Teure Tasche: Zwirn, Charme und Methode

Teure Tasche: Zwirn, Charme und Methode
Hermès: Viele Frauen träumen von der teuersten Tasche der Welt. Der KURIER war bei der Entstehung des Objekts der Begierde dabei.

So sieht er also aus, der Mann, in dessen Händen der Mythos aus Leder entsteht. Très jolie, sehr hübsch, wie der Franzose sagen würde. Er ist selbstverständlich auch einer.

Samuel Lefranc ist zu Besuch in der Wiener Hermès-Boutique am Graben, um ein Geheimnis zu lüften. Jenes, das hinter den berühmten Modellen der Nobel-Marke steckt. Alleine schon um alle Liebhaber dieses portablen Luxus, mich und - in ferner Zukunft - meinen Bankbetreuer zu beruhigen - der Versuch einer Erklärung. Warum eine Tasche - in diesem Fall die "Jypsière" - 4900 Euro kosten kann.

Besonnen macht sich der 37-Jährige vor meinen Augen ans Werk. Schritt für Schritt fügt der Lederhandwerker, genannt "artisant de cuir", die 20 Bestandteile zusammen. "Alleine das Wort artisant beschreibt es schon ganz gut. Es ist Kunst. Ich habe Kunstgeschichte studiert."

Seit neun Jahren gehört er schon zur Hermès-Familie und arbeitet still vor sich hin: "Für mich war dieser Beruf eine gute Alternative zum Künstler. Meine Arbeit ist nicht einfach. Man sitzt den ganzen Tag im Atelier und macht sehr oft das Gleiche. Die Abwechslung besteht im Leder". Kroko ist sein Lieblingsmaterial, denn "es hat so eine wunderbare Struktur. Es ist auch das erste Material, an dem wir lernen."

16 bis 18 Stunden werkt Monsieur Lefranc im Schnitt an einem Stück. Pro Woche schafft er zwei. "Es gibt auch Schnellere." Doch er hört aufmerksam zu, welche Geschichte ihm sein "Baby" erzählt, wenn er es mit dem Sattlerstich (piqué sellier) bearbeitet. "Man baut eine Beziehung zu seinem Werk auf."

Teure Tasche: Zwirn, Charme und Methode

Sattlerstich deshalb, weil das 1837 von Thierry Hermès gegründete Unternehmen mit der Fertigung von Satteln und Zaumzeug begann. Erst sein Sohn Charles-Émile fügte dem Sortiment Taschen hinzu.

Alt, aber gut, lautet eine Devise dieses Hauses. Nicht umsonst absolvierte Lefranc auch eine Ausbildung zum Kunst-Restaurateur. "Es kommen Kundinnen, die haben 10 oder 20 Jahre alte Modelle, die sie reparieren lassen möchten. Ich muss das Leder so präparieren, dass es aussieht, als wäre es genauso alt, wie der Rest."

Denn die legendären Taschen "Kelly" (siehe Hintergrund-Geschichte) , "Birkin", "Jypsière" und Co. werden von Generation zu Generation vererbt. Und dann ist es ganz besonders aufregend, dass man auch nach -zig Jahren noch genau nachsehen kann, aus welcher Hand das Erbstück stammt.

Samuel: "Wir verewigen uns mit einem speziellen Code. Meiner ist 44+. Das Plus steht bei mir für das Atelier in Lyon, in dem ich gelernt habe."

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