das kann sowohl für Patient, als auch für Ärzte zu einer Herausforderung werden. Christian Schelkshorn, selbst Diabetiker und Leiter der I. Medizinischen Abteilung am Landesklinikum Stockerau, über gutes Betreuungsmanagement.

Wie sieht eine Diagnosefindung bei Diabetes im Normalfall aus?Christian Schelkshorn: Sehr häufig ist es so, dass der Patient bei einer Routinelaborkontrolle oder auch im Rahmen der Vorsorgeuntersuchung erstmals mit erhöhten Blutzuckerwerten konfrontiert wird, also mehr oder weniger eine Zufallsdiagnose. Die zweite Variante ist, wenn der Patient Symptome aufweist, wie vermehrter Durst und vermehrter Harndrang, die ihn zum Arzt führen. Die Symptome treffen auf alle Blutzuckerentgleisungen zu. Beim Typ-1 tritt noch Gewichtabnahme auf. Das passiert, weil der Körper Fett statt Zucker verbrennt.

Typ-2-Diabetiker erfahren oft von der Krankheit, wenn bereits Folgeschäden auftreten.

Ja, beim Typ-2 kann es sein, dass ein Patient zum Beispiel aufgrund von Brustschmerzen auf die kardiologische oder interne Abteilung geschickt wird und dort erstmalig von Diabetes erfährt. Oder schlechte Wundheilung führt ihn in die Chirurgie oder Dermatologie.

Wie verhalten Sie sich als Arzt bei einer Erstdiagnose?

Es ist wichtig, dass man bei einer Erstdiagnose nicht dramatisiert, aber auch nicht bagatellisiert. Wenn die Werte marginal erhöht sind, bedeutet das nicht automatisch, dass bereits Diabetes vorliegt, vielmehr sollte ein Zuckerbelastungstest gemacht werden. Auch wenn der die Diagnose erhärtet, gibt es keinen Grund zu Verzweiflung. Man eröffnet dem Patienten einen Fahrplan, wie er jetzt mit diesem Thema umzugehen hat. Ich versuche zu vermitteln, dass das ein langsames Hineinwachsen in ein Thema ist, mit dem man gut leben kann, mit dem man sich aber langfristig auch immer wieder auseinander setzen muss.

Neuer Lebens-Fahrplan
Dr. Christian Schelkshorn

Wie sieht dieser Fahrplan aus?

Es folgen Laboruntersuchungen und ein Gespräch über eine bewusstere Lebensführung. Das heißt mehr Bewegung und gesünderes Essen – nicht Diät, dieses Wort mag ich nicht. Mit den Laborbefunden wird uns Ärzten dann klarer, ob der Patient auch Unterstützung durch ein Medikament braucht. Hauptfokus liegt aber auf der Ernährung und Bewegung.

Sie sprechen jetzt von einem Fahrplan für Diabetes Typ-2?

Nicht nur. Aber der Typ-1-Diabetiker hat das glukosezentrierte Weltbild. Beim Typ-2 spielen neben dem Zucker der Blutdruck und das Gewicht eine elementare Rolle.

Sie haben selbst Diabetes Typ-1. Hat das Auswirkungen darauf, wie Sie Diagnosen mitteilen?

Ich glaube nicht, dass jene, die selbst betroffen sind, unbedingt einen besseren Zugang haben. Was mir vielleicht leichter fällt, ist, die Akzeptanz der Therapie vorzuleben.

Wie sieht gutes Diabetesmanagement aus?

Für mich ist ganz wichtig, dass man ein Team aus Diabetes-Ernährungsberatern und in Einzelfällen auch unterstützt durch Psychologen bildet.

Wie funktioniert die Zusammenarbeit mit niedergelassenen Ärzten?

Der Patient soll wissen, dass wir für ihn ein individuelles Netzwerk entwickeln, in dem er seine Betreuung findet. Kommunikation und Kooperation ist der Schlüsselpunkt zu einer guten Betreuung.

Gibt es dafür genügend Ressourcen?

Es gibt Programme wie "Diabetes aktiv", aber leider scheitern sie oft am Geld. Es ist zeitaufwendig. Und wer honoriert die Zeit? Da ist in Österreich noch viel zu tun, denn momentan liegt es in erster Linie am eigenen Engagement der Kollegen, ob die Begleitung des Patienten erfolgreich ist oder nicht. Es braucht die Bereitschaft zur Qualitätssteigerung von allen Seiten.

Wie kann eine Zusammenarbeit derzeit aussehen?

In der Realität könnte die Ambulanz aktiv auf die niedergelassenen Kollegen zugehen. Man bietet ein Back-up aus Wundmanagement, Schulungen, Ernährungsberatung und schaut, dass sich der Hba1c-Wert verbessert. Aber betreut und begleitet wird der Patient in erster Linie vom niedergelassenen Arzt. Das wäre das Modell, das ich mir vorstelle. Der Patient ist ja sehr glücklich, wenn er im niedergelassenen Bereich einen Ansprechpartner hat.

- Magdalena Meergraf

Download: Erwachsenen-Diabetes-Ambulanzen Österreich

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