Diabetes in der Schwangerschaft

Mit Schwangerschaftsdiabetes steht man nicht alleine da.
Ärztin Bernadette Calabek erzählt, wie sie selbst mit der Erkrankung umgegangen ist.

Der Wiener Neurologin Bernadette Calabek (38) wurde im Rahmen der Mutter-Kind-Pass-Untersuchung Schwangerschaftsdiabetes gestellt. Mittlerweile ist ihr Blutzucker wieder im Normalbereich, der kleine Simon ist fünf Monate alt und kerngesund.

Was waren Ihre ersten Gedanken nach der Diagnose?Bernadette Calabek: Ich wusste zwar, was es ist und was ich dagegen tun kann, aber als ich das Resultat in der Hand hatte, war ich trotzdem richtig panisch. Da ist man nicht mehr rational, ich hatte sofort Angst um den Kleinen. Es ging mir gar nicht um mich selbst und um mein eigenes Risiko, später vielleicht Typ-2-Diabetes zu bekommen.

Sie sind selbst Ärztin, hatte das besondere Auswirkungen auf Ihre Reaktion?

Ich glaube, ich war panischer, weil mir gleich alle erdenklich schrecklichen Komplikationen durch den Kopf gegangen sind.

Was waren die nächsten Schritte? Was hat Sie dann beruhigt?

Ich bekam eine Woche später einen Termin zur Einschulung in die Blutzuckermessung, ein Ultraschall wurde gemacht und dann ging es weiter zur Ernährungsberatung. Danach wurde ich alle drei Wochen in die Diabetes- und Geburtenambulanz im St. Josef Krankenhaus gebeten. Das Positive im Negativen ist, dass man sehr engmaschig kontrolliert wird. Da wird auch beim Kleinen gemessen, wie groß der Bauch- und Kopfumfang ist und ob mit der Nabelschnur alles in Ordnung ist. Das hat mich sehr beruhigt.

Wie sah Ihre Ernährung während der Schwangerschaft aus?

Sie bestand aus drei Hauptmahlzeiten und zwei Zwischenmahlzeiten. Gemüse war an oberster Stelle. Weizenmehl sollte ich weglassen, also keine Semmeln, sondern eher Vollkornprodukte. Bei Weintrauben, Zitrusfrüchten, Äpfel oder Birnen immer nur eine Handvoll. Beeren wirken sich besser auf den Stoffwechsel aus. Fruchtjoghurt sollte ich vermeiden, auch Orangen- und Apfelsaft. Man gewöhnt sich daran und viel Gemüse ist ja ohnehin auch gesünder. (lacht)

Und wenn der Heißhunger auf Süßes kam?

Als kleine Zwischenmahlzeit durfte ich schon ab und zu eine Rippe Schokolade essen oder besser eine Portion Erdbeeren. Meist kann man den Heißhunger aber stillen, indem man viel Wasser und Kräutertee trinkt.

Gestationsdiabetes ist oft genetisch bedingt. Gibt es Diabetiker in Ihrer Familie?

Ja, ich hatte sicherlich zwei Risikofaktoren. Ich war 37 Jahre alt und meine Großmutter und meine Mutter haben Typ-2-Diabetes.

Welche Umstellungen bedeutete die Diagnose für Sie?

Ich hatte vorher durchaus guten Appetit – vor allem auf Süßes. Darauf sollte ich nun verzichten oder zumindest sehr diszipliniert sein. Außerdem musste ich vier Mal am Tag Blutzucker messen. Das Messgerät wurde zu meinem ständigen Begleiter. Das war lästig, aber unbedingt notwendig.

Gab es auch Schwierigkeiten?

Während eines Kroatien-Urlaubs war es nicht immer einfach, sich an die Regeln zu halten. Ein wenig Spaghetti, und schon steigt der Blutzucker nach oben.

Welchen Ratschlag würden Sie betroffenen Frauen mit auf den Weg geben?

