Mental Health auf TikTok: Mehr als die Hälfte verbreitet Fehlinformationen

Zahlreiche Videos über Mental Health beinhalten Fehlerhaftes.
Ob Burnout, Depressionen oder andere psychische Erkrankungen: Immer mehr Menschen suchen auf sozialen Plattformen wie Tiktok oder Instagram nach psychologischer Unterstützung.
Doch eine aktuelle Analyse der britischen Zeitung The Guardian zeigt nun: Mehr als die Hälfte der 100 meistgeklickten Tiktok-Videos unter dem Hashtag #mentalhealthtips enthalten Fehlinformationen.
Pseudowissenschaft dominiert
Konkret offenbart die Analyse, dass selbst ernannte "Mental Health"-Influencer zunehmend Inhalte verbreiten, in denen psychologische Fachbegriffe falsch verwendet, emotionale Alltagserfahrungen pathologisiert oder Therapieerfolge übertrieben dargestellt werden.
David Okai, Psychiater am King’s College London, betonte gegenüber dem Guardian etwa: "Therapie ist kein Wundermittel und auch keine Einheitslösung."
Kuriose Tipps: Traumata in wenigen Stunden heilen
In einem Video wird etwa suggeriert, dass das Essen einer Orange unter der Dusche Angstzustände lindern könne – eine Aussage, die jeder wissenschaftlichen Grundlage entbehrt. Andere Videos empfehlen, Nahrungsergänzungsmittel wie Safran, Magnesiumglycinat oder Tulsi (Indisches Basilikum) als Mixtur gegen Angstzustände, obwohl die Studienlage hierzu schwach und widersprüchlich ist. Noch gravierender: In einigen Clips behaupten User, Traumata innerhalb von einer Stunde "heilen" zu können.
Weitere Studien liefern ähnliche Ergebnisse
Andere Untersuchungen kommen zu ähnlichen Ergebnissen: Eine Studie der Universität Ottawa stellte etwa 2023 fest, dass mehr als 50 Prozent der Tiktok-Inhalte zu ADHS irreführend oder unvollständig sind. In einer Analyse im Journal of Medical Internet Research identifizierten Forschende 2022 ähnliche Probleme bei Depression und Angststörungen: Häufig würden persönliche Anekdoten als allgemeingültige Wahrheiten dargestellt.
Erst kürzlich befanden Forschende der Universität Sydney zudem, dass Influencer irreführende Informationen über medizinische Tests verbreiten und umstrittene Verfahren in problematischem Ausmaß bewerben.
Für Junge droht teils sogar "Lebensgefahr"
Gesundheitspsychologin Eva Tesar erklärt gegenüber dem KURIER, warum vor allem Jugendliche gefährdet sind: "Junge Menschen vertrauen eher ihrer Peer-Group oder bekannten Influencern als beispielsweise ihren Eltern. Daher kann es sogar lebensgefährlich sein, wenn sie falschen, womöglich gefährlichen Tipps folgen, wie etwa bei Essstörungen."
TikTok verteidigt sich
Im Zuge der Guardian-Analyse betonte der Konzern TikTok auf Anfrage der Zeitung, dass Inhalte, die zur Selbstgefährdung aufrufen oder medizinische Hilfe entwerten, gelöscht würden.
Nutzer in Großbritannien würden bei der Suche nach Begriffen wie "Depression" oder "Angst" an verlässliche Quellen des National Health Service (NHS), dem öffentlich finanzierten Gesundheitssystem des Vereinigten Königreichs, weitergeleitet.
Eine Sprecherin des Unternehmens erklärte weiter: "Wir arbeiten mit Organisationen wie der WHO und dem NHS zusammen, um vertrauenswürdige Inhalte zu fördern und schädliche Falschinformationen zu entfernen, bevor sie gemeldet werden – das gelingt in 98 Prozent der Fälle."
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