Jüdisches Leben und Sterben im Ersten Weltkrieg
Weltuntergang" ist der Titel der Schau im Palais Eskeles. "Denn für die jüdische Bevölkerung der Donaumonarchie war es einer. Für sie hatte der Erste Weltkrieg weitreichende Folgen", sagt Danielle Spera, Direktorin des Jüdischen Museums Wien.
Nach der Gleichstellung mit vollen Bürgerrechten im Vielvölkerstaat durch Kaiser Franz Joseph vor 1914 waren rund 300.000 Juden mit patriotischer Begeisterung für Kaiser und Vaterland in den Krieg gezogen. 30.000 sind gefallen oder vermisst.
Propaganda und Leid
Nach Pogromen im Zarenreich hatte man sich Anerkennung in der Bevölkerung aber auch eine Verbesserung der Situation für die Juden im Osten Europas erhofft. "Ein Trugschluss, wie sich rasch erweisen sollte", sagte Spera. Nach Ende des Krieges war die ostjüdische Welt dahin und der Zionismus nach dem als gescheitert erlebten "Projekt Assimilation" im Aufschwung.
Der jüdische Aspekt des Ersten Weltkrieges sei noch "weitgehend unerforscht", sagt Marcus G. Patka. Der Kurator hatte zunächst "einen Horror" vor zu viel Schwarz-Weiß in der Ausstellungsästhetik:
Farbe in die Schau bringen aber letztlich die mit Ölkreide im Schützengraben 1916 an der Ostfront entstandenen Bilder "wirklich apokalyptischer Visionen" (Patka) von Uriel Birnbaum, Zeichnungen von Oskar Kokoschka bis Carry Hauser, Exponate aus Jerusalem, wo 1869 beim Besuch Kaiser Franz Josephs jeder zehnte Bewohner, weil aus Galizien kommend, österreichischer Staatsbürger war; außerdem Postkarten und Propaganda-Plakate, die die "Fratze des Krieges" illustrieren.
Bilder der Ausstellung
Zeit der Umbrüche
Die Wirkung und Wirklichkeit, das Grauen des Krieges ist mit Orginal-Knochenteilen – u.a. einer Wirbelsäule mit Steckschuss und einem Schädel mit Durchschuss – von Soldaten aus dem Weltkrieg dargestellt, Präparaten aus dem "Narrenturm" des Naturhistorischen Museums. Verzichtet wurde auf Wandtexte. Stattdessen werden die Inhalte über Bildschirme eingespielt und durch Interviews mit zirka 30 Historikern und Experten vermittelt. Wobei die Ausstellung einen weiten Bogen spannt vom Besuch Kaiser Franz Josephs in Jerusalem 1869 bis zur Gründung des Staates Israel 1948. Abgedeckt werden dabei viele Aspekte von Frauen wie Eugenie Schwarzwald und Yella Hertzka im Ersten Weltkrieg über Feldrabbiner, die sich ums religiöse Wohl als auch um die koschere Verpflegung sorgten, bis zur Veteranenorganisation "Bund Jüdischer Frontsoldaten".
Info: Bis. 14. 9. "Weltuntergang. Jüdisches Leben und Sterben im Ersten Weltkrieg", Jüdisches Museum Wien, 1., Dorotheergasse 11, Katalog: 24,99 Euro www.jmw.at
Mehr zum Ersten Weltkrieg finden Sie in unserem Special.
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