Ich habe mich von anderen nervös machen lassen. Da kamen Fragen wie: "Hast du diese und jene Untersuchungen gemacht?" oder "Dein Bauch ist so groß, der sollte nicht so groß sein?" Erst als ich andere Schwangere bei den Untersuchungen getroffen habe, habe ich erkannt, dass nun mal jede Frau anders ist. Der eine Bauch ist groß, der andere klein. Man sollte sich nicht verunsichern lassen. Wenn man sich selber wohlfühlt, ist auch meistens alles in Ordnung. Mit der Diagnose Diabetes kann man heutzutage trotz allem gut leben. Wir werden in Österreich umfassend betreut, wir haben ausgezeichnete Ärzte und Ambulanzen.

Hilft der Austausch mit anderen werdenden Müttern?

Ja. Im Mutterschutz hatte ich Zeit, die Angebote für Schwangere im Krankenhaus zu nutzen, wie zum Beispiel Akupunktur. Letztlich hatten alle Frauen die gleichen Sorgen, die man aber oftmals ganz gut aus der Welt schaffen kann. Ich lernte auch viele jüngere und schlankere Frauen kennen, die auch Schwangerschaftsdiabetes hatten. Man steht nicht alleine da.

Wie gehen Sie mit dem Wissen über das Risiko um, dass Frauen mit Gestationsdiabetes und auch deren Kinder anfälliger für Typ-2-Diabetes sind?

Ich denke natürlich daran. Während des Stillens habe ich immer wieder Heißhunger auf Süßes. Da versuche ich mich zurückzuhalten, auch für Simon. Wenn man vier bis sechs Monate stillt, minimiert man außerdem das Risiko. Es gibt Studien, die das belegen. Nach dem Stillen möchte ich wieder mehr Radfahren und Yoga machen. Tatsache ist, dass ich mich deutlich gesünder ernähre, wenn ich mehr Sport betreibe, was wegen meiner Berufstätigkeit aber nicht immer möglich war.

Worauf werden Sie nach der Stillzeit bei der Ernährung von Simon achten?Viel Gemüse und mit dem Zucker erst gar nicht anfangen. Pudding oder Fruchtzwerge werden einem als gesund verkauft, aber das stimmt meines Erachtens nicht. Im Kindergarten oder in der Schule kommt er dann ohnehin früh genug damit in Kontakt, das kann ich nicht verhindern. Mein Freund und ich möchten ihm aber durch Ernährung und Sport beibringen, auf sich selbst zu achten.

Was nehmen Sie längerfristig aus dieser Erfahrung mit?

Bei mir musste immer alles schnell gehen beim Essen. Mittlerweile habe ich gelernt, frisches Gemüse zu kaufen und dann gleich im Wok zuzubereiten. Ein bisschen Reis und Hirse dazu und man hat keine Blutzuckerbelastung. Egal ob mit oder ohne Diabetes – es ist gesund und geht auch schnell.

Ganz ehrlich, was war Ihr erstes Essen nach der Entbindung?

Süßigkeiten, die mir mein Freund mitgebracht hat und eine große Portion Nudeln. Das war herrlich!

- Magdalena Meergraf

Diabetes in der Schwangerschaft
Diabetes, Dr. Bernadette Calabek, mit Sohn, Schwangerschaftsdiabetes

Gestationsdiabetes entsteht während der Schwangerschaft und verschwindet meistens unmittelbar nach der Geburt wieder. Die erhöhten Blutzuckerwerte sind bedingt durch eine hormonelle Veränderung. Das macht sich nicht durch Beschwerden bemerkbar, sondern wird durch einen Test zwischen der 24. und 28. Woche festgestellt. Die Krankheit wird hauptsächlich durch eine Ernährungsumstellung behandelt. Eine Lebensstil-Intervention zusätzlich zur üblichen Vorsorge, bestehend aus einem intensiven Gesundheitsprogramm durch Diät und Bewegung, könnte Gestationsdiabetes bei Risikopatientinnen auch verhindern. Das zeigt eine aktuelle Studie rund um Diabetologin Saila Koivusalo von der Universität Helsiniki, veröffentlicht in Diabetes Care. Das Auftreten der Krankheit wurde um 39 Prozent reduziert. Eine positive Familienanamnese für Typ-2-Diabetes und Fettleibigkeit begünstigen einen Schwangerschaftsdiabetes, der auch die Startchancen des Babys verschlechtern kann. Es erhält ein erhöhtes Risiko übergewichtig zu werden und manifesten Diabetes zu entwickeln. Auch Mütter können später Typ-2-Diabetiker werden.

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