Nach Louvre-Raub: Was passiert mit dem Schmuck? 3 Szenarien

Der spektakuläre Raubüberfall am 19. Oktober im Pariser Louvre hält ganz Frankreich in Atem. Aus dem Museum wurden acht Schmuckstücke von unschätzbarem Wert gestohlen. Die Fahndung nach den Tätern läuft auf Hochtouren. Zwar könnte das Diebesgut theoretisch ein Vermögen einbringen, doch sind weltbekannte Museumsexponate nur mit hohem Verlust und großen Risiko zu verkaufen.
Was machen die Diebe mit den Einzelstücken, nach denen die ganze Welt sucht? Es gibt mehrere mögliche Szenarien, einige realistischer, andere weniger. Experten gehen davon aus, dass die Juwelen nie wieder auftauchen werden.
Wie lief der Überfall ab?
Bei dem Coup verschafften sich zwei der mutmaßlich vier Männer, die mit Sturmhauben vermummt waren und gelbe Warnwesten trugen, gegen 9:30 Uhr mithilfe eines Lkws mit ausfahrbarer Leiter und Hebebühne Zugang zum Balkon der Galerie d'Apollon. Dort durchtrennten sie mit Winkelschleifern die Fensterscheiben und steuerten gezielt die Vitrinen an.
Raubüberfall im Louvre: Was wurde gestohlen?
Sie erbeuteten acht Schmuckstücke, darunter eine Brosche, Halsketten, Diademe und Ohrringe, die mit Diamanten, Edelsteinen und Perlen besetzt sind. Nach dem Raubzug flohen die Täter auf Motorrollern. Der gesamte Überfall dauerte rund sieben Minuten, davon verbrachten sie nur vier Minuten im Inneren des Museums. Wie die Frankfurter Allgemeine Zeitung berichtet, umfasst die Beute:
- 8.708 Diamanten
- 34 Saphire
- 38 Smaragde
- und 212 Perlen
Welchen Wert haben die Schmuckstücke?
Eine Schätzung ist "eigentlich unmöglich", erklärt Edelsteinexperte Thomas Schröck im Gespräch mit SRF. "Wahrscheinlich aber reden wir bei der Beute, die hier gestohlen wurde, von einem zweistelligen Millionenbereich in Schweizer Franken", so Schröck. Das entspricht etwa 10 bis 107 Millionen Euro.
"So gut wie unverkäuflich"
60 Ermittler heften sich an die Fersen der Täter und ermitteln mit Hochdruck. Experten gehen davon aus, dass die Beutestücke, die laut dem französische Innen- und Kulturministerium einen über ihren Marktwert hinaus "unschätzbaren kulturellen und historischen Wert" haben, so gut wie unverkäuflich sind. Was also haben die Diebe damit vor?
Szenario 1: Zerlegen und Edelsteine sowie Gold verkaufen
Dieses Vorgehen ist am realistischen und wirtschaftlich sinnvoll, hat aber den vollständigen Verlust des kunsthistorischen Wertes zur Folge. Die Schmuckstücke werden aufgebrochen, auseinandergenommen und in ihre Einzelteile zerlegt. Edelsteine, eingeschmolzenes Gold und Perlen werden separat in kleinen Mengen verkauft. Die Steine werden neu geschliffen, sodass ihre Form verändert wird und eine Rückverfolgung praktisch unmöglich wird.
"Kluge Diebe stehlen Dinge wie Schmuck, weil man das Metall einschmelzen und die Steine neu schleifen kann, und dann verschwinden diese Stücke einfach", erklärt Erin Thompson, Professorin für Kunstkriminalität an der City University of New York, gegenüber dem US-Radiosender WTOP.
Szenario 2: Auftragsarbeit
Die Pariser Staatsanwältin Laure Beccuau äußerte die Verdacht, dass die Räuber im Auftrag einer kriminellen Organisation gehandelt haben könnten. Denkbar ist aber auch ein privater Auftraggeber hinter dem Coup.
Diese Einschätzung teilt auch Edelsteinexperte Thomas Schröck im Interview mit SRF: "Ich würde sagen, das war eine Auftragsarbeit. Mit diesen Schmuckstücken kann man am internationalen Markt nichts machen, wenn sie in der gleichen Form bleiben. Daher tippe ich auf eine Auftragsarbeit für Sammler."
Ein vermögender Auftraggeber könnte den Tätern die Beute abgekauft haben, um sie etwa als Trophäe im Privatbesitz zu sammeln. Zwar ist dieses Szenario nicht auszuschließen, jedoch äußerst riskant und daher eher unwahrscheinlich. Wahrscheinlicher ist, dass eine kriminelle Organisation hinter dem Raub steckt, die potenzielle Kontakte zu Graumarkt-Käufern hat.
Szenario 3: Staat oder Museum erpressen
Dieses Vorgehen ist möglich, aber eher selten und unwahrscheinlich, da es zu intensiven Ermittlungen führt und meist erfolglos bleibt. Dabei verlangen die Täter hohe Lösegeldsummen vom Museum oder Staat im Austausch für die Rückgabe der gestohlenen Objekte. Experten sprechen hierbei auch von "Artnapping".
Experten: "Unwahrscheinlich, dass Juwelen jemals wieder auftauchen"
Am wahrscheinlichsten ist eine Kombination aus Szenario ein uns zwei: Es dürfte sich um eine organisierte kriminelle Gruppe handeln, die hinter dem Coup steckt – mit dem Ziel, die Schmuckstücke in ihre Einzelteile zu zerlegen, die Form zu verändern und anschließend zu veräußern.
Diese Einschätzung teilt auch Tobias Kormind, Geschäftsführer der Schmuck‑ und Diamantenfirma 77 Diamonds, im Gespräch mit ABC News: "Professionelle Banden zerlegen oft große, leicht erkennbare Steine und schleifen sie neu, um einer Entdeckung zu entgehen und ihre Herkunft effektiv zu verschleiern."
Auch der renommierte niederländische Kunstdetektiv Arthur Brand kommt zu einem ähnlichen Schluss. Beide Experten sind sich einig: "Es ist unwahrscheinlich, dass die Juwelen jemals wieder auftauchen werden."
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